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"Rush" - Ron Howard, Niki Lauda, Daniel Brühl und Chris Hemsworth bei uns im Interview

von Anne Facompré

“Rush” ist wirklich ein toller Film, man kann es gar nicht anders sagen. Vor allem auch deine optische Verwandlung – bis hin zu den Schneidezähnen – du wirst wirklich komplett zu Niki Lauda. War die morgendliche Maske eine Tortur? Wir haben schon sehr großen Wert darauf gelegt, optisch möglichst nah an Niki heranzukommen. Äußerliche Merkmale wie die Zähne waren da einfach nötig. Und dann natürlich die Verbrennungen nach dem Unfall. Das Ergebnis war so täuschend echt, dass ich manchmal am Set spazieren ging und die Komparsen völlig schockiert waren, weil sie dachten, die Verbrennungen wären echt. Das hat mir sehr geholfen, mich in Niki hineinzuversetzen, denn schließlich musste er wirklich mit solchen Reaktionen leben. Einfach durch die Straße zu gehen und damit leben zu müssen, dass die Menschen jetzt Angst vor einem haben – das ist schon heftig. Außerdem hat die Maske natürlich dazu beigetragen, eine gesunde Rivalität zu Chris (Hemsworth) aufzubauen (lacht). Das war für den Film von Vorteil. Ich musste morgens um 3 Uhr in die Maske, er kam erst um 10 ans Set und durfte dann den ganzen Tage hübsche Frauen küssen (lacht). Also war die Maske nicht nur optisch wichtig, sondern auch emotional? Die tolle Maske hat mir wirklich sehr geholfen, mich in diese Rolle, die eigentlich nicht wirklich viel mit mir zu tun hat, einzufinden. Aber es ist gar keine Frage: das wichtigste war der enge Kontakt zu Niki. Ich bin ihm wirklich sehr dankbar, dass er bereit war, soviel Zeit mit mir zu verbringen und alle Fragen zu beantworten. Zum Teil haben wir schließlich über sehr intime Dinge wie Todesnähe und Ängste geredet. Da so offen zu sein, ist ja nicht selbstverständlich. Übertreffen die Reaktionen auf den Film deine Erwartungen? Es ist doch so, jemand, der Formel 1 liebt, findet ihn toll, aber auch, wenn man sich rein gar nicht für den Rennsport interessiert, findet man ihn super. Warst du da von Anfang an optimistisch? Nein, das ehrlich gesagt nicht. Meine Erwartungen wurden noch mal deutlich übertroffen. Wobei Peter Morgan (der Drehbuchautor) wirklich sehr begnadet ist. Bei Geschichten, die von realen Figuren handeln, ist er wahrscheinlich der Beste. Daher wusste ich vom Ansatz her schon, dass „Rush“ ein toller Film werden würde. Peter hat es geschafft, diese enorme Rivalität und die irrwitzige Saison '76 fesselnd darzustellen. Aber gleichzeitig ist der Film auch ein emotionales Drama um zwei Männer, deren Beziehungen zueinander und den Beziehungen zu ihren Frauen. Man darf nicht vergessen, dass die Formel 1 in den Siebzigern noch mal viel gefährlicher war, als sie es heutzutage ist. Ständig haben die Fahrer ihr Leben auf's Spiel gesetzt. Auch in den USA sind die Zeitungen voll von dem Film und du strahlst von großen Leinwänden herunter. Nun wird schon über den Oscar spekuliert. Macht die das nervös? Ich will den Leuten gleich den Wind aus den Segeln nehmen.. Man muss nicht immer gleich zwei Schritte weiter denken. Ich bin dankbar, dass ich diese Filme („Rush“ und „Inside WikiLeaks“) drehen durfte und genieße es.. Ich halte es für falsch, jetzt schon über Preise nachzudenken. Ich mache mir keine Hoffnungen und werde auch nicht enttäuscht sein, wenn ich nicht gewinne. Darüber denke ich momentan gar nicht nach. Ich freue mich erstmal einfach darüber, wie positiv die Reaktionen sind. In erster Linie bin ich glücklich und stolz. Wie war das Gefühl, in die Rennfahrzeuge einzusteigen und auch tatsächlich damit zu fahren? Was sieht man da eigentlich? (Lacht) Da sieht man ehrlich gesagt nicht besonders viel. Es ist aber ein irrsinniges Gefühl. Schon nach einer Runde konnte ich verstehen, warum junge Leute Rennfahrer werden wollen. Es ist pures Adrenalin und tatsächlich etwas ganz anderes, als in einem normalen Auto schnell zu fahren. Man