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"Rush" - Ron Howard, Niki Lauda, Daniel Brühl und Chris Hemsworth bei uns im Interview

von Anne Facompré

Sie sind ziemlich groß. Hat Ihnen das in einem so engen Auto Schwierigkeiten bereitet? Es war nicht ganz einfach. Aber James selber war auch über 1,90 groß, daher wusste ich, wie er sich gefühlt haben musste. Viel wichtiger war aber das Gewicht. Ich musste gehörig abnehmen. Das war das erste, was Ron (Howard) zu mir sagte. Wir waren uns beide einig, dass Thor wohl eher nicht in einen Formel 1 Wagen passen würde. Ich war damals gerade dabei, Avengers zu drehen und wog circa 97 Kilo. Für Rush hab ich dann ungefähr 15 Kilo abgenommen. Das war anstrengend. Ich finde es wesentlich angenehmer, sich Gewicht anzutrainieren, als es dann wieder runterzubekommen. Und dann ging es gleich mit den Dreharbeiten zu Thor 2 los – ich musste also direkt wieder zunehmen. Das war ein ganz schönes hin und her, wobei ich glaube, dass es alles noch im Rahmen war. Für die Rolle des James Hunt wog ich etwas weniger als mein eigenes Normalgewicht. Für Thor leg ich jedes Mal ziemlich zu. Aber mit einer ausgewogenen, proteinreichen Ernährung und viel Training geht das zum Glück immer in gesundem Maße vonstatten. Ich musste mich noch nie richtig runter hungern. Das wäre noch mal eine Herausforderung. Und wie schwierig war es, den britischen Akzent zu lernen? Das war hart. Es war eine ganz bestimmte Zeit und James stammte aus gutem Hause, das hat man alles in seinem Akzent gehört. Es war kein gewöhnlicher britischer Akzent. Zumal ich glaube, dass er auch ziemlichen Wert darauf gelegt hat, nicht so hochgedroschen zu sprechen, wie es seine Familie tat. Ich musste mir eine Menge Audiotapes anhören, bis ich das einigermaßen drauf hatte. Daniel hat uns erzählt, dass es schwierig war Niki Lauda zu spielen, weil Niki noch lebt und seine Leistung somit bewerten kann. Aber es muss für Sie auch schwierig gewesen sein, James Hunt zu spielen, weil er sich nicht mehr beschweren kann und Sie im sicherlich gerecht werden wollten. Ist das richtig? Ja, wir hatten beide ziemlich Angst. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, finde ich es ganz nett, eine gewisse Distanz zu der Figur gehabt zu haben, die ich spielte. Ich hatte damals auch noch niemanden aus seiner Familie getroffen. Mittlerweile habe ich das, aber damals ging ich ganz unvoreingenommen an die Sache heran. Ich sah das als Vorteil. Denn je mehr ich mich mit Leuten unterhielt, umso mehr Widersprüche ergaben sich. Ich wusste dann schnell gar nicht mehr, wer dieser Mensch wirklich war. Daher hat es mir gut getan, mich zurückzuziehen und auf eine Art meine ganz eigene Interpretation von James zu schaffen. Ich glaube, dass Daniel und ich beide versucht haben, die Meinungen anderer außer Acht zu lassen und irgendwie unser eigenes Ding zu machen. Ähnlich wie Niki und James es auch taten. Haben Sie auch etwas von sich selber in Ihrer Interpretation von James Hunt mit einfließen lassen? Es lässt sich nicht leugnen, dass Sie unheimlich entspannt und natürlich rüberkommen. Da denkt man schnell, dass Sie wahrscheinlich genauso sind, wie Sie James Hunt darstellten. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass man Sie sonst als Thor sieht und nie wirklich davon ausgeht, dass diese Figur Ihrer wahren Persönlichkeit entspricht... (Lacht) Ja, das spielt da sicherlich mit rein. Ich laufe im wahren Leben tatsächlich nicht kurz angebunden durch die Gegend und schlage mit einem Vorschlaghammer um mich. Das ist sicherlich eine sehr fiktionale Figur. Ich weiß nicht genau, ich finde es immer schwer, zu sagen, wie ich persönlich bin. Es ist doch immer so: man hat ein gewisses Bild von sich selber und die anderen sehen dich ganz anders. Was ich an James aber toll fand war sein Abenteuersinn. Er wollte immer dabei sein und Spaß haben und aus allem