Gestern haben wir euch noch eine kleine Top 10 der besten Biopics (KLICK MICH) vorgestellt, heute kehren wir das Ganze, wie versprochen, ins Gegenteilige. Dabei muss gesagt werden, dass sich einige der Filme ihrer handwerklichen Klasse natürlich vollkommen in ganz anderen Dimensionen bewegen und kaum kritisiert werden können (wie zum Beispiel Platz 2), allerdings wurden die Schwerpunkte etwas anders gewichtet und prinzipiell auf inhaltlicher Ebene abgetastet (Ausnahmen bestätigen die Regel) und ein bisschen Polemik hält die Welt schließlich in Gang. In diesem wünschen euch Stu und Souli viel Spaß beim Zustimmen und Zetern, wir sind mit allem einverstanden!
10. Lovelace
Handlung: Ein streng religiöses Elternhaus schützt nicht vor einer Karriere in der Pornobranche. Das muss Linda Lovelace erfahren, die von ihrem Gatten überredet wird im Porno „Deep Throat“ mitzuspielen, der im Jahre 1972 zu einem Kassenhit wird. Linda wird zur Vorzeigeaktrice und genießt naiv den Rummel um ihre Person, doch nach und nach muss sie erkennen, dass sie nur benutzt wird.
Darum in der Flop 10: Wenn sich „Lovelace“ auf der Zielgeraden bewegt, dann wurde wenig über die einschneidende Spanne reflektiert und noch weniger das Innenleben der Protagonisten durchleuchtet. Atmosphärisch gelingt es „Lovelace“ zwar mit körnigem Zeitkolorit die richtige Stimmung zu erzeugen, doch berührend, informierend, ansprechend oder wirklich unterhaltsam ist das Geschehen schon nach 15 Minuten nicht mehr, dazu ist die Inszenierung und Narration zu fest in ihrer wackeligen Dramaturgie gefangen, die jeder Anarchie, die auch Attribut dieser Epoche war, entsagt. Es gibt jedoch eine Szene, in der Linda mit ihrem Vater (gespielt von Robert Patrick) telefoniert und dieser ihr sagt, ihren Film gesehen zu haben, die echte Emotionen entfaltet und aufzeigt, in welche Richtung das Ganze hätte steuern müssen. Letztlich werden Entwicklungen im Eilschritt abgehakt, aber nicht argumentativ unterlegt, es geschieht, was geschehen ist, mit fiktiver Bereicherung ausgestattet.
9. Die Entdeckung der Unendlichkeit
Handlung: Das Schicksal des genialen Physikstudenten Stephen schien besiegelt, als der 21-Jährige mit einer tödlichen Krankheit diagnostiziert und ihm eine Lebenserwartung von zwei Jahren gegeben wurde. Doch die Liebe zu seiner Cambridge-Kommilitonin Jane Wilde gab ihm neuen Lebensmut - die beiden heirateten, bekamen drei Kinder und bald nannte man ihn Einsteins legitimen Nachfolger. In dem Maße, wie Stephens Körper durch seine Krankheit geschwächt wurde, schwang sich sein Geist zu immer neuen Höhenflügen auf. Doch sein Schicksal erwies sich auch für die Ehe mit Jane als dramatische Zerreißprobe, die beider Leben nachhaltig veränderte.
Darum in der Flop 10: Dass „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ letzten Endes ein ungemein leerer Film geworden ist, mag vielleicht in Relation mit dem immensen Respekt stehen, der es einfach nicht zugelassen hat, menschliche Schwächen zu beglaubigen. Die allerdings wären es gewesen, um „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ eine Chance auf introspektiven Tiefgang zu verleihen und damit auch über den biederen Tellerrand hinaus als ein ansprechendes Projekt zu kennzeichnen. Das säuselnde Piano auf der Tonspur hingegen ist bereits Indikator genug, dass wir es auch in diesem Fall mit der obligatorisch auf simplistische Formelhaftigkeit gebürsteten und auf instruktive Grauzonen verzichtenden Biopic-Konfektionsware zu tun bekommen: Synthetisch, ungreifbar und selber irgendwo noch betroffener, als es der Zuschauer angesichts dieser permanent feuernden Kitschkanonaden jemals sein könnte. Immerhin kann sich Eddie Redmaynes Mimikry sehen lassen.
Handlung: November 2001: Am Tag der Kinopremiere von "Harry Potter und der Stein der Weisen" steht Joanne K. Rowling vor dem (vorläufigen) Höhepunkt ihrer Karriere. Kurz bevoer sie über den roten Teppich in ein neues, erfolgreiches Leben flaniert, nimmt die Erfolgsautorin den Zuschauer mit auf die Reise in ihre bewegte Vergangenheit.
