Das Kino ist ihre Sprache, die Kamera ihre Augen. Agnès Vardas Werk faszinieren mit seiner avantgardistischen Konzeption von Innovativität, Intuition und Wahrhaftigkeit. Mit natürlicher Leichtigkeit kombiniert die Filmemacherin und Photografin profunde Themen unvermittelt mit kritischer Ironie. Zum 90. Geburtstag der Entzünderin der Nouvelle Vague feiern wir mit einem grandiosen Special von Smooli! Als Wegweiser in ihr facettenreiches Oevre dient diese Top Ten.
Joyeux anniversaire, Agnès! wünscht Lidanoir
10: Daguerreotypen
Die wortspielerisch betitelte Doku führt in die kleinen Reiche der Menschen, die mit der Filmemacherin in einer Pariser Straße leben. Einfühlsame Persönlichkeitsbilder zeigen übersehene Charaktere und beschwören fast vergessene Geschichten. In der warmherzigen Hommage liegt die herbe Frage nach dem Wert des Individuums in der Gemeinschaft.
9: Die Geschöpfe
Science-Fiction und Psychogramm verschmelzen zu einer satirischen Studie kommerzialisierter Kreativität. Die wilde Mischung von Themen und Motiven forciert die Atmosphäre unzuverlässiger Realität, die das irrationalen Geschehen zu einer pointierten Posse der Egomanie sublimiert.
8: Glück aus dem Blickwinkel des Mannes
Glücklichsein - als soziales Konzept, intellektuelles Ideal und persönlichen Zustand - ist das fragile Zentrum der demaskierenden Betrachtung von (Selbst)Betrug, Egomanie und masochistischer Abhängigkeit, etabliert und protektioniert von patriarchalischer Doppelmoral.
7: Die eine singt, die andere nicht
Mit der authentischen Studie einer Frauenfreundschaft schuf die Regisseurin ein Schlüsselwerk der französischen Frauenbewegung. Die Kämpfe und Kompromisse der Protagonistinnen auf dem Weg zur Selbstbestimmtheit verbinden eine mitreißende Story mit einer zeitlosen Botschaft von toleranter Individualität.
6: Augenblicke: Gesichter einer Reise
Ein Gegensatzpaar mit zahlreichen Gemeinsamkeiten streift durch die Landschaft, die nach dem Besuch der kuriosen Gestalten ein neues Gesicht hat. Ob für kurz oder lang, entscheiden Witterung und Gezeiten. Ein kurzweiliger Rapport über (Un)Vergänglichkeit, voller Humor, Melancholie und feiner Überraschungen.
5: Die Strände von Agnès
Eine essayistische Suche nach den persönlichen Spuren der Regisseurin, die mit unbefangenem Charme und selbstrefelxivem Witz an prägenden Stationen ihres Lebens zurückkehrt. Eine assoziativ montierte Collage, frei von süßlicher Nostalgie, dafür sprühend vor Abenteuerlust. Zum Glück nicht Vardas letzter Film!
4: La Pointe-Courte
Vardas Spielfilmdebüt besticht gleichermaßen durch seine visuelle und narrative Poesie, getragen von ungekannter Lebensechtheit und visionärer Klarheit. Die Entfremdung und Neufindung eines Paares wird zur universellen Metapher für widersprüchliches Verlangen nach Autarkie, Nähe, Unbekanntem und Vertrautheit.
3: Cléo – Mittwoch zwischen 5 und 7
"Ich bin glücklich" - Eine scheinbar profane Bemerkung ist am Schlusspunkt der elliptischen Tagestour unvermittelt eine mutige, wundervolle, gleichsam herzzerreißende Philosophie, mitten aus dem Leben der jungen Titelfigur gerissen: Der Augenblick ist jetzt! Morgen kann warten.
2: Die Sammler und die Sammlerin
Millets titelgebendes Gemälde verweist auf die umfangreiche Historie der Nachlese, deren moderne Variationen im Zentrum der vielschichtigen Meditation über ein Konsum- und Klassensystem, das rigoroser Normierung unterliegt. Abweichendes wird aussortiert, ob Lebensmittel oder Lebensentwürfe.
1: Vogelfrei
Das unsentimentale Porträt einer jungen Aussteigerin konfrontiert mit einer schroffen Unbekannten, die mit dem Regelwerk der Gesellschaft radikal gebrochen hat. Doch in den nüchternen Episoden nagen existenzialistische Fragen: Wer kennt uns wirklich? Wie viel Freiheit wollen wir und können wir ertragen? Hat unsere Existenz Sinn oder Ziel?