Bildnachweis: © TriStar Pictures

Moviebreak Monatsrückblick: Januar

von Levin Günther

1. Highlights aus den Kinosälen:

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri - Wie von ganz alleine entwickelt sich Martin McDonaghs neuer Film zur melancholischen Kleinstadtballade über den Schmerz des drohenden Vergessens, die Unfähigkeit zur angemessen Gerechtigkeit und die Notwendigkeit von verständnisvoller Zwischenmenschlichkeit, durch die sich selbst in den Gesichtern der verlorensten, gebrochenen Seelen nach langer Zeit mal wieder ein Lächeln abzeichnet.

Nur Gott kann mich richten - Ein Film, der konsequent von der Straße aus gedacht ist und absolut schnörkelloses Genre-Kino aus Deutschland darstellt. Gegen Ende ist es aber vor allem die überraschende, bisweilen erschütternde Härte, die den Film bis zuletzt in tragische Gefilde befördert, die in diesem Ausmaß vorab nicht unbedingt abzusehen waren. Auch wenn Özgür Yildirim den ansonsten tristen Himmel Frankfurts spät im Film, vor dem unausweichlichen Showdown, mit einem violetten Schleier überzieht, bleibt das einzige hoffnungsspendende Licht in seinem Werk nur das ungeborene Leben, das erst noch auf die Welt gebracht wird.

2. Flops aus den Kinosälen:

Der andere Liebhaber - Die psychischen Belastungen der Protagonistin, die François Ozon in erster Linie über ihre sichtbare Körperlichkeit regelrecht oberflächlich abtastet, bleiben kaum mehr als grob umrissene Impulsgeber für die erzählerischen Haken, die der Regisseur im Verwirrspiel der uneindeutigen Identitäten, verdrängten Zwillinge und traumatisierten Individuen bis zu einem finalen, grotesken Twist schlägt, der diesen Film als unausgegorene Kombination von kühler Arthouse-Dramatik und freizügigem, schrillem Psycho-Horror endgültig in sich zusammenfallen lässt.

3. Highlights im Heimkino:

World of Tomorrow - Mein erster (Kurz-)Film des Jahres, um direkt wieder mit einem kleinen Meisterwerk in das neue Filmjahr zu starten. In nicht einmal 20 Minuten verhandelt Don Hertzfeldt schwerwiegende, tiefschürfende Fragen über unsere menschliche Existenz durch die Sichtweise eines kleinen Mädchens, um den Wert des einzelnen Moments mit unvergleichlich berührender, wundervoller Eindringlichkeit auf den Punkt zu bringen. Muss jeder mindestens einmal gesehen haben. 

Ein andalusischer Hund - Der faszinierende Urknall des filmischen Surrealismus. Luis Buñuels und Salvador Dalís furiose Visualisierung ihrer eigenen (Alb-)Träume wird auch in 100 Jahren noch genauso aufregend sein wie eh und je.

Oslo, 31. August - So wie der Protagonist seinen alten Freund in einer Szene dieses Films an einen seiner Sätze erinnert, nach dem es die Gesellschaft dem Menschen ohne Eingriffe gestatten sollte, sich selbst zerstören zu dürfen, ist auch Oslo, 31. August kein manipulativer Betroffenheitskitsch, der einer alarmierenden Funktion nachkommen soll, sondern eine finale, in filmischer Form dargebotene Anteilnahme an einem Lebensgefühl, das sich fernab von vergeblichem Verständnis Außenstehender und der Anerkennung wundervoller, kostbarer Einzelmomente mit definitiver Entschlossenheit vom Hier und Jetzt abwenden möchte.

Basic Instinct - Unter der Oberfläche eines namhaften Hollywood-Studiofilms ist Basic Instinct aufgrund der risikofreudigen Kombination von Regisseur Paul Verhoeven und Drehbuchautor Joe Eszterhas ein schmutziger Flirt mit Stilmitteln des schmuddeligen Groschenromans sowie handwerklichen Reminiszenzen an die Thriller von Regisseuren wie Alfred Hitchcock und Brian De Palma. Eindeutige Blicke, verführerische Signale und heftige Körperlichkeit prägen diesen schweißtreibenden Erotik-Thriller, in dem die starr männlich gewählte, lüstern-voyeuristische Perspektive am Ende dem Bild einer Frau weichen muss, die das männliche Geschlecht nach Strich und Faden manipuliert und an der langen Leine hält. Wer die ikonische Verhörszene mitsamt Sharon Stones Beinüberschlag nicht gesehen hat, hat eigentlich nichts gesehen. 

