Shinagawa – Oh welch schönes Fleckchen Erde
Wie bereits erwähnt war mein Hauptanliegen bei dieser Reise mich gründlich zu erholen und eine Auszeit von Internet, Whats App und Co zu machen. Dementsprechend habe ich dem typischen Touristen Programm direkt die kalte Schulter gezeigt, denn von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit hetzen, nur für ein paar blöde Schnappschüsse, danach stand mir nun wirklich nicht der Sinn.
Folglich bin ich jeden morgen nach dem Frühstück einfach drauf los gelaufen, mit dem Wissen das ich so vermutlich viele Hot Spots verpassen würde, aber zeitgleich mein ganz eigenes Bild von Tokio zeichnen können würde.
Ein beliebter Startpunkt meiner Reise war oft der bereits erwähnte Fluss, an dessen Ufer ich für gewöhnlich ein bisschen Sonne tankte und weiter von den Abenteuern des Roland von Gilead las, im übrigen eine uneingeschränkte Empfehlung meinerseits zu dieser hervorragenden Buchreihe.
Überraschend positiv ist mir dabei die Herzlichkeit der Japaner aufgefallen, so wurde ich etwa von den Damen aus meiner Fankurve zum Mittag eingeladen und als ich durch Zufall auf eine kleine Grillfeier im Park stieß, wurde ich auch dort mit offenen Armen empfangen. Zwar gab es durchaus einige Sprachbarrieren, denn ein überraschend hoher Teil der Bevölkerung spricht wenig bis gar kein Englisch, aber mit einer Kombination aus beiden Sprachen und der universal einsetzbaren Zeichensprache kommt man ganz gut über die Runden.
Die freundliche und zuvorkommende Art der Bevölkerung schwappt bereits nach kürzester Zeit auf einen über und so war eine kurzes Kopfnicken bis hin zur leichten Verbeugung nach dem obligatorischen „arigato“ bei mir nach wenigen Tagen bereits fest verankert.
Akihabara – Nerd Gasm
Natürlich konnte ich nicht die Ganze Zeit in Shinagawa verweilen, daher reiste ich per Straßen-, U- und regulärer Bahn quer durch die Stadt. Die verschiedenen Ringlinien haben mich zunächst zwar etwas verwirrt, aber wenn man erst einmal verstanden hat an welcher Haltestelle man in welche Bahn umsteigen muss, ist der Rest im Grunde ein Klacks.
Der erste Besuch in Akihabara gleicht in etwa dem eines kleinen Kindes, welches zum ersten Mal in einem Süßigkeiten laden steht. Voll allen Seiten wird man mit lauter Musik und bunten Bilder beschallt. Etliche junge Japanerinnen machen in knappen Kostümen Werbung für Maid Cafés, ihre eigene Cosplay DVD, oder für ein Foto als Andenken, natürlich gegen Geld.
Meterhohe Reklametafeln preisen die neusten Trends im Anime und Manga Kosmos an und eine nicht enden wollende Flut von kleinerer Shops bieten ihre Waren feil.
Um nicht von dem Gazen Trubel erschlagen werden zog es mich zunächst zur „Taito Station“, einer fünfstöckigen Arcade Halle, in der man vom mechanischen Kranspiel, über Laser Gun Automaten bis hin zum Glücksspiel alles findet.
Wer meinen Bericht zur „Gamescom“ gelesen hat, der weiß über meine Affinität zum „Street Fighter“ Franchise und so stand ich folglich mit leuchtenden Augen vor einem „Street Fighter 4“ Automaten, der in der folgenden Stunde ein paar 100 Yen Münzen von mir fressen sollte. Klares Highlight des Ganzen war ein back to back 3-0 Sieg gegen einen Japaner, der wohl dachte er hätte leichtes Spiel mit dem Ausländer.
Ähnlich wie das kleine Kind im Süßigkeitenladen kapituliert mein Körper nach einigen Stunden, denn die Dauerbeschallung stand im krassen Gegenzug zu dem ruhigen Anfang meines Urlaubs.
Am Abend im Hotel werfe ich wie gewohnt einen kurzes Blick ins lokale TV Programm.
Wenn man hier im Westen etwas aus Japan mitbekommt, dann sind es ja oftmals die absolut abgedrehten TV Shows und obwohl ich bei meinem sporadischen zappen durch die Kanäle über nichts allzu verrücktes gestoßen bin, so unterscheidet sich das Programm doch deutlich von unserem.
Da wäre zunächst die Maskottchen, in der Regel eine Anime Figur, gerne auch im realen Kostüm, die für die Show, oder den gesamten Sender steht. Auch die Studio Deko ist für gewöhnlich bunt und schrill, selbst bei seriöseren Shows. Ebenfalls hoch im Kurs steht das kommentieren der gezeigten Beiträge durch die Moderatoren, die quasi wie der typische Let's Player an den Ecken des Bildschirms zu sehen sind und das gezeigte Material adäquat kommentieren.
Auch sehr beliebt sind etliche Arten von Mini Spielen in der Sendung, in der Regel begleitet von einer recht lauten Stimme aus dem Off.
Ein oft gesehenes Thema war ganz klar Sport, sei es lokaler Sport wie Sumo und Baseball, oder internationale Wettbewerbe, wie etwa die Rugby WM in England. Das Spiel der Japaner gegen Schottland (10:45) konnte ich sogar live in einer örtlichen Bar verfolgen.
Bis auf jenes desaströse Ergebnis konnten die Japaner im übrigen alle Gruppenspiele gewinnen und unterlagen letztendlich nur dank eines schwächeren Punkteverhältnis der Konkurrenz aus Schottland und Südafrika.
Ein bisschen Wahnsinn gab es dann doch noch zu sehen, vornehmlich in den Werbeblöcken und im morgendlichen Kinderfernsehen, das folgerichtig dem Erwachsenen Programm im Puncto Skurrilität in nichts nachsteht.