Willkommen in Nordvest, einem Stadtteil im Norden von Kopenhagen, der eigenhändig mit dem Mythos vom liberalen, multikulturell fortschrittlichen Dänemark aufräumt. Michael Noers zweiter Spielfilm könnte getrost in den französischen Banlieues spielen. Die einzige Aussicht auf sozialen Aufstieg liegt auch an diesem trostlosen Ort in einer kriminellen Karriere. So hält sich der 18-jährige Casper mit Gelegenheitsdiebstählen für Hehler Jamal über Wasser. Sein jüngerer Bruder Andy würde ebenfalls gern die Schule abbrechen, aber Casper hat seiner Mutter versprochen, den Kleinen von der Straße fernzuhalten. Woran er sich fest hält. Denn die Familie und ihr Zusammenhalt sind essenziell in Caspers elendem Leben, und im Kern ist er bei Weitem kein gewissenloser, rauer Kerl, sondern ein Romantiker. Als der Zufall den Jungen allerdings zu den besseren Gangsterkreisen führt, wo die größeren Nummern gedreht und Frauen, Koks und Kohle verführerisch locker sitzen, folgt dem raschen Ruhm fast zwingend ein schwindelerregender Sturz. Nicht zuletzt, weil Casper die eigenen Prinzipien verrät und den geliebten Bruder in Gefahr bringt ...
Wie Noer die spontanen Aufnahmen im Dogma-Stil mit Hiphop-Beats hochjazzt und der innovative Schnitt das Tempo immer weiter anheizt, gibt NORTHWEST einen unverkennbar eigenen, wilden Herzschlag. Herausragend das Spiel der Brüder, die auch im wahren Leben Geschwister sind und hier erstmalig vor der Kamera stehen. Ihr Zorn, ihre Zerbrechlichkeit, Einfältigkeit und Hybris machen das Crime-Drama zu einem kompromisslos authentischen, sehr beeindruckenden Film.