Moviebreak traf Hauptdarsteller Johnny Knoxville und Jeff Tremaine (Regie, Drehbuch und Produktion), um mit ihnen ausführlich über ihren neuen Film "Jackass: Bad Grandpa" zu plaudern.
Schon bei der Begrüßung fällt die Armschiene an Johnny Knoxvilles rechtem Arm auf.
Q: Was ist mit deiner Hand passiert?
Johnny Knoxville: Ich war total high auf Ecstasy auf einer Verbindungsparty. Wir haben Promo für den Film für MTV gemacht und ich war als Irving verkleidet, es wurde viel Bier getrunken und nach ca. 30 Minuten des Films hat mein Herz wie verrückt angefangen zu schlagen. Da wurde mir klar und ich erinnerte mich: Das muss wohl Ecstasy sein. Ich hatte das mal in meinen 20ern genommen und dachte zuerst, das wird jetzt sicher Spaß machen, aber es wurde richtig beschissen. Ich bin wohl am Netz zum Basketballkorb hochgeklettert und dabei ist etwas kaputt gegangen, ich muss das (zeigt die Schiene) jetzt für 6 Wochen tragen.
Q: An so etwas hast du dich doch schon gewöhnt, oder?
JK: Ja.
Q: Ich denke es ist auch bei weitem nicht deine schlimmste Verletzung.
JK: Du willst also über meinen Penis sprechen? Ich habe mir den Penis gebrochen. Ich habe schon viele Frakturen, Quetschungen und dergleichen gehabt, aber psychologisch war das richtig schlimm, weil ich einen Katheter für einige Wochen tragen musste und dreieinhalb Jahre lang hatte ich eine Röhre, so groß wie ein Stift, die ich mir zweimal am Tag in den Penis stecken musste. Das war echt blöd.
Q: Wie ist das passiert?
JK: Ich habe einen Backflip mit einem Motorrad probiert und habe das Bike beim Absprung losgelassen, es ist 20 Fuß nach oben geflogen, ich bin auf dem Rücken gelandet und dann ist der Lenker in meinem Schritt gelandet.
Q: Angst ist dir wohl völlig fremd oder gibt es noch etwas wovor du Angst hast?
JK: Natürlich. Ich habe immer Angst bei solchen Aktionen. Ich bin vielleicht nicht der Klügste, aber ich bin schlau genug Angst zu haben. Ich tue nur nie so, als ob ich Angst hätte. Manchmal gehe ich natürlich mutiger an die Dinge ran, als ich eigentlich sein sollte (lacht).
Jeff Tremaine: Ich denke du sprichst von Nummer zwei (Jackass: Number Two).
JK: Da gibt es Stellen wo einzelne Körperteile von mir Widerstand leisten. Die Darstellerseite in mir sagt: ‚Ich will das nicht machen!‘ Die Produzentenseite in mir sagt: ‚Wir brauchen das Material!‘ Da gibt es immer diesen Kampf.
Q: Wie sieht es mit dem Lachen aus, findest du es nicht schwierig während den Dreharbeiten nicht zu lachen?
JK: Während den Streichen nicht. Ich habe während meinen ersten Versuchen gekichert, dann kann man mit dem Gedrehten aber nichts mehr anfangen und es gibt so viele Dinge die schiefgehen können. Ich will da einfach gewisse Dinge schaffen und bin deswegen ernster. Wenn wir dann das Material sichten, da lachen wir uns auch kaputt. Obwohl er (Jeff) hat die Kamera, er lacht sich ständig kaputt.
JT: Ich lache immer, wenn sie diese Scheiße durchziehen. Er darf es nicht, aber ich kann es mir erlauben. Ich bin immer im Hinterzimmer oder versteckt in einem Auto und habe alles im Auge. Es gab eine Szene, da sollte Jackson (Jackson Nicoll) als Mädchen verkleidet zu einem Schönheitswettbewerb, das war echt schockierend als ich gesehen habe, dass alle noch geglaubt haben, dass das wirklich passiert. Ich habe mich vor Lachen fast übergeben!
Q: Wie habt ihr Jackson gefunden?
JK: Moment! Wir können kein holländisches Bier in Deutschland trinken (zeigt entsetzt auf sein Heineken)! Ich dachte ihr macht bestimmt gleich Stress, wenn ich z.B. ein Bier aus einer anderen Region trinke.
JT: Mir ist das egal.
Johnny Knoxville steht auf und geht zur Tür
Q: Gehst du jetzt nach einem deutschen Bier fragen?
JT: Also, wie haben wir Jackson gefunden…Knoxville hat mit ihm zusammen in einem Film mitgespielt, „Fun Size“, und ich erinnere mich noch an den Tag als er von den Dreharbeiten zurückkam: ‚Ich habe gerade das perfekte Kind gefunden, wir müssen unbedingt etwas mit ihm machen.‘ Ich erinnere mich echt genau. Wir hatten damals noch nicht mal die Idee hierfür.
JK: Also wir hatten schon die Idee, haben aber nicht wirklich daran gearbeitet.
JT: Stimmt, wir wussten nicht, dass er (Jackson Nicoll) das Kind werden würde.
