Nicht nur das Gute liegt manchmal so nah, auch das Böse. Das erfuhr William Friedkin in mehr als einer Hinsicht durch The Exorzist. Um die darin gezeigten medizinischen Untersuchungen authentisch abzubilden, besetzte Friedkin echte Mediziner*innen - und unwissentlich einen echten Serienkiller. In der Filmszene, in der Regan im Krankenhaus eine Angiografie machen muss, ist der in neurologischer Radiographie geschulte Paul Bateson als Teil des Krankenhauspersonals zu sehen. Bateson wurde 1979 wegen Mordes an dem Filmjournalisten Addison Verrill zu 20-jähriger Haft verurteilt. Hinter Gittern rühmte er sich der „Bag Murders“ (AKA „Müllsack-Morde“), denen mindestens sechs Männer von 1975 bis 1977 in New York zum Opfer fielen. Ihre Einzelteile wurden in Müllsäcken im Hudson River versenkt. Weder die Identität der Opfer noch des Täters wurden festgestellt.
Womöglich war die Polizei nicht sonderlich motiviert, denn alle Ermordeten trugen Leder-Look und gehörten mutmaßlich zur Gay Community von Greenwich Village. Dort residierte Bateman, der sich wiederholt der Morde rühmte, diese aber strategisch vor Gericht verneinte. Friedkin besuchte Bateman mehrfach im Gefängnis. Was immer Bateman ihm sagte, muss inspirierend gewesen sein, denn der Regisseur verheerte die Story Gerald Walkers 1970er Romans „Cruising“ radikal mit Details der Bag Murders. Jene waren für sensationalistisches Spektakel wie geschaffen: Zerhackte Leder-Schwule, blutige Plastiksäcke im Hudson River, ein irrer Killer. Ob Bateman Walkers Roman kannte, ist nicht überliefert, doch man muss nicht tief graben, um einige markante Cruising-Copycats zu finden. Der prominenteste Fall betrifft Philadelphia-Drehbuchautor Ron Nyswaner. Er wurde auf offener Straße bedroht von Tätern, die Friedkins Film als Inspiration nannten.
In einer als Film-Location genutzten Gay Bar schoss Ex-Polizist Ronald K. Crumpley auf Gäste, von denen er zwei tötete und mehrere verletzte. Zuvor verkündete er: "I'll kill them all—the gays—they ruin everything!" Ähnliche Hassverbrechen gibt es reichlich. Zu bedrückender Bekanntheit gelangte das Massaker im Nachtclub Pulse 2016. Bei der Berichterstattung über diese Fälle wurden weder Cruising noch vergleichbare Werke mit homophober/queerfeindlicher Message erwähnt. So schnell Medienwächter und Moralapostel Slasher, Splatter und Schauerfilme verurteilen, so zurückhaltend sind sie offenbar bei intoleranter Ideologie.