Am 27.09 erschien The Super auf DVD und Blu-Ray. Anlässlich der Veröffentlichung hatten wir die Möglichkeit Stephan Rick (Die dunkle Seite des Mondes) zu seinem neuesten Film, seinem Selbstverständnis als Regisseur und seiner Meinung zur aktuellen Kino-Landschaft zu interviewen.
In dem HorrorthrillerThe Super geht es um ein schauriges Apartmenthaus in New York, in dem unter mysteriösen Umständen Mieter verschwinden. Schnell fällt der Verdacht auf Walter, einem eigenartig anmutenden Hausmeister, der im Keller okkulte Rituale ausübt...
Maximilian: Was bedeutet "The Super" für Dich als Regisseur?
Stephan Rick: Er leutete einen neuen Lebensabschnitt ein: Ich bin durch den Film in die USA gekommen, habe dann in der Schnittzeit meine jetzige Freundin und Mutter von zwei Kindern kennengelernt. Mein Leben hat sich also um 180 Grad gedreht. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Telefonate in die USA: "Die dunkle Seite des Mondes" kam gerade ins Kino und ich lag mit einem gebrochenen Bein im Bett. In der Zeit habe ich viel mit den Produzenten geskypt und die haben meinen aktuellen Film als sehenswert empfunden. Wir haben uns dann mit dem Drehbuch beschäftigt, das mich von Anfang an sehr fasziniert hat. Klar war jedoch, dass wir nicht viel Zeit hätten, den Film umzusetzen. Ich hatte damals noch Bedenken, weil der erste Entwurf des Drehbuchs für die 1,6 Mio Budget sehr aufwendig war, die Drehzeit so knapp bemessen war und wir die Regeln für den Dreh mit Kinderdarstellern beachten mussten. Nachdem ich mit den Produzenten gemeinsam die Rahmenbedingungen festgelegt habe, wagte ich letztlich doch den Sprung ins kalte Wasser, nicht zuletzt auch weil ich schon immer einen Horrorfilm drehen wollte.
Maximilian: Was hat dich an dem Drehbuch begeistert?
Stephan Rick: Ich fand das Grundetting sehr spannend, weil ich selber mal ein Jahr in New York gelebt habe. Es ist tatsächlich so, dass diese großen Apartmentgebäude, in denen 600-800 Leute leben, eine Vielzahl an Hausmeistern anstellen, die die Wäsche wegbringen, die die Post in die Wohnungen bringen, die sich um die ganze Technik kümmern und deshalb Zutritt zu nahezu allen Räumlichkeiten haben. Im Rahmen der Recherche haben wir uns mit vielen Hausmeistern unterhalten, die uns allerlei Gruselgeschichten erzählt haben. Zum Beispiel eine von einer Frau, die aus dem vierzehnten Stock gesprungen ist und sich selbst umgebracht hat. Seit dem bewegt sich der Fahrstuhl auf unerklärliche Weise immer zum vierzehnten Stock.
Maximilian: Was ist Dir bei Filmen besonders wichtig?
Stephan Rick: Mir ist bei Filmen besonders wichtig, dass sie mich emotional involvieren, dass ich mitfiebere und mit der Figur mitgehe. Deshalb habe ich oftmals Probleme mit Filmen, die mir zu analytisch ein Drama erzählen. Mir liegen Filme nahe, die mich auf eine kleine oder große Reise mitnehmen.
Maximilian: Welche aktuelle Entwicklung des Kinos empfindest Du als besonders positiv?
Stephan Rick: Gerade in Europa gibt es eine größere Vielfalt im Kino, weil auch kleine Produktionen mittlerweile groß aussehen können. Durch die Digitalisierung und Kameras, die wesentlich empfindlicher sind, hat eine Demokratisierung der Herstellungsmittel stattgefunden. Auch mit einem kleinen Film kann man viele Kinokopien haben.
Maximilian: Und die größte Plage des Kinos?
