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Moviebreaks Monatsrückblick: Juli

von Levin Günther

1. Highlights aus den Kinosälen:

Utøya 22. Juli - Die Plansequenz ist hier ein sicherlich dynamisierendes, ungemein immersives Element der filmischen Wirkung, aber sie verdeckt niemals die grundlegende Motivation, den Menschen zu gedenken, die an diesem Tag sterben respektive hautnah miterleben mussten. Dafür, so wirkt es, ist Poppe selbst viel zu verstört von der allseits umgreifenden Panik, der Hilflosigkeit, der zermürbenden Klangkulisse, die sich irgendwann nur noch aus Schreien und Schüssen ergibt. Wäre dieser Begriff nicht so ungemein reißerisch konnotiert, man könnte "Utoya 22. Juli" als atemloses Terrorkino bezeichnen, in dem der Zuschauer rückhaltlos auf die allgegenwärtige Verzweiflung und Beklemmung zurückgeworfen wird – vor allem aufgrund seines Vorwissens.

Die Frau, die vorausgeht - Mit "Die Frau, die vorausgeht" setzt sich eine filmische Marschroute fort, die "Feinde – Hostiles" in diesem Jahr losgetreten hat: Das Hinterfragen von Gründer- und Pioniermythen. Regisseurin Susanna White überzeugt dabei durch eine aufmerksame, angenehm entschleunigte Inszenierung und gibt sich voll und ganz den Gefühls- und Erfahrungswelten der toll besetzten Charaktere hin. Ein kleines, stilles Highlight dieses Kinojahres.

2. Flops aus den Kinosälen:

Ich liebe alle Filme. Ich liebe alle Frauen.

3. Highlights im Heimkino:

Die durch die Hölle gehen - Eines der größten Meisterwerke des 1970er Jahre Kinos. Michael Ciminos (Anti-)Kriegsepos "Die durch die Hölle gehen" ist noch heute von erschütternder Intensität und zeigt in aller Ausführlichkeit auf, wie der Krieg dem Menschen alles entreißt - auch die eigene Persönlichkeit. Exzellent besetzt, herausragend inszeniert und mit einer ungemeinen Aufmerksamkeit für die Gefühls- und Erfahrungswelten der Charaktere erzählt, ist "Die durch die Hölle gehen" einer der eindringlichsten Amerikafilme überhaupt.

Prince of the City - Eines der ganz großen Meisterwerke des frühen 1980er Jahre Kinos. Leider in Vergessenheit geraten, aber heute unbedingt wert, wiederentdeckt zu werden. Sidney Lumet inszeniert mit "Prince of the City" ein eindringliches Beispiel für brillantes Drehbuchkino: Ganz und gar charaktergetrieben fühlt sich der Film unnachgiebig in das verwüstete Seelenleben seiner Hauptfigur ein, in dem er mit einem Höchstmaß an stofflicher Genauigkeit die behördlichen wie kriminellen Prozesse durchleuchtet.

Jarhead - Willkommen im Dreck - Eindrucksvolle Bildwelten in Flammen stehender Ölfelder, beeindruckende Schauspielleistungen und ein ungemein differenzierter Blick auf die Bruchstellen im Soldatentum. "Jarhead – Willkommen im Dreck" ist einer der wenigen legitimen Nachfolger von Stanley Kubricks Meisterwerk "Full Metal Jacket" und zeigt gleichermaßen bedrückend wie temporeich auf, wie es sein muss, für das Töten herangezüchtet zu werden, aber seiner Bestimmung nicht folgen zu können.

Rescue Dawn - Die alles durchdringende Körperlichkeit, die Werner Herzog mit "Rescue Dawn" freilegt, wird noch lange im Gedächtnis bleiben. Die Koryphäe des deutschen Nachkriegskino überzeugt hier indes mit einer authentischen, auslaugenden und brillant gespielten Seherfahrung, die sich meisterhaft mit dem Lieblingsthema des Regisseurs auseinandersetzt: Dem Kampf zwischen Mensch und Natur.

Pans Labyrinth - "Pans Labyrinth" hat sich längst als moderner Klassiker bestätigt und begeistert durch den sanftmütigen Schöpfergeist, den Guillermo del Toro aufbringt. Als antifaschistische Parabel gelingt es dem formidabel inszenierten "Pans Labyrinth" nicht nur, sich ernsthaft mit den Mechanismen eines unmenschlichen System auseinanderzusetzen, Guillermo del Toro zeigt auch die Möglichkeiten der Weltenflucht auf und weiß, dass die Zeit Leben bedeutet, die Zeitlosigkeit aber auch für die Unendlichkeit einstehen kann. Magisch.

4. Flops im Heimkino:

How It Ends - Unterforderte und damit verschenkte Schauspieler mühen sich durch ein unzählige Male (besser) gesehenes Endzeitszenario und müssen sich allen Plattitüden dieses nunmehr plattgewalzten Sujets stellen. Regisseur David M. Rosenthal arbeitet sich dabei am Motiv- und Bildrepertoires des apokalyptischen Genres ab und schafft es in keiner Szene, eigene Ideen aufzuweisen.

The Drownsman - Mit "The Drownsman" zeigt Chad Archibald zwar, dass er einer großen Leidenschaft für den Horror-Film anheimgefallen ist, allerdings fehlt dem kanadischen Filmemacher schlichtweg die stilistische Eigendynamik, um sich abseits des unterdurchschnittlichen Genre-Breis einen Namen zu machen.

Tränen der Sonne - "Tränen der Sonne" ist ein handwerklich ordentlicher, inhaltlich aber vollkommen verquerer Kriegsreißer, der sich vor allem dafür interessiert, die Vereinigten Staaten als Retter in der Not zu stilisieren, während der Rest der Welt natürlich die Augen vor dem Grauen verschließt. Als undifferenziertes, pathetisches und unfreiwillig komisches Rührstück funktioniert "Tränen der Sonne" nicht einmal als dumpfbackiger Edeltrash. Eigentlich unanschaubar.

5. Alles über Serien:

Serien? Serien gab es bei mir im Juli keine. Ich habe mir nur die ein oder andere Folge von Der Prinz von Bel Air angeguckt, wenn mir die Hitze mal wieder Schlaf und Verstand rauben wollte.

6. Für den August plane ich:

Auf jeden Fall besuche ich erst mal mein Hasi JackoXL. Dann bin ich selber dabei, einen Film zu drehen - und natürlich gönne ich mir easy 50 Filme. Truffaut wäre stolz auf mich.

7. Filmschaffende(r) des Monats:

Michael Cimino. Wie kann man diesen Mann nur immer noch so sträflich übergehen.

8. Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:

Krieg. Irgendwas mit Krieg.

9. Thema des Monats: Meine Gedanken zu MBs Kriegsspecial:

War geil. Souli hat geglänzt.

Souli, der Kriegsgott

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