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Recap: Game of Thrones 6.8: No One

von Sandra Scholz

Selbstgefälliges Fressbrett auf 12 Uhr. © HBO

Noch einmal kurz inne halten und Luft holen vor dem (hoffentlich) großen Finale: "No One" bringt die letzten Figuren auf dem Schachbrett in Position, meuchelt nebenbei ein paar Fan-Theorien und verläuft überraschenderweise sowohl ruhig als auch größtenteils vorhersehbar. Also füllt euer Glas mit "The Imp's Delight" und lasst die Folge noch einmal Revue passieren.

Folge acht in dieser Serie zu sein ist ein mieser Job. Bevor es am Ende noch mal so richtig knallt muss aufgeräumt werden. Alle müssen an ihren Startpunkt für das Finale, und so verbringt "No One" verdächtig viel Zeit damit, Geschichten aufzulösen oder gleich ganz zu beenden.

Ist das Beste bei Kranksein: pflegen lassen. © HBO

Der Titel verrät es bereits, Aryas Geschichte kommt zu einem vorläufigen Ende. Ich bin mittlerweile an dem Punkt angekommen wo ich vergessen habe, wie lange sie sich in Braavos rumgetrieben hat. Aber ich hoffe, dass wir den Ort so schnell nicht wiedersehen müssen. Jedenfalls verläuft ihre Geschichte absolut vorhersehbar. Und es hätte ja auch ganz einfach keinen anderen Weg gegeben, diese Angelegenheit zu einem anderen Ende zu bringen. Arya kommt bei Lady Crane unter und wird mit einem Opiat in einen so krassen Schlaf versetzt, dass sie am nächsten Tag zumindest für kurze Zeit topfit ist. Das namenlose Mädchen jagt sie aber immer noch und bringt die Schauspielerin kurzerhand um. Eine ziemlich wilde Verfolgungsjagd mit zahlreichen Obst-Opfern später stellt sich heraus, dass Arya eine Falle gestellt hat. Stellen wir also fest, dass der Satzbau hier gerade vor die Hunde geht und haken da noch mal kurz ein.

Ernsthafte Bewerbung als neuer T-1000. © HBO

Sicherlich, die Waif ist unterhaltsam in ihrer seltsamen Mischung aus jedem Horrorfilm-Mörder jemals und dem T-1000, aber ich persönlich hätte erwartet, dass zwei ausgebildete Assassinen ein kleines bisschen vorsichtiger wären. Erst rennt Arya blind in eine Falle und wird beinahe abgestochen, und dann sieht sich diese Woche das andere Mädchen so siegessicher. Dann werden wir als Zuschauer noch kurz im Dunklen gelassen über den Ausgang des Kampfes. Bitte. Ich sehe ja grundsätzlich ein, dass Aryas Handlungsbogen irgendwie Sinn macht. Sie muss herausfinden, wer sie wirklich ist. Merken, dass sie nicht Niemand ist. Vermutlich lässt Jaqen sie deswegen einfach gehen. Oder er hat die Schnauze voll. Dabei wäre hier eine riesige Menge Potenzial gewesen. In einer Welt, in der jeder Jemand sein will ein Niemand zu bleiben, das ist schon besonders. Arya hat aber auch gelernt, weniger impulsiv zu sein, sie hat ein gewisses Maß an Kontrolle über sich selbst gewonnen. Und so ist der Name der Episode zwar hier größtenteils verschenkt, kommt aber in den anderen Handlungssträngen voll zum Tragen.

Er verwirrt mich. © HBO

Mein liebster Liebling, Sandor Clegane, trifft in dieser Folge auf die Brotherhood without Banners. Die sind mit ein bisschen ausgleichender Gerechtigkeit beschäftigt und hängen die Kerle, die in der letzten Folge Ian McShane und sein Gefolge ermordet haben. Clegane macht ihnen allerdings zwei der Männer streitig und verschafft sich dann noch Zugang zu Essen und Getränken. Es gibt zwar leider kein Hühnchen, aber dafür ein paar gute Gespräche. Der Hound befindet sich ebenfalls in einem Zustand des Niemand-Seins: Er ist nicht so richtig der Hound, er hat aktuell niemanden, an dem er sich direkt rächen wollen würde. Die Brotherhood, ebenfalls eine Ansammlung von Niemanden, vereint durch ein gemeinsames Ziel, will nach Norden ziehen. Erfreulich, dass das White Walker Problem so langsam mal in der restlichen Welt ankommt. Beric und Thoros wollen, dass Sandor sich ihnen anschließt. Würde auch Sinn machen, denn mal ehrlich: wo soll er sonst hin? Der mögliche Kampf gegen seinen Bruder ist vorerst vom Tisch. Sonst ist einfach niemand da. Also ab in den Norden, Sansa Stark ein bisschen unter die Arme greifen. Ich hätte schon schlechtere Einsätze für solche Kampfkraft gesehen, und das nicht zu knapp.