das Beste rausholen. Er hatte etwas Kindliches an sich. Wenn ihn etwas interessierte, dann hat er es gemacht. Wenn nicht, dann ging er zur nächsten Sache über. Es gab keine Regeln, denen er folgte. Er hatte eine gewisse Freiheit. Vielleicht auch eine gewisse Naivität. Das war wirklich erfrischend. Er ging die Dinge immer sehr entspannt an. Das kann ich selber leider nicht immer. Dieses Loslassen war mit am schwersten für mich. Denn er war wirklich unglaublich frei und hat nur für den Moment gelebt. Als Schauspieler versucht man immer, vorauszudenken und vorbereitet zu sein. Das musste ich mir abgewöhnen, denn das entsprach ganz und gar nicht seiner Persönlichkeit. James war immer dann am besten, wenn er ganz spontan entschied. Besonders beim Rennen. Man trifft Entscheidungen in Sekundenschnelle. Ich glaube, daraus habe ich sogar etwas für mich persönlich mitnehmen können. Nicht alles lässt sich berechnen. Manchmal ist es besser, einfach loszulassen und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Was ist schwieriger: eine echte Person zu spielen, oder einen Helden wie Thor? Na ja, es ist ja bei James Hunt und bei Thor so, dass beide eine schon existierende Fangemeinde haben. Das vergisst man schnell. Auch Thor ist nicht einfach mal eben erfunden worden, sondern hat schon ein gewisses Image bei den Leuten. Bei einer realen Person ist es aber natürlich so, dass man dem Menschen, den man spiel, gerecht werden will. Das schüchterte mich eindeutig mehr ein. Bei Thor kann man immer leicht sagen, dass jeder, der die Comics gelesen hat, sein eigenes Bild von der Figur haben kann. Da gibt es dann kein richtig oder falsch. James Hunt hatte Familie und Freunde. Menschen, die mehr über ihn wissen, als ich es jemals tun werde. Das sorgt schon für ein leicht mulmiges Gefühl und macht einem die Verantwortung bewusst. Niki hat vorhin gesagt, dass er vor nichts wirklich Angst hat. James Hunt wirkt in dem Film ebenfalls sehr furchtlos. Was macht Ihnen Angst? Ich glaube, für mich besteht die größte Herausforderung darin, dass mein eigener Kopf sich mir oft in den Weg stellt. Ich denke oft zuviel nach. Ich glaube, davor habe ich oft viel mehr Angst als vor physischen Sachen. Ich mag Aktivitäten, bei denen ordentlich Adrenalin freigesetzt wird. Sicherlich nicht zu dem Ausmaß, zu dem James und Niki es betrieben, aber mir gefällt die Unmittelbarkeit gefährlicher Sportarten. Man lebt in dem Moment einfach nur für den Augenblick und kann sich über nichts anderes Gedanken machen. Aber Sie sind verheiratet und haben ein Baby. Ich gehe also davon aus, dass Sie Ihr Leben nicht bereitwillig auf's Spiel setzen würden? Nein, das ganz sicher nicht, das stimmt. Aber ich denke, einer der Gründe, warum wir gerne ein gewisses Risiko eingehen oder anderen Menschen dabei zusehen, ist weil es uns dazu zwingt, genau für diesen Moment zu leben. Das gelingt einem nicht oft, manchmal muss man sich dafür in kalkulierte Gefahren begeben. Besonders in einer Welt wie der unseren, in der es vor Ablenkungen nur so wimmelt. Sie wurden durch Thor von heute auf morgen weltbekannt. Und jetzt spielen Sie Charakterrollen wie diese. Wie fühlt sich das an? Es ist toll. Thor hat mir sehr viele Türen geöffnet. Nur dadurch war ich überhaupt in der Lage, mit Ron Howard über dieses Projekt zu sprechen. Ich lege auch Wert darauf, möglichst verschiedene Rollen zu spielen. Man wird schnell in eine gewisse Schublade gesteckt. Ich freue mich, mit Rush jetzt hoffentlich eine gewisse Vielschichtigkeit zeigen zu können. Es ist aber auch so, dass ich ein persönliches Interesse an dieser Rolle hatte. Auch, wenn das Endresultat nicht so aus sieht, war Rush ein Film, bei dem der Fokus nicht auf den Special Effects lag, obwohl diese super sind. Es ging wirklich um die Figuren. Das war mir wichtig. Sie haben gesagt, dass Sie großen Wert darauf legten, für diese Rolle vorzusprechen und