Bildnachweis: © Coproduction Office

Moviebreak Monatsrückblick: Januar

von Levin Günther

1. Highlights aus den Kinosälen:

Loving Vincent - 125 Künstler. 14 Monate Arbeitszeit. 57600 einzelne Ölgemälde. An sich schier unglaubliche Werte, die dem künstlerischen Endergebnis dennoch kaum gerecht werden. Denn es nicht nur der Aufwand und die Hingabe, sondern vor allem die virtuose Schönheit und Magie, welche von den faszinierenden Bildern ausgeht. Erwachen diese erst einmal zum Leben, gilt es sich in den von Vincent Van Gogh erdachten Bildwelten zu verlieren. Freilich wird das Genie Van Goghs hier wenig analysiert, seine Kunst nicht diskutiert oder in genauerer Betrachtung seziert. Loving Vincent ist vielmehr ein visueller Museumsgang und leistet etwas weitaus Essentielleres, nämlich die Begeisterung für Van Gogh und vor allem dessen Kunstwerke aufrechtzuerhalten.

2. Flops aus den Kinosälen:

Downsizing - Die Prämisse rückt dabei nach und nach in den Hintergrund, verkommt selbstzweckhaft zum Inhalt einiger billigen Sprüche und schwebt ansonsten seltsam unbeteiligt über dem Geschehen. Die ungenutzten Möglichkeiten nehmen zusehends frustrierende Dimensionen an, während die gesellschaftskritischen Anleihen im Nichts verpuffen. Über weite Strecken agiert Downsizing furchtbar mutlos. Eine Satire also, die sich nicht traut, dorthin zu gehen, wo es wehtun und ihre Zuschauer durchgehend in deren Komfortzone verweilen lässt. Das wäre zu verschmerzen, würde Payne wenigsten den tragisch-komischen Aspekt seiner Geschichte geltend machen – doch auch der verflüchtigt sich zusehends in der Belanglosigkeit seiner uninteressanten Figuren. Was bleibt ist eine sehenswerte erste Hälfte, die den Film trotz aller Bemühung nicht aus dem unteren Durchschnitt hinaushieven kann.

3. Highlights im Heimkino:

Melancholia – Freilich ist Melancholia auch schon zu Beginn keine lebensbejahende Wohlfühlkomödie, verglichen mit von Triers Vorgänger Antichrist jedoch durchaus ein „schöner“ Film. Wo dort noch Chaos herrschte, findet hier alles seine Ordnung. Während Antichrist direkt aus dem Schmerz und der Depression seines Machers geformt wurde und der Film diese Emotionen in jeder Einstellung zum Ausdruck brachte, gleicht Melancholia einer distanzierteren Therapie. Nichtsdestotrotz gipfelt auch dieser immer wieder in niederschmetternden Momenten, die dank der elektrisierenden Atmosphäre eindringlich mit dem Zuschauer resonieren. Denn letztlich führt auch in Melancholia alles nur zu endgültigen Schlusspunkten. Davor gilt es jedoch ein letztes Mal in der Schönheit des Moments zu verweilen, bevor alles vorbei ist.

Höhere Gewalt – Daraus resultieren schmerzhafte Dialoge, vielmehr Streitgespräche, die so nur schwer zu ertragen sind. Höhere Gewalt macht deutlich, dass Geschlechterrollen und spezifische Beziehungsverhältnisse gedanklich fester verankert sind, als es heutzutage für viele den Anschein erweckt. Gepaart mit einem herrlich trockenen, bisweilen auch skurrilen Humor, findet Höhere Gewalt immer wieder zu erschlagenden Momenten voll von beobachtender Präzision. Entscheidend ist dabei, dass Ruben Östlund seine Hauptfigur Tomas trotz allem Zynismus nie offen verachtet, sondern immerzu mitfühlend in den Arm nimmt, nachdem er diesem abermals mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen hat. Dem männlichen Ego schenkt er deswegen auch ein Ende, welches die altbewährte Familienkonstruktion wiederherstellt – auch wenn die Szene selbst mit beißendem Spott überzogen ist.

Mommy Xavier Dolan kanns ja doch. Mommy ist ein Kraftakt, ebenso niederschmetternd wie hoffnungsvoll. So nah am Leben, so aufgeladen mit Emotionen, dass es oftmals einfach nur wehtut. Vielleicht der ehrlichste Film über eine Mutter-Sohn Beziehung, der jemals gedreht wurde.

Glück aus dem Blickwinkel des Mannes – Weitaus mehr an flüchtigen Momentaufnahmen denn einem runden Narrativ interessiert, hat Agnes Varda mit Glück aus dem Blickwinkel des Mannes einen Film inszeniert, der seine Kraft primär aus seiner stimmungsvollen Bildsprache zieht. In ihrer Wirkung unglaublich direkt und intuitiv, haftet den farbenfrohen Bildern ein entlarvender Zynismus an, der spätestens in den letzten Szenen das kleinbürgerliche Konzept von Glück als hohle Phrase entlarvt.

4. Flops im Heimkino:

Silbersattel – In Ermangelung weitaus schlechterer Filme, denen ich diesen Monat konsequenterweise aus dem Weg gegangen bin. Nichtsdestotrotz ist Silbersattel solide Genrekost für den Westernallesfresser. In gewohnt rigoroser Manier wissen vor allem die virtuos eingefangenen Schießereien zu überzeugen, während sich der Film dazwischen immer wieder im Leerlauf befindet. Lucio Fulci bastelt sich eine Geschichte aus altbekannten Westernelementen, verpasst es aber sein Werk mit Nachklang und Eigenständigkeit zu versehen.

5. Alles über Serien:

Same procedure as every month – Nichts über Serien

6. Für den Februar plane ich:

The Disaster Artist, Der seidene Fade, The Woman Who Left, Shape of Water, Die Verlegerin

7. Filmschaffende(r) des Monats:

Agnes Varda

8. Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:

Oh Boy


In tiefster Verbundenheit
Vitellone

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