Andernorts wird Jaimes Reise der Wiedergutmachung mit ein paar raschen Schwertstreichen zunichte gemacht. Brienne trifft gemeinsam mit Pod bei der Belagerung von Riverrun ein, und für einen kurzen Moment eröffnet sich ein spannender Nebenschauplatz. Jaime ist nach wie vor fasziniert von Brienne, vielleicht sieht er in ihr, was er nicht sein kann. Wer weiß das schon. Er verspricht ihr, sie durch die Belagerung zum Blackfish zu lassen, obendrein darf sie das Schwert behalten, welches er ihr mit auf den Weg gab. Vor dem Zelt bringt Bronn Pod ein paar Tricks bei. Beide stehen jeweils auf verschiedenen Seiten eines Konfliktes, könnten sich theoretisch auf dem Schlachtfeld gegenüberstehen. Und trotzdem fühlt es sich eher an, als ob alte Freunde sich nach langer Zeit wiedersehen. Doch jede Chance auf eine Wandlung zum positiven und vor allem zum unabhängigen Hin wird ab diesem Moment im Zelt zunichte gemacht.

2 Knights, 1 Sword. © HBO

Denn am Ende dient diese Belagerung, das Wieder-vor-die-Kamera-zerren einiger Figuren zunächst einmal nur der Tatsache, deutlich zu machen dass Jaime unter allen Umständen und so schnell wie möglich zu Cersei zurück will. Auch hier wäre wieder mehr möglich gewesen. Wenigstens ein bisschen Zweifel von Jaimes Seite, die Aussicht auf einen anderen Weg. X-tausend Lannister-Soldaten sind angerückt, und wofür? Um Belagerung von Troja zu spielen. Denn Jaime hat eine Geheimwaffe im Zelt nebenan festgebunden: Edmure Tully.

Für einen Moment dachte ich, da geht was. © HBO

Edmure ist natürlich sichtlich angepisst von der ganzen Situation. Wobei angebunden in einem Zelt wohl angenehmer sein dürfte als festgekettet im Kerker der Freys. In Zelten gibt es sowas wie frische Luft. Jaime bedroht ihn jedenfalls und macht klar, dass es sich hier nicht um eine Verhandlung auf Augenhöhe handelt. Edmure leistet Wiederstand, gibt dann aber doch nach. Im krassen Gegensatz dazu steht der Blackfish, der sich von keinem Lannister irgendwas diktieren lassen will. Entschieden wird die ganze Misere durch einen Soldaten, der zunächst nicht weiß, auf wessen Befehl er hören soll. Edmure mag der rechtmäßige Herrscher von Riverrun sein, aber er betrügt die Soldaten und bringt so, wenn auch indirekt den Blackfish um. Danke übrigens für einen weiteren Tod abseits der Kamera von einer möglicherweise sehr coolen Person. Vorher verhilft er Brienne und Pod zur Flucht. Und hier kommt dann wieder eine andere Seite von Jaime zum Vorschein, denn er sieht die beiden entkommen, schweigt aber.

Zu cool für diese Show. © HBO

Interessant ist allerdings das Gespräch von Jaime und Edmure über Cersei und Catelyn. Jaime arbeitet zielsicher die Gemeinsamkeiten der beiden heraus. Beide würden (und haben) für ihre Kinder Kriege angefangen und Blut vergossen. Aktuell ist Cersei aber isoliert. Im Verlauf der Episode wird sie sogar zum Niemand degradiert. Nachdem der Mountain dem Abkommen der Faith Militant gezeigt hat wo der Hammer hängt und Cersei sich bereits auf der Siegerseite sieht, kommt es danach knüppeldick. Ser Kevan verbannt sie auf die Galerie, zu den anderen, gesichts- und namenlosen Damen des Hofes. Eine Schmach, die tief sitzt, beraubt sie Cersei doch ihres Status.

