Rush ist eigentlich ein Independent-Film. War es schwierig, das Geld dafür zusammen zu bekommen? Rush ist ein sehr internationaler Film. Er wurde so finanziert, wie es bei den meisten internationalen Produktionen abläuft. Es waren vielen Produktionsfirmen beteiligt, die sich das Risiko geteilt haben. So wurde das Geld aufgetrieben. Es war nicht außergewöhnlich schwer, aber für mich war es eine ganz neue Erfahrung, weil das Studiosystem ganz anders funktioniert. Haben die Studios den Film denn als riskantes Projekt angesehen? Ja, denn es ist wirklich internationaler Film und handelt von einer Sportart, die in den USA nicht wirklich populär ist. Es ist eigentlich in jedem Land eine Herausforderung, einen Sportfilm zu verkaufen. Manchmal laufen sie gut, aber wirkliche Erfolgsgaranten sind sie wirklich nie. Genau so etwas suchen die Studios heutzutage aber. Dann kam noch hinzu, dass der Film zwar relativ günstig war, aber doch zu teuer, um als „kleines Ron Howard Experiment“ durchzugehen. Bei einem Budget von 15 Millionen wäre das vielleicht gegangen, aber nicht bei 38 Millionen Dollar. In den USA ist der Film gerade angelaufen... Ja, bis jetzt läuft er gut. Aber wir werden sehen, wie es weitergeht. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, einen Film gemacht zu haben, auf den man stolz ist. Und Rush war wiederum günstig genug, dass man sich sicher sein kann, dass die Investoren ihr Geld zurückbekommen werden.Das Feedback von den Menschen, die ihn gesehen haben, ist außerordentlich positiv. Es erinnert mich daran, wie die Zuschauer auf Apollo 13 und A Beautiful Mindreagiert haben. Auch da wussten sie nicht genau, was sie von dem Film erwarten konnten und gingen wahrscheinlich mit einer Mischung aus Zweifel und Neugier ins Kino. Ich mache einfach gerne Filme, die nicht nach einer abgedroschenen Formel funktionieren. Das gibt den Zuschauern die Gelegenheit, angenehm überrascht zu werden. Bei Rush ist das definitiv so. Wie kam es zu Daniel Brühl als Niki Lauda? Wie wohl die meisten amerikanischen Kinogänger, kannte ich Daniel nur aus Good Bye Lenin! und Inglourious Basterds. Unser Drehbuchautor Peter Morgan hat ihn mir empfohlen. Ich habe sein Drehbuch gelesen und wollte den Film unbedingt machen. Es war wie ein Geschenk, es gab so viele Überraschungen in der Story. Er hatte aber schon eine ganze Weile über den Film nachgedacht und hatte die Idee mit Daniel und Alexandra Maria Lara. Daniel hatte sehr viel Respekt vor der Herausforderung und wollte unbedingt alles richtig machen. Ich habe ihn nicht einmal wirklich vorsprechen lassen. Wir haben uns getroffen, ich habe ihm von einigen Ideen zu dem Film erzählt und gab ihm die Rolle. Musste Chris Hemsworth für den Part als James Hunt denn vorsprechen? Er hat seine Frau ein Video aufnehmen lassen, in dem er vorsprach. Das hat er mir dann zukommen lassen. Er hat damals gerade an The Avengers gearbeitet und konnte mich deshalb nicht persönlich treffen. Wir hatten ja bereits einen großartigen Niki Lauda, aber man konnte den Film natürlich nur machen, wenn man einen vergleichbar starken James Hunt hatte. Ich war langsam entmutigt. Chris‘ Name war auf unserer Liste, aber ich musste mit ihm reden. Ich hatte ihn bis dato nur in Thor und in seiner Szene in Star Trek gesehen. Ich hatte keine Ahnung, ob er genug Tiefe besitzt, um einen Charakter darzustellen, der nicht nur sehr charmant, sexy und charismatisch ist, sondern gleichzeitig auch eine dunkler Seite hat. Die Rolle verlangt einem Schauspieler viel ab und ist eine große Herausforderung. Trotzdem war das Tape, das er einschickte, so gut, dass Peter und ich gleich begeistert waren. Wir hatten mit dem Casting sehr viel Glück. Manche Dinge im Film entsprechen genau der Wahrheit, andere wurden etwas dramatisiert. Wo haben Sie die Grenze zwischen Wahrheit und Fiktion gezogen? Ich habe es zum größten Teil Peter überlassen. Er ist einfach sehr gut darin, sehr komplexe Geschichten in Filme umzuwandeln, die die Zuschauer gut unterhalten. Er strukturiert seine Drehbücher so, dass die Handlung sehr flüssig und unterhaltsam ist. Die Frage besteht hauptsächlich darin, welches Erlebnis man den Zuschauern geben möchte. Der Gedanke war, sich auf die Rivalität der beiden zu konzentrieren und diese in ihrer ganzen Intensität zu zeigen. Im echten Leben entwickeln