dass Sie nicht einfach nur Parts angeboten bekommen möchten, weil Sie mittlerweile ein Name sind, mit dem es leicht fällt einen Film finanziert zu bekommen. Inwiefern würden Sie sagen, dass sich Ihre Popularität auf die Rollen, die Sie auswählen, ausgewirkt hat? Es ist komisch. Erst hämmert man an alle Türen und möchte unbedingt auch nur die kleinste Chance bekommen und dann ist man plötzlich jemand, der eine Art Freiheit und Wahl hat. Es wirkt auf die Zuschauer immer so, als wäre das alles ganz schnell gegangen. Die Wahrheit ist aber, dass ich schon um die 12 Jahre vorher mit der Schauspielerei angefangen hatte. Ich hab in Australien so gut wie alles abgeklappert, was ich kriegen konnte. Dann bin ich ein, zwei Jahre in den USA und BAM! Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Dass ich jetzt eine gewisse Freiheit habe, ist natürlich toll. Man hat plötzlich den Luxus, wählerisch sein zu können. Aber der Druck wird auch größer. Vorher hat mir niemand Beachtung geschenkt, jetzt sind die Augen auf dich gerichtet. Das bringt auch ein paar Sorgen mit sich. Aber Rush war einfach ein Projekt, dass ich gleich toll fand, daher habe ich mich wirklich angestrengt, um die Rolle zu bekommen. Dafür bin ich jetzt umso stolzer, weil ich wirklich dafür gekämpft habe. Wir haben schon viel über die Zusammenarbeit mit Daniel Brühl gehört. Wie war es, mit Olivia Wilde, die James' Freundin Suzie Miller spielt, zu drehen? Sie ist ziemlich toll. Sie hat nur ungefähr drei Szenen im Film, aber wenn man sich das Gesamtwerk ansieht, stellt man fest, wie wichtig sie für die Story war. Suzie war die einzige, die James wirklich gefordert hat und ihn dazu brachte, sich selbst zu hinterfragen. Olivia hat eine ungeheure Präsenz im Film, so dass ihre Rolle wirklich wichtig ist, obwohl sie so klein wirkt. Ähnlich war es mit Marlene, Nikis Frau. Ich glaube, es ist wichtig, dass die Partnerinnen mit in die Geschichte einbezogen wurden. Ohne sie hätten beide Männer sicher irgendwie den Bezug zur Realität verloren. Ich glaube, Marlene und Suzie waren für Niki und James unglaublich wichtig. Wie hat es sich angefühlt, in einem echten Rennwagen zu trainieren? Das war toll. Was soll ich anderes sagen?! Da versteht man sofort, warum die Fahrer quasi süchtig danach waren und warum so viele kleine Jungs davon träumen. Wir hatten ein circa vierwöchiges Boot Camp, währenddessen wir in echten Autos trainiert haben. Es ist, als wäre der Wagen eine Verlängerung des eigenen Körpers. Man fühlt jede einzelne Vibration. Es ist ein komplett anderes Gefühl als im normalen Straßenverkehr. Man ist nur Zentimeter über dem Boden. Es ist faszinierend und beängstigend zugleich. Sind Sie im wahren Leben auch ein Wettstreiter? Ich glaube, ich bin meist eher im Wettstreit mit mir selbst. Klar gibt es auch Menschen, zu denen ich aufblicke und denke: „Mensch, wenn ich ein Zehntel von seinem Talent hätte!“ Aber das ist kein direkter Wettkampf, nicht so, wie beim Autorennen. Ich glaube aber auch, dass man das Leben so nicht angehen kann. Wenn man immer nur mit jemandem konkurriert, schränkt das unsere Sichtweise ein. Ich fordere mich lieber selber heraus. Das war nicht immer so. Ich bin mit Brüdern aufgewachsen, da gab es ordentlich Konkurrenz (lacht). Wir haben schon viel gerauft oder gegeneinander gespielt. Doch wahrscheinlich ist das normal und gesund. Unter Brüdern gehört sich das so. Glauben Sie, dass es mal ein Projekt mit allen drei Hemsworth Brüdern geben wird? (Lacht) Ich weiß nicht. Ich glaube, das könnte man wenn, dann nur einmal machen. Sonst wird es lächerlich. Wenn es das richtige Projekt dafür gäbe, würden wir es sicherlich machen. Wir haben da schon öfters selber drüber spekuliert. Ich glaube aber nicht, dass es uns demnächst als die drei Musketiere zu sehen geben wird. Es müsste wirklich das passende Projekt sein (lacht). Stimmt es, dass sich alle australischen