Wer dachte bei Terrence Malicks TREE OF LIFE eigentlich nicht an Halluzinogene? Wir taten es und Regisseur Shane Carruth offenbar auch. Denn seine ebenfalls neugierige und scheinbar tanzende Kamera fokussiert im Thriller UPSTREAM COLOR Folgendes: Kris (bezaubernd: Amy Seimetz) wird von einem Fremden mit einer Made unter Drogen gesetzt. In einer Art Dauerhypnose lässt sie sich freiwillig ausrauben und dient einem in ihr wachsenden Wurm als Nährboden. Ein dubioser Arzt kann den Parasiten zwar entfernen, pflanzt ihn aber in ein Schwein ein, das daraufhin ebenfalls Kris‘ Namen trägt. Die Essenz lässt sich erahnen: Mensch und Schwein sind nun spirituell miteinander verbunden. Alles andere wäre ja auch Quatsch.
Die kreative Ein-Mann-Armee Carruth (Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller, Musik, Produktion) schildert die surreale Geschichte in den ersten 15 Minuten, verwirft danach allerdings jeglichen narrativen Ansatz. Kris hat den Rausch und alle genannten Ereignisse vergessen. Dann trifft sie auf Jeff. Dem geht es genauso und gemeinsam treiben die beiden durch nahezu greifbare Desorientierung. Polarisierend ist fortan die absolute Verweigerung dramaturgischer Regeln und cineastischer Konzeption. Der Betrachter wird vom fragenden Denker zunehmend zur fühlenden Masse und UPSTREAM COLOR zum kunstvollen Synonym für „What the Fuck?“. Diesen transzendenten Exzess muss man nicht verstehen, sondern einfach nur voller Hingabe genießen.