Match, made in heaven! © HBO

Dabei ist absolut unklar, was zur Hölle eigentlich bei Tommen falsch läuft. Indoktrinierung ist nichts, was von heute auf morgen passiert. Und die Abschaffung des Trial by Combat macht ja, objektiv gesehen, Sinn. Es ist eine Möglichkeit für die Reichen, ungehindert zu tun was sie wollen und sich dann mit einem Leben freizukaufen. Beinahe eine Art Freifahrtschein. Hier lauert auch die mitunter größte Gefahr, die vom High Sparrow ausgeht: er macht Sinn, erst bei genauerem Hinsehen wird klar, dass auch er nur machthungrig ist. Cersei verliert somit ihre größte Waffe, jedenfalls auf legalem Wege. Sagt ja niemand, dass der Mountain nicht mal des Nachts in die Kirche einbrechen könnte. Wer will ihn schon aufhalten? Eine Erklärung, wieso Tommen seiner Mutter nach all den gemeinsamen Szenen in dieser Staffel so aus dem Weg geht hätte ich trotzdem gerne. Und ob der Junge sich bewusst ist was es für seine Legitimation als Herrscher bedeutet, wenn herauskommt dass seine Eltern Geschwister sind? Da denkt wieder jemand nicht von der Stirn bis zur Nasenspitze.

Drachenmama ex machina! © HBO

In Meereen laufen die Dinge mächtig aus dem Ruder. In den Straßen predigen die roten Priesterinnen die Heldentaten von Daenerys, doch das war es auch schon mit Erfolgen. Varys bricht zu einer geheimen Mission nach Westeros auf und lässt Tyrion zurück. Natürlich nicht ohne einen Hinweis darauf, dass es gefährlich ist, sich mit Fanatikern einzulassen. Tyrion findet sich komplett allein unter Fremden und versucht, mit einer guten Portion Alkohol, neue Freunde zu finden. Die Ziele seiner Zuneigung, Grey Worm und Missandei, sind allerdings beide schwer zu knackende Nüsse. Alkohol hilft nur bedingt, Witze scheitern an den kulturellen Unterschieden. Doch die Rettung naht in Form einer überraschenden Attacke der Sklaventreiber mit ihren Schiffen. Während die Stadt bombardiert wird und Tyrion einsehen muss, dass seine Form der Diplomatie auf einem fremden Kontinent nicht das Gelbe vom Ei ist, landet eine sichtlich genervte Daenerys auf dem Dach. Die Götter allein wissen, wieso ihr Drache direkt wieder den Rückzug antritt.

"No One" macht also eine etwas undankbare Positionierung innerhalb der Staffel zu schaffen. Handlungsstränge müssen aufgeräumt werden. Da fehlen in dieser Woche die richtig großen Ereignisse und Überraschungen. Und das, was vorhanden ist, verpufft seltsam ungenutzt und hinterlässt erstmal wenig Eindruck. Das Drama um Arya ging für meinen Geschmack schon viel zu lange, auch wenn es natürlich toll ist, dass sie sich nun selbst gefunden hat und in diesem Prozess gleich noch etwas gelernt hat. Mag sein, dass für einige Geschichten noch Größeres auf uns wartet, wer weiß das zu diesem Zeitpunkt schon. Immerhin ist Varys nun unterwegs und Qyburn hat ebenfalls ein Ass im Ärmel. Das, und die Aussicht auf ein Aufeinandertreffen im hohen Norden in der kommenden Woche, trösten darüber hinweg, dass beispielsweise Aryas Geschichte vollkommen überraschungsfrei zu einem Einschnitt kam. Auch stellt sich die Frage, welchen höheren Zweck das Zwischenspiel in Riverrun hatte. Keine der anwesenden Figuren hat eine Wandlung durchgemacht, die dieses Geplänkel gerechtfertigt hatte. Jedenfalls nicht auf kurze Distanz. Mal sehen, welche Figuren hier unsichtbar in Position gebracht wurden. Ich bin jedenfalls gespannt auf die letzten beiden Folgen dieser Staffel.

Notizen aus dem Goldenen Buch

Bonusrunde:

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