Nach Meyers Enzyklopädie von 1905 ist Verachtung „das Gefühl, das der Voraussetzung persönlichen Unwertes bei sich selbst (Selbstverachtung) oder bei anderen (Verachtung anderer) entstammt“. Ein starkes Gefühl, wahrlich. Und so habe ich mir tatsächlich in den letzten Tagen (Wochen *HUST*, entschuldige Stu) den Kopf darüber zermartert für welche Filme ich denn Verachtung spüren könnte oder gar gespürt habe. Nun, theorethisch wäre dies recht einfach zu beantworten: Alle Filme, die wirklich ein aberwitziges Budget dafür verschwenden einfach kacke zu sein - ja, du bist gemeint Netflix. Aber vielleicht wäre diese Antwort auch zu leicht.
So habe ich mir dann mal meine Filmliste und meine Bewertungen angesehen und stolperte bei den unteren 50 dabei immer wieder über einen Namen: Uwe Boll! Mister "ich kann deutsche Filme international groß rausbringen", "ich habe Hollywood durchschat" und "ich werde einfach nur missverstanden" Boll! Zugegeben, auch diese Antwort wäre irgendwie recht einfach, daher lasst mich noch einmal etwas weiter ausholen und ausführen, warum ich durchaus (ein wenig) Verachtung für den deutschen Regisseur empfinde. Dabei viel Spaß:
Meine erste richtige Begegnung mit Boll war auf jeden Fall der 2003 erschienene House of the Dead. Durchaus in - dunkleren - Kreisen als cooler Actionfilm beworben und als "die Videospielverfilmung überhaupt", bin ich mit gewissen Erwartungen an das Werk gegangen. Zudem hatten wir noch Jürgen Prochnow an Bord, was kann da schon schiefgehen. Das Ergebnis war allerdings ein zäher, uninspirierter, langweiliger, unlogischer und völlig für das Genre auch seichter Film, sodass sich beim Anschauen schnell Langeweile einschlich. Doch der Name Uwe Boll war damit noch lange nicht vom Tisch. Filme wie BloodRayne, Alone in the Dark, Postal und Far Cry später, schlich sich irgendwie ein Muster ein. Filme die nicht nur einfach schlecht gedreht wurden - vielleicht aufgrund ihres Budgets - sondern auch einfach handwerkliche Fehler. Fehlende Kreativität sowie das Gespür, was eigentlich ein Film ausmacht.
Die Verachtung ist dann schließlich, dass ich denke, dass Boll gerade Videospielverfilmungen bestimmt an die 20 Jahre zurückgeworfen hat. Nun, daran ist er vielleicht nicht alleine Schuld, doch seine Filme trugen klar dazu bei, dass das Genre ein gewisses schmuddeliges Image bekam. Wenn es um Verfilmungen von Videospielen ging, war zumindest Jahrelang der deutsche Regisseur ganz vorne mit dabei. Und er bekam hier auch reichlich Unterstützung: Kristanna Loken, Christian Slater und sogar Til Schweiger gaben sich ihm hin. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, kam dann auch noch Schwerter des Königs - Dungeon Siege mit Jason Statham. Wie, warum und was das überhaupt sollte (und wer ihm dafür 60 Millionen US-Dollar gegeben hat), völlig unklar.
Meine Verachtungsrede ist aber noch nich am Ende: Denn nach dem finanziellen Disaster von Dungeon Siege, hätte man ja durchaus davon ausgehen können, dass Uwe Boll einen gewissen Lernwillen hat. Das er weiß, woran es gescheitert ist, vielleicht sich verbessern möchte? Vielleicht bessere Drehbücher nehmen? Mehr mit Austattung, Kamera und Kreativität arbeiten. Die Schauspielerinnen und Schauspieler besser auswählen, einweisen und Führen. Eben all die Aufgaben, die ein guter Regisseur in sich vereint. Doch nix da! Klar, jeder Regisseur verkackt es mal (oder mehrmals), doch immer wieder die gleichen Fehler zu begehen, das grenzt schon an Ignoranz, Selbstüberschätzung oder schlichtweg an Größenwahn.
Es ging zumindest fröhlich weiter mit Gurken wie Darfur - Der vergessene Krieg (1968 Tunnel Rats war zumindest mal halbwegs ok), Rampage - Rache ist unbarmherzig, BloodRayne: The Third Reich, Schwerter des Königs - Zwei Welten, Blubberella, Auschwitz und den letzten den ich gesehen habe (mehr hab ich nicht ertragen), Assault on Wall Street. Hier mal ein Auszug aus meiner Kritik: "Bailout: The Age of Greed will ein wütender wie politischer Film sein, der endlich einmal an der Wall-Street aufräumt und alle schuldigen zur Hölle schickt. Doch dies ist nicht nur reichlich vereinfacht sowie klischeehaft, sondern kurzerhand auch langweilig und inhaltslos."
Und jetzt? Was mach ich mit diesem Gefühl? Nun, ehrlich gesagt gar nichts. Ich habe es zumindest aufgegeben Boll Filme zu gucken und war super zufrieden, als er schließlich in Rente gegangen ist (weil ihm irgendwann wirklich niemand mehr Geld gegeben hat). Allerdings ist er zurück aus der Rente, First Shift wartet bereits und kommt hier sogar ins Kino. Also doch wieder zurück und Boll Filme sehen? Ich denke ich nehme meine Verachtung und verwandel es in etwas positives: Für manche Sachen bin ich einfach zu alt geworden. Das wars...