Stephan Rick: Die Kinotickets sind viel zu teuer geworden. Ich pendle momentan immer zwischen L.A. und Berlin hin und her und wenn ich in L.A. mit meiner Freundin ins Kino gehe, dann kostet das um die 50 Dollar: Mindestens 30 Dollar für zwei Tickets und dann noch der Rest für Popcorn und Cola. Außerdem findet in den größeren Kinos vermehrt eine Monokultur statt. Es läuft der neue "Avengers" oder "X-Men" in allen Sälen und für die anderen Filme ist kein Platz mehr. Dafür gibt es ja dann in Programmkinos eine größere Vielfalt, als das früher der Fall war.
Maximilian: Nimmst du dich als Regisseur in erster Linie als Künstler, oder als Handwerker wahr?
Stephan Rick: Ich mach mein Handwerk und wenn es jemand anderes als Kunst befindet, dann ist es das vielleicht. Ich würde mir nicht anmaßen wollen, mich selbst als Künstler zu bezeichnen. Ich finde Filmemacher sind Geschichtenerzähler, dem Drehbuch und der eigenen Vision von dem Drehbuch verpflichtet. Im Idealfall ist das Kunst, im guten Fall spannende Unterhaltung und im schlechten Fall einfach nur langweilig.
Maximilian: Gibt es Projekte, die Du als Regisseur niemals annehmen würdest?
Stephan Rick: Ich würde nie einen Film über ein Thema drehen, das mich nicht selber begeistert. Es gibt viele gute Filme, die ich mir auch selber gerne anschaue, die aber wenig mit mir zu tun haben oder aus einem Genre stammen, das mir nicht nahe steht. Für solche Filme wäre ich dann wohl einfach nicht der richtige Mann.
Maximilian: Bei der Sichtung des Filmes fühlt man sich sehr an die Atmosphäre von "The Shining" und an die Stimmung eines M. Night Shyamalan-Filmes erinnert. Waren das bewusste Einflüsse für dich?
Stephan Rick: Der Bezug zu M. Night Shyamalan entspringt sicher dem Drehbuch und den Plot-Elementen, die darin enthalten sind. The Shining ist tatsächlich einer meiner Lieblingsfilme und als wir das Setting das erste Mal gesehen haben, die Gänge und Lobby begutachten konnten, die Art wie die Räume konstituiert sind, hat sich dieser Bezug förmlich aufgedrängt. Einige Einstellungen sind als bewusste Hommage an den Film gedacht.
Maximilian: Welche anderen Filme inspirieren Dich noch?
Stephan Rick: Was Horror anbelangt gibt es für mich ganz verschiedene Einfllüsse: "The Shining" ist auf jeden Fall einer meiner Favoriten, dann natürlich noch Hitchcocks "Psycho", mit dem er seinen größten Erfolg feierte. Filme wie "It Follows", die eine relativ strenge Bildsprache und dann noch einen Soundtrack haben, der das damalige Lebensgefühl gut vermitteln. Auch neuere Horrorfilme wie "Get Out", die gesellschaftskritische Themen verarbeiten, ohne sie einem direkt auf die Nase zu binden, mag ich sehr gerne. Mir gefällt auch "A Cure for Wellness", auch wenn der von vielen gehasst wird. Der hat eine sehr einnehmende Stimmung, selbst wenn mir da zum Ende hin auch nicht alles passt. Filme wie "The Neon Demon" finde ich bildsprachlich faszinierend und wie sie es schaffen, den Ekel vor manchen Figuren zu schüren.
Maximilian: Verliert man als Regisseur manchmal die Liebe zum Film?
Stephan Rick: Also ich verliere sie überhaupt nicht. Ich schaue Filme auch ganz normal wie jeder andere. Höchstens wenn ein Film schlecht ist, erwische ich mich öfter dabei, wie ich analysiere, woran er nun gescheitert ist und nehme natürlich aus solchen Beobachtungen auch viel für meine eigenen Filme mit. Ich denke es ist auch ganz wichtig, dass man sich als Regisseur diesen naiven Blick beibehält und erst in zweite Linie und beim häufigeren Schauen beginnt zu analysieren.