Darum in der Top 10: Die Geschichte von“Harry Potter”-Autorin Joanne K. Rowlingist wahrlich geeignetes Biopic-Material, denn im Grunde ist es die klassische Geschichte vom Tellerwäscher, bzw. Tellerwäscherin, die zur Millionärin wurde. „Magic Beyond Words“ stilisiert Rowling (hier gespielt von Serien-Darstellerin Poppy Montgomery) dabei mit einer systematischen Impertinenz als Art Schutzheilige aller alleinerziehenden Mütter und spart jede Form von Kritik sowie Darstellung von Schattenseiten aus, dass Joanne K. Rowling fast schon selbst zu einem ihrer Fabelwese aus der Gegend rund um das Zauberinternat Hogwarts wird. Ganz ehrlich, lest euch lieber den Wikipedia-Artikel zur Person durch, davon habt ihr mehr.
7.jOBS - Die Erfolgsstory von Steve Jobs
Handlung: Kalifornien 1976: College-Abbrecher und Hippie Steve Jobs hat eine Vision: Eines Tages soll jeder U.S.-Bürger einen Computer besitzen. Diese Vorstellung, an die zunächst keiner glauben mag, wird sich als wegweisend und revolutionär für die moderne Computertechnik und -nutzung erweisen. Nach der Gründung von Apple Computer Inc. in der berühmten Garage von Jobs‘ Eltern kommt es zu Spannungen mit dem charismatischen Gründer. Diese enden mit Jobs‘ unfreiwilligen Rücktritt – doch nach über einem Jahrzehnt kehrt er zurück …
Darum in der Top 10: Zwar versucht „jOBS“ auch die egomanischen Seiten des Apple-Gründers Steve Jobs aufzuzeigen, findet dabei allerdings keine wirklichen charakterlichen Expositionen dafür. So bleibt Jobs im Film ein nicht greifbarer Charakter, der dazu von Hollywood-Beau Ashton Kutchernicht gerade erfüllend gespielt wird. Ein falscher Bart macht halt noch lange keinen guten Darsteller. Des Weiteren verliert sich das Biopic trotz aller Kritik an der Person Steve Jobs, letztlich doch zu sehr in der ikonischen Vergötterung des Software-Pioniers. Dass der Film dazu noch inszenatorisch äußerst leb- und lustlos wirkt, rundet den eher bescheidenen Gesamteindruck noch ein wenig mehr ins Negative ab.
Handlung: Angesichts der Entrümpelung der Besitztümer ihres vor Jahren verstorbenen Ehemanns lässt eine ältere Dame die wichtigsten Stationen ihres Lebens Revue passieren. Doch sie ist nicht irgendeine Dame; sie war die erste Leading Lady Europas, besser bekannt als Die Eiserne Lady – Margaret Thatcher. Im Biopic Die Eiserne Lady verkörpert Meryl Streep die resolute Premierministerin, Jim Broadbent spielt ihren Ehemann Denis und als dienstältester Mitarbeiter in ihrem Kabinett, Geoffrey Howe, ist Anthony Head zu sehen. Die Eiserne Lady beschreibt, wie die aus einfachen Verhältnissen stammende Maggie Thatcher konsequent an ihrer Karriere arbeitet, um schließlich als erste Premierministerin Englands die Geschicke der Welt mitzulenken, allen Anfeindungen im Haifischbecken namens Politik zum Trotz.
Darum in der Top 10: Dem Zuschauer wird regelrecht mit dem Vorschlaghammer übermittelt, dass Margret Thatcher doch kein so übler Mensch war. Doch dies geschieht so grob, ohne eine Spur erzählerischen Rhythmus, dass die eiserne Lady auch dann unterkühlt und unnahbar erscheint, wenn der Film versucht sie als tattrige Dame oder liebende Ehefrau zu porträtieren. Meryl Streepkopiert Thatcher derweil mehr als sie zu spielen. Beeindruckend? Schon, es wirkt aber auch furchtbar leblos, fast wie eine Schaufensterpuppenversion der echten Thatcher. Noch schlimmer als die frostige Hauptperson, dieses zähen Biopics ist allerdings die absolut unkritische Haltung des Films. Thatchers politische Fehler sowie deren Auswirkungen sind nie mehr als eine marginale Notiz am äußersten Rande der Inszenierung und stellenweise wirkt Thatcher wie die einzig vernünftige Person des Landes dargestellt. Sogar der Falkland-Krieg nutzt der Film alleine dazu um Thatchers klare Standpunkte abzufeiern. Die Opfer, die Narben, die dieser Krieg hinterließ bekommen keinen Raum. Widerlich. Als Krönung dieser aufgedunsenen Verharmlosung lässt "The Iron Lady" auch noch das Gefühl aufkommen, das Thatcher und ihre starrköpfige Politik heute gebraucht werden, um alles wieder ins Lot zu bringen. Solche mutlosen und blinden Biopics sind selten.