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Fritz Lang - Kritik

von Levin Günther

Fritz Lang ist einer der größten, die je waren. Spätestens ab dem Jahr 1921 hat der Mann einen großartigen Film nach dem nächsten in die Kinos gebracht, damals, als Deutschlands Filmwirtschaft noch Weltklasse war. Von „Der müde Tod“, der bereits mit Unmengen an visueller Freude daherkam, über die großen Epen „Nibelungen“, „Dr. Mabuse“ und „Metropolis“ (bis heute wohl unerreicht) schuf er schließlich Anfang der 30er Jahre mit „M“ einen der wichtigsten Filme aller Zeiten und den ersten deutschen Tonfilm. „M“ erzählt die Geschichte eines Mörders, der von einer ganzen Stadt gejagt wird und ist auch heute noch eine filmische Sensation. Sauspannend, für die damalige Zeit ungemein reif in seinem Umgang mit Verbrechen, Moral, Hetze, dem Generalverdacht und der Sensationsgeilheit des Menschen. Heute wiederum kann der Film durchaus als bittere Voraussicht auf die Deutschland damals bevorstehende Zeit gesehen werden.

Das Doku-Drama „Fritz Lang“ beschäftigt sich nun mit der Entstehungsgeschichte von „M“ und rückblickend muss man anmerken, dass es derlei viel zu wenig Filme gibt. Es ist angenehm, dem Treiben zuzuschauen, angenehm, jenen Künstlern dabei zuzusehen, wie sie das erschaffen, was die Welt beeinflussen sollte. Ebenso angenehm ist es, dass der Film von Regisseur Gordian Maugg darauf verzichtet, Lang als eine Art Übergestalt, als Halbgott zu inszenieren. Stattdessen ist Fritz Lang in diesem Film, der bei weitem mehr Drama als Doku ist, ein Mann, der nicht wirklich greifbar scheint. Auf der einen Seite Genie, der mit seinen Filmen die Bevölkerung zu verstehen scheint und sich als Apostel darstellt. Auf der anderen Seite ein Mann, der unterkühlt zu Mitmenschen ist, der sich dem schamlosen Exzess widmet, während um ihn herum Deutschland zerfällt. Heino Ferch ("Ruhm") liefert eine durchaus interessant Darbietung ab, die sich teilweise an Ed Crane aus dem Meisterwerk „The Man Who Wasn’t There“ zu orientieren scheint.

In dem Film der Coen-Brüder spielt Billy Bob Thornton einen Friseur, dem die Welt entgleitet, was er mit Kettenrauchen und leeren Blicken zur Kenntnis nimmt und dadurch über die Laufzeit eine meditative Ausstrahlung annimmt. Das gelingt Ferch zwar nicht, aber verstecken muss er sich deshalb keineswegs. Auch beachtenswert sind Kamera und Set des Films. Während es ersterer gelingt, in Schwarzweiß-Bildern eine immense Schönheit zu generieren und in diversen Einstellungen an Langs Filme zu erinnern (die Reminiszenzen reichen hier vom Frühwerk bis zu „Das Testament des Dr. Mabuse“), schaffen die Sets es im Handumdrehen, den Zuschauer in das Berlin der 20er zu versetzen. Teilweise scheinen sich Archiv-Material und neuinszenierte Bilder abzuwechseln, bis die Grenzen nicht immer deutlich auszumachen sind.

Fritz Lang findet sich schon zu Beginn des Films in einer Schaffenskrise. Unzufrieden, grantig, er ist im Zugzwang. All die anderen großen Regisseure haben schon den nächsten Tonfilm angekündigt, Lang hingegen hinkt hinterher. Er hat seine alten Filme satt, er will keine monumentalen Filme mehr schaffen, mit tausenden von Menschen, die Gerechtigkeit suchen. Er will sich nur noch auf ein Leben konzentrieren, ein Leben erforschen - die Massen werden hier und in „M“ zum Feindbild. Lang wendet sich ab von der Gigantomanie und widmet sich einem kleinen knackigen Meisterwerk der (Un-)Menschlichkeit. Immer wieder wird Lang mit dem Mörder von Düsseldorf Peter Kürten, der das Vorbild für den Mörder in „M“ war, in Verbindung gebracht. Sei es ein Vergleich, eine Andeutung, eine ähnliche Haltung oder die gleiche Position im Bild. Sobald der Film aber auf Konfrontationskurs geht, verzettelt er sich immer wieder und überschätzt seine eigenen Fähigkeiten. Inhaltlich lässt das oft zu wünschen übrig, verwirrt gar bisweilen mit Nichtigkeiten und versucht mit Phrasendrescherei und der Holzhammer-Methode ans Ziel zu kommen. Gelingen tut das nur teilweise.

Fazit: Das Doku-Drama „Fritz Lang“ ist mehr Drama als Doku. Visuell ist das wirklich hervorragend und Heino Ferch liefert auch eine interessante, weil zurückhaltend deprimierte Leistung ab, aber im dramatischer Hinsicht gleicht der Film einer Hügelfahrt. Mal funktioniert die Handlung überaus gut, mal ermüdet sie mit Simplizität. Inhaltlich enttäuscht das, aber für diejenigen Zuschauer, die sich für den guten alten Schwarzweiß-Film interessieren, könnte das hier ein netter Ausflug werden. Zumindest, wenn man nicht erwartet, einen detaillierten Blick hinter die Kulissen oder ein fein ausgearbeitetes Psychogramm zu bekommen und sich stattdessen an der Nostalgie erfreuen kann, die durch diese wunderbaren Bilder geweckt wird.

Wertung: 5/10

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