spürt die Vibrationen, es riecht nach Benzin. Es ist für alle Sinne ein wahnsinniges Erlebnis. Ich habe schnell gemerkt, dass ich kein guter Rennfahrer wäre. Mir macht es Spaß, schnell zu fahren und ich habe mich scheinbar auch gar nicht so blöd angestellt, weil ich doch recht viele Szenen selber drehen durfte. Aber es ist trotzdem noch mal etwas ganz anderes als als Beifahrer bei einem Profi mitzufahren. War die Angst mit ihm Spiel? Ja, es gab eine Situation, in der ich einen kleinen Unfall hatte. Beim ersten Testen meines Ferraris ist der eine Reifen abgeflogen und mein Wagen drehte sich nur noch im Kreis. Das war schon erschreckend. Was für ein Auto fährst du denn selber? Wenn es sicher und schnell sein soll, fahre ich einen Audi. Ich habe aber auch zwei Oldtimer, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, weil ich Oldtimer schon immer toll fand. Der eine ist ein Peugeot 304, ein orangenes Cabrio. Der zweite ist ein Alfa Romeo Guilia. Also bist du schon ein Auto-Fan? Ja, das auf jeden Fall. Wolltest du als Kind auch Rennfahrer werden? Ja, das war schon ein kleiner Traum. Man ertappt sich auf jeden Fall dabei, wie man wieder zum Kind oder zum Jugendlichen wird. Ich bin in Köln aufgewachsen und wusste natürlich als Kind schon, wer Niki Lauda ist. Als ich zum Casting ging, habe ich nie damit gerechnet, die Rolle zu bekommen. Ich war erstmal verblüfft, als der Anruf kam und ich den Job wirklich hatte. Da kam dann die Freude, aber direkt darauf auch die Panik. Denn die Herausforderung war mir durchaus bewusst. Wie schwer war es, Nikis Akzent zu lernen? Das machst du ja wirklich perfekt. Man könnte glauben, Niki spricht den Film selber. Ja, da musste ich auch sehr lachen. Es gab wohl Leute, die ihn fragten, wann er denn die Zeit hatte, den Film zu synchronisieren (lacht). Für mich sind solche Aussagen natürlich ein Riesenkompliment. Aber es war auch harte Arbeit. Ich war über einen Monat lang in Wien und habe mit einem Dialect Coach geübt. Ich dachte nach wenigen Tagen schon, ich hätte es jetzt drauf, aber man hat mich sofort als Deutschen entlarvt. Irgendwann klappte es aber zum Glück ganz gut. Ist es eine glückliche Fügung, dass der Wikileaks Film nun direkt nach „Rush“ in die Kinos kommen wird? Dass ich die Rolle in „Inside WikiLeaks“ bekam, hatte auch indirekt mit „Rush“ zu tun. Ron Howard hat sich für mich stark gemacht und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Er ist ein toller Typ und sehr loyal. Ihm hat die Arbeit mit mir Spaß gemacht und er hat mich weiterempfohlen. Das freut mich natürlich. Für dich läuft im Moment ja wirklich alles sehr gut. Hast du dann überhaupt noch Ziele? Ja, ich denke, es gibt für mich noch so viel zu entdecken und mit jedem Lebensabschnitt entwickelt man sich weiter. Mich interessieren jetzt auch andere Rollen. Mir ist aufgefallen, dass es so vor circa zwei Jahren losging, dass mir die Rollen angeboten werden, die ich auch wirklich spielen möchte. Es gibt einfach Filme, die gewisse Abschnitte markieren. Bei „Goodbye Lenin“ war das damals zum Beispiel so. Und jetzt eben „Rush“. Ich hoffe, dass es noch lange so weiter geht, dass ich mir tolle Rollen aussuchen darf. Wirst du auch weiterhin deutsche Projekte machen? Ja, auf jeden Fall. Ich habe gerade einen Film mit Wolfgang Becker gedreht, der ja auch bei „Good Bye Lenin“ Regie führte. Ich sehe meine Zukunft nicht unbedingt nur im amerikanischen Film, sondern hoffe, auch weiterhin in Deutschland drehen zu können. Ich bewege mich gerne in verschiedenen Ländern. Ich bin schon eher Europäer. Du hast auch spanische Wurzeln. Was sagst du da zu den ganzen Konflikten, die zur Zeit in Europa herrschen? Das ist erschreckend. Ich bin erschüttert über das Ausmaß der Korruption in Spanien. Da wurde viel falsch gemacht in den letzten Jahren. Besonders die Arbeitslosenquote bei den jungen Leuten macht mich sehr betroffen.

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