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Hingeschaut: "No Country for Old Men" in der Filmanalyse

von Levin Günther

    3.4 Aussage

    No Country For Old Men ist einer dieser Filme, der das berühmte Zitat von Christian Metz, ein Film sei „schwer zu erklären, da er leicht zu verstehen“ sei, auf die Probe zu stellen scheint. Die komplette Reichweite des Films ist eben nicht einfach zu verstehen, da die Regisseure Ethan und Joel Coen darauf bedacht waren, möglichst wenig explizit zu erklären. Stattdessen übermitteln sie dem Zuschauer Informationen subtil via Details der Bild- und Tonspur. Es erleichtert viel, bei der Suche nach der Aussage des Films immer wieder an den Titel des Werkes zu denken.

    Sheriff Ed Tom Bell, der am ehesten als ein „alter Mann“ zu identifizieren ist, scheitert an der Welt, in der er lebt. Schon zu Beginn des Films erklärt er, dass er die Welt und Verbrechen seiner Zeit nicht verstehe. Am Ende wird er seinen ehrenhaften Beruf aufgeben und in Rente gehen, doch zufrieden wird er auch da nicht sein. Seine pessimistische Sicht greift auf den Film und den Zuschauer über und findet darin seinen Höhepunkt in dem Ende, welches das absolute Gegenteil zu einem akzentuierten Schlussakkord darstellt. Bell führt das Klischee des aufrechten, stolzen und unerschütterlich selbstlosen Sheriff der klassischen Western zu Grabe. Er ist jedoch der Charakter, der die mythologische Sicht des kanonischen Story-Schemas    am ehesten besteht. Er bricht auf, um das Böse zu bekämpfen. Zwar wird er sich in der Zeit nicht gegen die Angreifer bewähren, doch wartet am Ende auf ihn die Rückkehr, da er „ans spirituelle Ziel“ gelangt.

    Llewelyn Moss ist ein Charakter, der seiner Gier erliegt und ab diesem Moment von dem Bösen seiner Umwelt stetig zerfressen wird. Das zeigt sich darin, dass er ausgerechnet bei einer guten Tat (er will einem überlebenden Mexikaner Wasser bringen) von Verfolgern gefunden und gejagt wird - seine Flucht beginnt. Doch ist er auf seiner Flucht nicht stark genug und kann sich gegen das Böse nicht erwehren. Auch er verfehlt die mythologische Sicht auf die Dreiaktstruktur knapp, da er zwar aufbricht und sich bewährt, aber am Ende nicht zurückkehren wird, da er sein Leben verliert. Er versucht, es mit der bösen Umwelt aufzunehmen und scheitert.

    Anton Chigurh schließlich ist nur schwer greifbar, da er „oft beschrieben aber nie erklärt“ wird. Er handelt mechanisch, präzise, erbarmungslos und macht einen Eindruck, als gäbe es vor ihm keinen Schutz. Er ist der Antagonist der Geschichte und derjenige, der das „Böse“ personifiziert, von dem Bell verwirrt ist und das Moss  unterschätzt. Doch auch Chigurh wird am Ende scheitern. Nach dem Autounfall, den der Zufall herbeiführt, muss er sich die Hilfe von zwei Jungs erkaufen, die den Unfall gesehen haben und ihm Stillschweigen gegenüber der Polizei versprechen. Chigurh benötigt die Hilfe der Jugend. Auch er wird zu einem alten Mann, auch er wird irgendwann zu alt für dieses Land sein. Anders als Bell und Moss, wird er erst am Ende mit einem Problem konfrontiert, für welches er eine Lösung erst noch finden muss.

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