sich manche Dinge über Monate, die ein Film innerhalb von zwei Minuten auf den Punkt bringen soll. Das ist nicht immer leicht, aber darin liegt die Herausforderung. Also wurden manche „Schlüsselerlebnisse“ in zwei Szenen gepackt, obwohl sie sich in Wirklichkeit eher über einen Zeitraum von Monaten ereignet haben. Das unterscheidet einen Spielfilm von einer Doku. Man bringt immer ein paar kleine fiktionale Elemente mit ein, um den Film flüssig und unterhaltsam wirken zu lassen. Wie war der Dreh am Nürburgring? Es gibt etwas Besonderes an dem Ring. Es ist fast so, als würde man eine Kirche betreten. Als ich am Nürburgring gedreht habe, erinnerte es mich an den Dreh im Louvre bei Der DaVinci Code. Es gibt Orte, die sind fast heilig. Natürlich wussten wir von Niki Laudas Unfall und wir drehten exakt an der Kurve, an der es zum Unfall kam. Das hat etwas sehr Ernüchterndes. Viele Szenen des Films waren von Spiel und Spaß geprägt. Da liefen ständig Mädels in coolen 70er-Klamotten und Jungs mit lustigen Frisuren am Set herum und es wurde viel gelacht. Als wir zum Ring kamen um dort zu drehen, war das ein anderes Erlebnis. Es wirkte bedrohlich und ernst. Ebenso wie die Szenen im Kölner Krankenhaus. Da konnte man sich der Wirkung nicht entziehen. Jeder Ihrer Filme ist anders. Oft gibt es da kaum Gemeinsamkeiten. Wie würden Sie jemandem beschreiben, was ein „Ron Howard Film“ ist? (lacht) Das ist tatsächlich nicht einfach. Ich möchte glauben, dass ich das Vertrauen der Zuschauer so weit verdient habe, dass sie bereit sind, sich auf meine Filme einzulassen. Rush ist mein 22. Spielfilm und es gibt sicher niemanden, der alle 22 meiner Filme liebt. Ich versuche immer, mit dem Interesse des Publikums zu arbeiten, aber dabei trotzdem ein Element der Überraschung zu behalten. Manchmal gelingt mir das und manchmal nicht. Aber ich glaube, dass ich guten Gewissens sagen kann, dass meine Filme die zwei Stunden, die der Zuschauer in sie investiert, wert sind. Ich muss da an Billy Wilder denken, der einst sagte, dass er mehr Geld verdient hätte, wenn er sich wie Hitchcock nur einem Genre gewidmet hätte und sein eigenes Markenzeichen erschaffen hätte. Aber er war einfach zu neugierig. Ich habe jetzt nicht den Intellekt eines Billy Wilders, aber auch ich bin auch sehr neugierig und ich liebe das Medium Film. Es gibt kein konkretes Markenzeichen eines Ron-Howard-Films. Ich kann nur sagen, dass meine Filme mein Lebenswerk sind und ich mit großer Leidenschaft dabei bin. Ich möchte dem Zuschauer etwas geben, das seine Zeit verdient. Können Sie uns vielleicht schon etwas Adaption von Dan Browns „Inferno“ oder Ihren anderen geplanten Projekten erzählen? Inferno is momentan nur ein Drehbuch, an dem gearbeitet wird. Ich fand den Roman sehr unterhaltsam und faszinierend. Wir werden sehen, was daraus wird, wenn wir das Drehbuch haben. Bei Dark Tower herrscht momentan Funkstille. Jedes Mal, wenn wir etwas Detaillierteres dazu gesagt haben, waren die Medien und die Fans so aufgeregt, dass Erwartungen in die Höhe schossen. Ich möchte das vermeiden und halte das Projekt daher etwas unter Verschluss. Es ist aber definitiv ein Werk, an dem mir sehr viel liegt und zum Glück wird es von Stephen King sehr unterstützt.. Chris Hemsworth ist nicht nur ein toller James Hunt, sondern auch Thor. Comicbuchverfilmungen sind momentan sehr angesagt und viele hochkarätige Regisseure haben schon Comics verfilmt. Hätten Sie daran auch Interesse? Zu Beginn meiner Karriere, in den Achtzigern, ergab sich für mich die Möglichkeit, an Batman zu arbeiten. Auch Spider-Man stand für mich schon im Raum. Damals war die Computertechnologie aber bei weitem nicht da, wo sie heute ist. Es ist mittlerweile möglich, diese Fantasiewelten glaubwürdig und imposant umzusetzen. Ich bin mir bewusst, wie beliebt diese Filme sind und muss sagen, dass ich sie mir als Kinogänger auch gerne ansehe. Ich bin allerdings niemand, der selber viele Comics gelesen hat. Einen solchen Film zu machen wäre für mich daher eine ungeheure Herausforderung. Ich glaube, dass ich selber nicht das Gefühl dafür besitze um so ein Projekt so umzusetzen, wie es sein sollte. Da gibt es genügend Leute, die das Genre mit Herz und Seele lieben und mit vollem Einsatz dabei sind. Ich glaube, die können solchen Projekten viel eher gerecht werden als ich.