Pierce Brosnan ist mit seiner bestechenden James-Bond-Interpretation in „James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug“ dort angekommen, wo man ihn nach seinem ersten Auftritt in „James Bond 007 – GoldenEye“ nicht vermutet hätte: Im Endausscheid der besten Doppelnull-Darsteller überhaupt. Auch wenn es noch nicht ganz reicht, um Timothy Dalton vom Thron zu stürzen, Sean Connery hat Pierce Brosnan in seinem dritten Abenteuer durchaus vergessen gemacht: „Mir waren Männer im Rock schon immer suspekt.“, gibt er da passenderweise in einer Szene lakonisch an. Dass es im Prinzip keine Schwierigkeit darstellt, „James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug“ in der Luft zu zerpflücken, besitzt der unter der (zumeist) einfallslosen Ägide von Michael Apted in Szene gegossene Streich doch ganz offensichtliche Mängel, lässt sich nicht negieren. Dieser 19te Bond aber wird von einem ganz eigenen Flair vitalisiert und versetzt den Geschlechterkampf, der sich seit jeher in der Reihe wiedergefunden hat, vom Sub- in den Primärtext: Die Erbin eines Ölimperiums im kaspischen Meer Elektra King (Auch ein schöner Rücken kann entzücken: Sophie Marceau) zieht den Gebrauch einer Atombombe in Erwägung, um Istanbul radioaktiv zu verstrahlen und somit die Vormachtstellung in der Erdölförderung zu beziehen. Unterstützung erhält sie dabei von einem äußerlich empfindungslosen, innerlich jedoch entbrannten Fuchs (Alles ist taub, nur das Herz blutet noch: Robert Carlyle), der James Bond immer wieder auf die offenen Wunden schlägt. Natürlich ist „James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug“ verkompliziert erzählt und Püppchen Denise Richardsversucht als Nuklearphysikerin darüber hinaus einzig durch ihre herausgestreckte Hupen zu kaschieren, dass sie die komplette Fehlbesetzung für diesen Rollentypus ist. Die Frau und die Widerstandsunfähigkeit des Mannes aber stellt „James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug“ ansprechend zum (antagonistischen) Diskurs und begehrt Set Pieces, die die Serie schon vielfach gesehen hat, allerdings nicht mit diesem kongenialen Pierce Brosnan im Zentrum, dem athletischen Nukleus der Unterhaltung, der sich mit stechend-schmerzender Schulter durch die Trümmer einer mit gigantischen Sägen zerteilte Industriestadt schleppt, um dabei doch immer noch die Zeit zu finden, seinen Schlips zu richten.
von Pascal Reis