Die Truman Show - Durch seine großartige Verschmelzung von oberflächlich angetäuschter Unterhaltung, einer bissigen Mediensatire und einer Entlarvung der typisch amerikanischen Vorstadtidylle als künstliche Fassade voller artifizieller Lügen hat Peter Weir mit Die Truman Show einen ebenso großartigen wie denkwürdigen Film geschaffen. Mit der Unterstützung eines vortrefflich besetzten Jim Carrey in der Hauptrolle hält der Regisseur nicht nur einer bestimmten Gesellschaftsschicht präzise den Spiegel vor, sondern nimmt gleich noch eine ganze Strömung von Reality-TV-Formaten vorweg, die den blanken Voyeurismus des konsumgierigen Zuschauers erschreckend zum Vorschein bringt.

4. Flops im Heimkino:

Jigsaw - Zum nunmehr achten Mal dienen mehrfach gestreute Finten zwischen brutalen Todesfallen wieder einmal dazu, Zweifel und Misstrauen gegenüber den einzelnen Ermittlern und Gerichtsmedizinern zu streuen, während jederzeit klar ist, dass hier irgendjemand ein falsches Spiel spielt. Jegliche Resthoffnungen auf einen originellen Ausgang werden schließlich durch ein ganzes Streufeuer an Twists unter sich begraben, die Jigsaw endgültig zum überflüssigen Lückenfüller degradieren, der das Saw-Franchise pflichtbewusst und somit konsequent irrelevant weiterführt. 

The Hitcher - Auch wenn Dave Meyers mit seinen schnittigen Videoclip-Montagen und der knapp gehaltenen Laufzeit von schnörkellosen 80 Minuten ein kurzweiliges Horror-Vergnügen antäuscht, entpuppt sich das Remake des gleichnamigen Films aus den 80ern als äußerst durchwachsener Streifen, der uninspiriert zwischen Horror, Thriller und Action pendelt und sämtliche Genre-Elemente kaum stimmig miteinander in Einklang bringt.

Happy Death Day - Der sichtlich auf jüngere Zuschauer zugeschnittene, mit unkompliziertem PG-13-Rating versehene Happy Death Day scheint den Bedürfnissen eines Zielpublikums angepasst worden zu sein, dessen eher kurze Aufmerksamkeitsspanne als entscheidendes Kriterium für den Rhythmus der Handlung gegolten haben dürfte. In einem Zeitalter, in dem die jüngere Generation kurzen Videoclips mehr Aufmerksamkeit als vollwertigen Filmen schenkt, ist auch Christopher B. Landons Film primär der chaotischen Sprunghaftigkeit verschrieben, ohne festgefahrene Klischees des Horror-Genres jemals wirklich stimmig aufzuwirbeln. Gegen Ende nähert sich der Handlungsverlauf des durchaus kurzweiligen Films schließlich vermehrt rührseligen Entwicklungen an, wenn neben der durchaus gelungenen Überraschung bezüglich eines Cupcakes in erster Linie die moralische Läuterung der von Hauptdarstellerin Jessica Rothe immerhin schwungvoll gespielten Protagonistin im Vordergrund steht und aus Tree eine rücksichtsvolle, einfühlsame junge Frau werden soll, die Konflikten strotzt, indem sie lediglich diesen unliebsamen Killer mit der Baby-Maske überwindet. Da darf ganz zum Schluss nur noch der lässig-ironisch eingestreute Verweis auf die unübersehbare Vorlage nicht fehlen.

5. Alles über Serien:

Serien gab's diesen Monat keine. Warum auch? Das Kino lebt. 

6. Für den Februar plane ich:

Der Seidene Faden, The Disaster Artist, Criminal Squad, Wind River, Black PantherShape of Water - Das Flüstern des Wassers, Alles Geld der Welt, Die Verlegerin

7. Filmschaffende(r) des Monats:

Sharon Stone

8.Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:

Alles steht Kopf

MrDepad

Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.