Inhalt
Student Nasir Khan (Riz Ahmed) ist in Manhattan auf die Party eines seiner Basketball-Spieler, die er betreut, eingeladen. Als er seine Fahrgelegenheit verpasst, schnappt sich Naz ungefragt das Taxi seines Vaters, um von Queens in die Lower Eastside New Yorks zu gelangen. Unterwegs nimmt er eine junge, hübsche Frau mit – eine fatale Entscheidung, wie sich bald herausstellen wird. Denn Naz wird kurze Zeit später des Mordes angeklagt und gerät zusammen mit seinem ehrgeizigen Verteidiger Jack Stone (John Turturro) in die Mühlen der amerikanischen Justiz.
Kritik
Über die Qualität, die HBO-Serien für gewöhnlich auszeichnet, brauchen wir an dieser Stelle wohl kaum noch groß Worte zu verlieren. Der US-Sender zeigt immer wieder ein gutes Händchen für seine Serienauswahl, aufwändig produziert ist das Angebot auch in der Regel. Mit der Mini-Serie "The Night Of" folgt das nächste Prachtstück im Sortiment, das auf ganzer Linie zu überzeugen weiß.
"The Night Of" basiert lose auf der BBC-Krimiserie "Criminal Justice" von Peter Moffat aus dem Jahr 2008 und wurde von Steven Zaillian ("Schindlers Liste") und Richard Price ("The Wire“) umgesetzt. Eigentlich sollte auch James Gandolfini ("Sopranos") beteiligt sein, sowohl als Produzent (was er zeitweise auch war), als auch als einer der Hauptdarsteller. Jedoch verstarb er im Juni 2013 und schied somit aus dem Projekt aus. Seine Rolle sollte danach an Robert De Niro ("Taxi Driver") gehen, ist aus terminlichen Gründen letztendlich aber von John Turturro ("Transformers") aufgegriffen worden.
"The Night Of" handelt von einer Nacht, in der der junge Student Nasir Khan (Riz Ahmed) in einen desaströsen Strudel gerät und an dessen Ende er nun als mutmaßlicher Mörder festgenommen wird. Der handwerklich wunderschön gedrehte Pilot mit all seinen düsteren Bildern, die fast schon an David Fincher erinnern, widmet sich dabei ausführlich dieser Nacht und wir erleben das Geschehen aus seinem Blickwinkel. Die ganze Tragik und der Schock, die damit einhergehen, werden dabei auch effektiv auf den Zuschauer übertragen, man leidet regelrecht mit.
Was sich genau zugetragen hat wissen wir jedoch nicht, zumindest fehlt ein wichtiger Teil der Ereignisse, an die sich Nasir Khan nicht mehr erinnern kann, die jedoch von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des ganzen Falls sind, da alle Beweise eindeutig gegen ihn sprechen. Hinzu kommt auch, dass Nasir Khan ein Muslim pakistanischer Abstammung ist, was die Gemüter der Amerikaner nur umso mehr anheizt. "The Night Of" ist letzten Endes viel mehr als die bloße Abhandlung eines Kriminalfalls, die Serie lässt keine Gelegenheit aus Sozialkritik auszuüben. Auch das amerikanische Justizsystem gerät ins Kreuzfeuer der Macher und wir erleben, auf welch wackeligen Füßen solch ein Prozess stehen kann, von dem so viel abhängt.
In seinen insgesamt acht Folgen, wovon sowohl der Pilot als auch die Finalfolge sich gleich über 90 Minuten erstrecken, nimmt sich "The Night Of" reichlich Zeit für seine Charaktere, für den Fall und für seine kritischen Untertöne. Zeit, wie sie ein Film nie aufbringen hätte können, um sich ausführlich allem widmen zu können. Das kommt "The Night Of" in jedem Fall zu Gute, der Zuschauer wird regelrecht eingesogen in das narrative großartig geschriebene, unangenehm zu verdauende Ereignis. Sinnvoll wird die Zeit genutzt, um den Fall aus mehreren Perspektiven auszuleuchten, um den Gefägnisalltag mit all seinen Grausamkeiten zu illustrieren und letztendlich die Schlammschlacht vor Gericht abzuhandeln.
"The Night Of" ist zudem auch sehr stark besetzt. Riz Ahmed nimmt man seinen Wandel vom schüchternen, wohl erzogenen Jungen aus gutem Hause bis hin zum harten Knastbruder voll und ganz ab. Die psychische Belastung, die er durchzumachen hat, ist seinem Gesicht ebenso stets abzulesen. Heimlicher Star dürfte aber vermutlich John Turturro als sein Anwalt Jack Stone sein, der mit seinen schlabberigen Klamotten und seinen starken Ekzemen optisch so gar nicht ins Bild des klassischen Verteidigers passt. Auch ist sein Ruf nicht der Beste, was ihm überall Spott und Respektlosigkeit einbringt. Die Ankläger reiben sich dabei natürlich freudig die Hände, scheint der Fall damit bereits einen sicheren Ausgang zu haben. Doch Stone ist ein Kämpfer, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich und somit eine sehr interessante Figur für die Serie. Turturro spielt seine Rolle mit einer herrlichen Leichtigkeit, einer angenehmen Prise Humor und ebenso mit ergreifender Tragik. Eine optimale Besetzung.
Auch bis in die Nebenrollen ist "The Night Of" toll besetzt, darunter befindet sich unter anderem auch Peyman Moaadi ("Nader und Simin"), der gewohnt leistungsstark zu überzeugen weiß.
Technisches
Warner Home Video veröffentlicht "The Night Of" am 16. Dezember 2016 im deutschen Handel. Die uns vorliegende Blu-Ray bietet ein gelungenes Bild (16:9 - 1.78:1) sowie einen starken Sound (Deutsch DTS 5.1 Englisch DTS-HD MA 5.1 Französisch DTS 5.1), so dass es technisch nichts auszusetzen gibt. Schade ist dagegen, dass es absolut kein Bonusmaterial auf der Disc gibt. Einige Blicke hinter die Kulissen hätten sich sicher angeboten und wären überaus interessant gewesen, leider aber fügte man nichts dergleichen hinzu. Wen das nicht stört und eine hervorragende Serie einfach nur in sauberer Qualität besitzen möchte, möge dennoch zugreifen.
Fazit
"The Night Of" erweist sich erneut als ein qualitativ hochwertiges Juwel von HBO. Von der ausgezeichneten Produktion, seiner detaillierten Erzählung bis hin zum tollen Cast ist "The Night Of" ein starkes Stück Serien-Kino, das man definitiv nicht versäumen sollte.