Kreuzküssers Meinung
Fäulnis in idyllischer Umgebung, wo leere Uniformen im Sarg liegen. Cop Land ist wie ein melancholischer Beerdigungssong von Bruce Springsteen, der langsam zu einer verheerenden Eskalationsspirale hoch-kocht. Das fragile System aus Korpsgeist, Korruption, Polizeigewalt und blutiger Männerwirtschaft ist hier ein beschaulicher Vorort, wo alle füreinander da sind, aber dennoch niemand jemanden traut. Das hochgradige Schauspieler-Ensemble (Keitel, De Niro und Liotta) bietet keine Nummernrevue, sondern gibt Sylvester Stallone die Bühne, die er braucht. Als (gar nicht so trotteliger) Underdog bewegt er sich als unterwürfig-ohnmächtige Sheriff, der geplatzten Träumen hinterher-schleicht, schwerfällig, mit angefressener Wampe, durch den Film, bietet sein bestes Typen-Casting seit Rambo und Rocky. Mehr Charakterdrama als knallharter Thriller, mehr Erzählkino als Actionfilm, trifft hier 70er Cop-Krimi auf Gangsterfilm und wird in seiner vertrauten Struktur zu einem klassischen Western der Neuzeit. Im positiven Sinne altmodisch-konservativ inszeniert und erzählt, ohne moralische Zweideutigkeiten im Lösungsansatz, ist Cop Land vielleicht in seiner Geschichte etwas schlicht und vorhersehbar geworden, das gleichen aber die klaustrophobische Kleinstadtstimmung und die hervorragenden Schauspieler aus. (sehenswert)
Soulis Meinung
Wenn James Mangold (Logan – The Wolverine) auf den Polizeiapparat von Garrison, einem fiktiven Vorort von New York City, blickt, dann sieht er einen von Vetternwirtschaft unterwanderten Männerzirkus. Vordergründig pflegt man die nachbarschaftliche Fürsorge untereinander, um seinen Nächsten in einem unbeobachteten Moment blindlings das Messer in den Rücken zu schlagen. Genau dafür ist die verschlafene Städtchen jedoch nützlich: Fernab der Metropole ist man hier noch unter sich; Polizisten genießen die Freiheit, ihr eigenes Verständnis von Recht und Ordnung zu etablieren, was zu einem Wespennest geführt hat, welches nur aufgewühlt wird, wenn die Wahrheit dann doch mal unerwartet anklopft. Sylvester Stallone, der hier als schwerfälliger, gutmütiger, an seinen großen Träumen gescheiterter Sheriff in Erscheinung tritt und selbst hochdekorierte Schauspieler wie Harvey Keitel, Robert De Niro und Ray Liotta übertrumpft, kann nur noch mit Abscheu auf seine Stadt blicken, nachdem ein vermeintlicher Selbstmord eine Kausalitätskette der Intrigen, Korruption und Machtkämpfe in Beschleunigung setzte. Als Hommage an den 1970er Jahre Cop-Thriller, als Regisseure wie Sidney Lumet dieses Genre noch veredelten, ist es Mangold eher an den Charakteren als dem kurzweiligen Thrill gelegen. Cop Land lässt sich auf die traurigen Augen Stallones ein; er begleitet diesen Menschen, der eher seinen Körper wuchten muss und nicht von seinem Körper gewuchtet wird, wie er sich endlich darüber im Klaren wird, nicht länger die Augen verschließen zu können. Mag diese Rückbesinnung auf die Tugenden des klassischen Erzählkinos bisweilen auch reaktionär ausfallen, handwerklich hochwertig inszeniert und erstklassig gespielt ist der Film zweifelsohne. (sehenswert)
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