Maximilian: Wie gehst Du mit Filmkritiken um?
Stephan Rick: Ich finde Filmkritik total spannend, auch wenn ich bei schlechten Kritiken manchmal leide und mich davor nicht so gut schützen kann. Manchmal weisen Kritiker beispielsweise genau auf einen Aspekt hin, bei dem man sich selbst unsicher war oder das Budget gefehlt hat. Manchmal muss man sich auch an die eigene Nase fassen. Kritik bedeutet allerdings nicht nur, alles schlecht zu machen, sondern auch Details zu entdecken und positiv hervorzuheben. Von solchen Kritiken fühle ich mich natürlich sehr geehrt, gerade wenn sie differenziert ausfallen. Ich halte es für wichtig, sich als Filmemacher mit Filmkritik auseinanderzusetzen, weil man so auch in eine Art Dialog mit dem Zuschauer tritt.
Maximilian: Wenn Du zurück an den Dreh denkst: Gibt es einzelne Szenen, die Du jetzt schon anders machen würdest?
Stephan Rick: Ja, definitiv gibt es Stellen, an denen das Budget gefehlt hat und wo die Settings beispielsweise nicht so reichhaltig sind, wo wir dann zum Beispiel Bücher zusammen gelegt haben, damit der Raum etwas ausgefüllter wirkt. Aber ich hoffe, dass das Dinge sind, die nur mir auffallen. Horror ist eines der visuellsten Genres: Bei der Eröffnungsszene hatten wir das größte Zeitfenster und das spürt man auch. Bei vielen anderen Szenen im Hochhaus hatten wir großen Zeitdruck, konnten das aber meistens kompensieren. Trotzdem gibt es natürlich Szenen, an denen ich es persönlich dem Film ansehe.
Maximilian: "The Super" ist wohl eher ein Horrorthriller, woran man schon sieht, dass Horror ein sehr weitläufiges Genre ist, das vom Horrorthriller bis hin zum Torture Porn die unterschiedlichsten Filme umfasst. Gäbe es bestimmte Horror-Szenarien, die Du gerne umsetzen würdest?
Stephan Rick: Am spannendsten finde ich Horrorfilme, bei denen man weniger sieht. Filme wie "Alien" arbeiten nicht mit extremer Gewaltdarstellung, der Horror findet hier viel mehr im Kopf statt. Aber auch Werke wie "The Babadook", bei denen hinter dem Horror noch eine menschliche bzw. gesellschaftliche Ebene existieren, finde ich sehr interessant. Ich persönlich habe keine Angst vor Gore-Szenen, aber extremen Torture Porn halte ich selbst nur in Kombination mit Humor aus. Ich halte als Zuschauer viel eher Suspense aus, weswegen ich mich dort wohl immer eher zuhause fühlen werde.
Maximilian: Wird es eine Fortsetzung geben?
Stephan Rick: Der Produzent des Filmes ist Dick Wolf, der ursprüngliche Head-Autor von "Miami Vice", und der denkt natürlich immer in Fortsetzungen und Franchises. Ich selbst hätte auf jeden Fall Lust, auch wenn ich kein Sequel im klassischen Sinne machen wollen würde, weil sich einige Wendepunkte auftun, an die man nicht einfach eine Fortsetzung anknüpfen könnte. Man muss sich dann überlegen mit welcher Figur man das machen möchte.
Maximilian: Zum Abschluss: Warum sollten sich unsere Leser "The Super" ansehen?
Stephan Rick: Ich glaube, dass er eine sehr spannende Geschichte hat und es großartige Schauspieler zu sehen gibt, z.B. Val Kilmar in seiner ersten großen Hauptrolle seit seiner Kelkopfkrebsoperation. Dann noch das Setting, das wahnsinnig atmosphärisch wirkt und an dem es wahrscheinlich wirklich spukt, in dem viele Dinge, die im Film stattfinden, auch in echt passiert sind.
Werdet ihr euch "The Super" ansehen?