Was ist Film Noir? Auf die Frage gibt es keine definitive Antwort, da es keine alleinige Deutungshoheit über den Begriff gibt. Die Schwarze Serie ist ein Amalgam aus Stilmitteln, Intention, Atmosphäre, Figurentypen und Produktionsbedingungen. Um Film Noir zu verstehen, ist es unverzichtbar, die Fachliteratur darüber zur Hand zu nehmenund weit weg zu werfen. Stattdessen lieber ganz viele Filme gucken!
Lidanoir always rings twice.
10: Laura
Gönnen wir uns eine Pause von der hässlichen Welt und schwelgen in der ominösen Ästhetik Otto Premingers, der die Nachtseite des Kinos mit einer Reihe vielschichtiger Werke prägte. Passenderweise bietet seine gediegene Nocturne einen Part für Kunstsammler und -freund Vincent Price. Showstealer ist dennoch Clifton Webb als gnadenloser Kunstkritiker Waldo Lydecker: „Ich benutze keinen Stift. Ich benutze einen in Gift getauchten Federkiel.“
9: Heißes Eisen
Fritz Langs brutaler Krimi ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Schwarze Serie ohne die aus Europa ausgewanderten Kriegsflüchtlinge undenkbar wäre. In einem sarkastischen Twist muss ausgerechnet der abgebrühte Ermittler letztlich einsehen, dass er für die von Sadismus und Korruption regiert Welt um ihn herum zu naiv war.
8: Rattennest
Sam Fuller triebt Paranoia und Perversion in seinem Pulp-Juwel auf die Spitze. Das Gegenstück zum ebenfalls furiosen Pickup on South Street ist eine unerbittliche Abrechnung mit der heuchlerischen Mentalität der McCarthy-Ära und ganz nebenbei auch mit deren Männlichkeitsideal: „You're one of those self-indulgent males who thinks about nothing but his clothes, his car, himself. Bet you do push-ups every morning just to keep your belly hard.“ Autsch!
7: The Hitch-Hiker
Ida Lupinos B-Movie ist einer der härtesten Filme der Ära und in seiner psychologischen Grausamkeit bis heute erschütternd. Der Einfluss des stilistisch und dramaturgisch geschliffenen Psychothrillers zieht sich durch Neo-Noirs wie In Cold Blood bis zu modernen Shockern wie The Hitcher. Der gruseligste Fakt über die blutige Story? Sie basiert auf einer wahren Begebenheit. Also Bleifuß aufs Gaspedal drücken, wenn einer am Straßenrand den Daumen hochhält!
6: Im Zeichen des Bösen
Ein dämonischer Orson Welles, der sich in einer selbstironischen Einstellung von der Kamera Teufelshörner aufsetzen lässt, wankt durch ein verschlungenes Ungetüm von einem Film. Welles gute Freundin Marlene Dietrich sprach ohne Gage die Zeilen, die prophetisch für die Zukunft der Stilrichtung sein sollten: „You haven't got any. Your future is all used up.“
5: Gefährliche Leidenschaft
Was könnte romantischer sein als Liebe auf der Flucht? Bart und Laurie gehen zusammen ab wie Revolver und Munition. Eine der packendsten und realistischsten Adaptionen der Bonnie-und-Clyde-Story. Trotz des unvermeidlich tragischen Ausgangs erscheint die Verbrecherkarriere in der Post-Depressions-Zeit noch als die angenehmste Lebensoption.
4: Asphalt Dschungel
Der Grundstein aller Caper-Movies. Ein scheinbar perfektes Gaunerteam landet einen todsicheren Coup. Wortwörtlich: Tod-sicher. Die Sympathien sind so stark auf die Kriminellen gewichtet, dass eine Schlusspredigt dem Publikum formell versichern musste, dass die Protagonisten nicht die Guten seien. Eine junge Marilyn Monroe zeigt in einer kleinen Rolle als kindliche Geliebte, dass sie verdammt gut spielen konnte.
3: Tote schlafen fest
Das Poster sagt alles: Bogart. Bacall. Wer hier wen ermordet hat, ist bei der knisternden Leinwandchemie egal. Amüsantes Ratespiel: Finde die von den Zensur-Diktatoren des Hays Office verbotenen Themen, die dezent in den Plot geschmuggelt wurden. Pornografie, Drogen, Homosexualität, Prostitution, Degeneration ...
2: Frau ohne Gewissen
Double Talk wäre kein schlechter Titel für Billy Wilders subtil erotischen Thriller gewesen. Ein dem Tode Geweihter erzählt die Handlung. Aber was das angeht, würde der emigrierte Regisseur im pechschwarzen Sunset Boulevard noch eines drauf setzen. Wohl der beste Film der wie immer grandiosen Barbara Stanwyck.
1: Die Spur des Falken
Obwohl es keinen offiziellen ersten Film Noir gibt, gilt John Hustons Regiedebüt vielen als Startschuss. Der stilbildende Hard-Boiled-Krimi glänzt mit allen Charakteristika: Pulp-Vorlage von Dashiell Hammet, cooler Detective, eiskalte Famme Fatale, charismatische Gangster, mysteriöser McGuffin, zynische Dialoge, Unhappy End. Dazu gibt es Humphrey Bogart, in einer Nebenrolle den Vater des Regisseurs und Elisha Cook, Jr. in einem queeren Subplot.