2016 inszenierte Katja Benrath den Film Watu Wote- All of Us, der seitdem auf Festivals und Kinovorstellungen beste Resonanz genießt. Erzählt wird eine wahre Geschichte vom 21. Dezember 2015, bei der eine Gruppe von Menschen auf einer Busfahrt zwischen Kenia und Somalia eine unglaublich heldenhafte Tat vollbrachte. Als die islamisch terroristische Gruppe Al- Shahaab den Bus attackierte und forderte, die Menschen sollen sich getrennt nach christlichen und muslimischen Glauben vor den Bus aufstellen, beweist die Gruppe Solidarität, trennt sich nicht nach ihrem Glauben und ermöglichst es den Terroristen damit nicht, einzelne Christen zu erschießen. Diese Menschen riskierten ihr Leben.
Ich hatte die Ehre, Katja Benrath zu ihrem Film zu interviewen.
GoldenEra: Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit. Wie kamen Sie zu dieser Geschichte und was hat Sie in Ihnen bewegt, dass Sie sich dazu entschlossen haben sie zu verfilmen?
Katja Benrath: Wir waren gerade bei der Stofffindung für die Abschlussfilme in der Hamburg Media School. Wir hatten eigentlich eine ganz andere Geschichte, einen ganz anderen Stoff, der auch in Afrika spielt, vorgeschlagen - dieser wurde jedoch von der Schule abgelehnt. Und dann ist am 21. Dezember 2015 genau diese Geschichte passiert. Der Artikel stand ganz profan auf der Spiegel-Seite und der Schulleiter hat ihn mir weitergeleitet und gefragt, ob das nicht was für uns wäre. Und das was sich da zugetragen hat, hat mich gepackt und fasziniert, weil es Werte repräsentiert, die mir sehr am Herzen liegen. Themen wie Fairness, Solidarität und Menschlichkeit berühren mich einfach ungemein. Ich bin irgendwie allergisch auf Vorurteile und Kategorien, auch wenn ich mich natürlich auch selbst dabei ertappe. Mich hat es wahnsinnig ergriffen, dass in einer Situation, die schwieriger kaum sein kann, die Menschen sich für Menschlichkeit entscheiden und Schubladen und Vorurteile ganz organisch außen vor gelassen haben, sondern automatisch entschieden haben, dass das Menschleben des anderen genauso lebenswert ist wie das eigene und dass es Sinn ergibt, für den anderen einzustehen. Diese Art von Botschaft brauchen wir in dieser Zeit - und 2015 war es noch nicht mal so extrem wie jetzt - jetzt in Trump- Zeiten brauchen wir sie umso mehr. Unser aller Fokus liegt in diesen Zeiten fast immer auf dem "Furchtbaren" und nicht so sehr auf Situationen, in denen sich Menschen helfen und gegenseitig unterstützen. Das kommt allerdings auch vor - und zwar gar nicht so selten. Wäre es nicht schön, wenn wir im tiefsten Inneren erkennen, dass das "Gute" möglich ist und tatsächlich passiert… Würde es nicht uns allen das Gefühl geben, dass wir auch davon "betroffen sein" könnten… nicht immer nur vom "Furchtbaren"?
GoldenEra: In Deinem Film gewinnt am Ende gewissermaßen Solidarität über Konflikt und Missverständnis. Würdest Du davon ausgehen, dass diese Idee von Menschlichkeit in der Regel überwiegt oder hältst du die Situation in deinem Film für einen faszinierenden Ausnahmefall?
Katja Benrath: Ich hoffe grundsätzlich auf das Gute und bin auch so eingestellt, dass in jedem Menschen im Grunde ein guter Kern schlummert. Das hat meiner Meinung nach ganz viel mit Prägung zu tun, damit, wie wir aufwachsen und was wir für Werte mitbekommen. Ich will natürlich an dieser Stelle auch niemanden in Schutz nehmen, der terroristische Akte vollzieht, aber auch das hat viel mit Prägung zu tun. Im Allgemeinen glaube ich, dass der Mensch schon menschlich handeln möchte. Das wir eigentlich für einander einstehen wollen, das ist meine feste Überzeugung.
Es fühlt sich an wie ein Einzelfall, das stimmt, und wahrscheinlich könnten solche Situationen auch häufiger auftreten - aber wir werden mit so viel Angst erzogen und mit so viel Horror-Nachrichten überhäuft, dass unser Misstrauen so groß wird, dass unser Fokus sich nur für diese Dinge schärft, die sich dann mehr und mehr bestätigen. Dieses Misstrauen und dieser Pessimismus zieht gleiches an.