Schauspieler in Hollywood untereinander kennen? Sind Sie zum Beispiel mit Hugh Jackman befreundet? (Lacht) Lustig, dass sie das sagen. Hugh kenne ich nun gerade nicht, aber sonst wirklich so ziemlich jeden. Ich glaube, ich kenne in LA mehr Australier als in Australien (lacht). Was ist der größte Unterschied zwischen einem Leben in Australien und einem Leben in den USA? Ich lebe in Kalifornien. Das ist eigentlich sowieso nur wie eine Seifenblase, in der alles anders ist. Es ist nicht, wie der Rest von Amerika. Ich habe immer das Gefühl, dass gerade Los Angeles wirklich in seiner eigenen Welt existiert. Die meisten Klischees stimmen wirklich. Ich entziehe mich dem gerne und fahre die Küste rauf, wo es normaler und entspannter zugeht. In LA dreht sich alles um die Filmindustrie. Man kann gar nicht anders, als sich dessen ständig bewusst zu sein. Es ist schon ein bisschen verrückt. Können Sie in LA noch unerkannt auf der Straße mit Ihrem Hund spazieren gehen? (Lacht) Ich habe keinen Hund, aber ich gehe mit meiner Tochter spazieren. Sie läuft mittlerweile schon in rennt Bällen hinterher. Womöglich wird sie einmal Fußballprofi (lacht). Ich habe bis jetzt immer Glück gehabt. Manchmal kommen einem die Paparazzi zu nah und das ist dann etwas unangenehm. Bis jetzt mussten Sie aber noch niemandem eins auf die Nase geben. (lacht) Nein, dazu ist es bis jetzt noch nicht gekommen. Man will immer nur das Kind beschützen, darum geht es. An manchen Tagen kann ich mich ganz normal bewegen, an anderen Tagen sind lauter Fotografen da. Es kommt auch immer ein bisschen darauf an, ob man gerade einen aktuellen Film hat und sich auf dem Radar der Leute befindet. Ihre Tochter ist noch sehr klein. Fällt es da schwer, immer soviel unterwegs zu sein? Haben Sie das Gefühl, wichtige Dinge zu verpassen? Nein, zum Glück nicht. Ich habe das Glück, dass meine Frau und meine Tochter mich sehr oft begleiten. Sie sind jetzt in London, aber ich bin ja auch nur für 24 Stunden hier in Köln und dann sind wir wieder zusammen. Ich denke, dass es komplizierter wird, wenn India in die Schule kommt. Das werden wir dann sehen. Möchten Sie noch mehr Kinder? Ja, auf jeden Fall. Ich bin mit Geschwistern aufgewachsen und habe das definitiv immer als Vorteil gesehen. Haben sich Ihre Prioritäten geändert, seitdem Sie Vater sind. Ja, es geht nicht mehr nur um dich. Die Motivationen sind andere. Und die Dinge, die man früher für unglaublich wichtig hielt, sind nicht mehr annähernd so wichtig, wie dieser kleine Mensch. Das ist ein wunderbares Gefühl. Es relativiert so ziemlich alles. Und wenn India nun beschließt, einmal Schauspielerin oder Rockstar zu werden... Oh Gott, ich hoffe nicht (lacht) Waren Sie selber schonmal bei einem Formel 1 Rennen, bevor Sie Rush drehten? Nein, nie. Mein Vater ist Motorrad gefahren, ich hatte als Kind daher immer eher mit Bikes zu tun. Wobei ich in Melbourne immer das Rauschen des Ringes gehört habe. Ich war aber nie dort. Haben Sie schon mal einen Strafzettel kassiert? (lacht) Nein, ich habe ein top Verkehrsregister. Das heißt wahrscheinlich, dass ich entweder sehr langsam fahre, oder einfach nur sehr gut darin bin, der Polizei aus dem Weg zu gehen (lacht). Was für ein Auto fahren Sie? Einen Acura MDX. Ein SUV. Da passen die Surf Boards rein (lacht). Als nächstes kommt der zweite Teil von Thor. Wird das auch irgendwann ein Ende haben? Ich glaube, das hängt eindeutig davon ab, wie erfolgreich die Filme sind. Solange sie gut laufen, bin ich mir sicher, dass es immer wieder einen geben wird. Die Herausforderung dabei ist aber, immer wieder etwas Neues und Interessantes zu schaffen, damit man sich nicht selber ein Grab gräbt. Sonst wird es irgendwann furchtbar langweilig. Aber zum Glück gibt es Autoren, die dafür verantwortlich sind und sicher mehr Kreativität besitzen, als ich es tue.

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