JK: Wir dachten, er ist perfekt für Jackass oder etwas ähnliches, weil er furchtlos und intelligent ist. Er ist außerdem entwaffnend süß.
JT: und gemein, was ihn quasi wieder bewaffnend (lacht).
JK: Mein Bein ist auch noch grün und blau, weil ich heute mit ihm Interviews gemacht habe.
Q: Ist es anderes als sonst mit einem Kind am Set?
Deutsches Bier wird gebracht, Knoxville bedankt sich
JT: Wir mussten natürlich vorsichtig sein und auf ihn aufpassen. Ich musste ihn auch ermahnen in seiner kindlichen Rolle zu bleiben. Oft ist er beim Drehen auf die Leute zugelaufen und hat noch schnell in sein Mikrofon gesagt: ‚Jeff, fick dich!‘ (lacht) Damit mussten wir arbeiten. Aber es gab eine Menge Beschränkungen, wir wollten ihn auch beschützen und nicht irgendwelchen physischen Gefahren aussetzen, aber Jackson mischt das Ganze gerne auf und er mag es verrückt.
JK: Irving ist ein schmutziger alter Mann, er sieht sich selbst als Weiberheld, aber wir durften nicht zu explizit vor dem Kleinen reden. Wir haben uns ein ganzes Wörterbuch an jugendfreien Formulierungen ausgedacht, die das alles eher umschreiben. Das war so kryptisch, wir wussten am Ende selbst nicht genau, was das alles bedeuten soll, also war es für Kinder wohl ok.
Q: Rechtlich darf er den fertigen Film doch gar nicht sehen, oder?
JK: Mit einem Elternteil schon, denke ich.
JT: Ich bin mir nicht sicher.
JK: Man muss 17 Jahre alt sein oder mit einem Elternteil reingehen.
JT: Wir hatten einige Einschränkungen.
JK: Auch auf die Arbeitsstunden bezogen. Im Nachhinein war es echt dumm einen kompletten Streiche-Film mit einem Kind zu machen.
JT: Und dann auch noch du mit deinem Makeup…
JK: Ja, man weiß halt nicht was dann noch spontan in der Öffentlichkeit passiert. Aber ich bin so froh, dass wir diesen Film gemacht haben, weil es besser geworden ist, als ich mir erträumt hatte. Gott sei Dank haben wir an viele Dinge vorher nicht gedacht, wir waren immer optimistisch.
JT: Es war echt eine komische Idee, wir hatten das Kind und die damit verbundenen Restriktionen, dann musste er (Johnny) jeden Tag vier Stunden lang sein Makeup bekommen.
JK: Vier Stunden waren es zum Glück nur am Anfang, später haben wir das in drei Stunden hinbekommen. Das war trotzdem ein großer Teil des Tages.
JT: Dann mussten wir ihn auch noch dahin transportieren, wo wir eben gerade drehen wollten. Also jeden Tag immer zuerst das Makeup, dann die Fahrt zum Drehort und dann war es auch noch mit versteckter Kamera. Da musste er sich immer in den richtigen Bereichen bewegen, eben dort wo wir vorher die Kameras platziert hatten.
JK: Bei den ersten Drehtagen hat das nicht gut funktioniert. Da war ich fast die ganze Zeit sauer, wir waren zu planlos. Beim zweiten Trip waren wir aber viel effizienter, weil wir uns als Team Gedanken gemacht haben, was wir ändern können. Der Anfang war aber echt übel, wir haben zum Glück trotzdem gutes Material daraus bekommen.
Q: Kannst du uns noch ein bisschen was über Irving erzählen? Du scheinst recht angetan von ihm als Charakter zu sein.
JK: Wir haben das schon bei der TV-Show gemacht. Spike (Spike Jonze) hat das bereits bei einem seiner Videos gemacht, es war sein Vorschlag und wir waren begeistert es auszuprobieren. Am Anfang konnte ich noch einfach so in der Öffentlichkeit meine Scherze machen, aber als es mit der TV-Show weiterging war das erst einmal nicht mehr möglich, weil ich erkannt wurde. Als Irving konnte ich aber wieder raus auf die Straße. Als alter Mann kommt man außerdem sogar mit Mord durch. Also wirklich, in Charlotte haben mir vier Leute geholfen eine Leiche zu beseitigen. Zwei haben eine Grube im Garten ausgehoben, ich habe zuerst gesagt es wäre für einen Baum, dann haben sie mir geholfen die Leiche herauszutragen und sie in die Grube geworfen. Zwei andere haben uns geholfen sie in den Kofferraum zu legen. Zu diesem Zeitpunkt in Charlotte wussten wir schon, dass wir die fake-Leiche eventuell mitnehmen müssten, aber wir dachten uns, wenn wir tolles Material vom Vergraben der Leiche bekommen, dann können wir sie auch dort lassen.
Q: Die Szene aus dem Garten ist nicht im Film, wird sie auf der DVD zu sehen sein?
JK: Einer der beiden helfenden Typen hat nicht unterschrieben.
JT: Der andere schon.
JK: Der war auch total nüchtern und hat sich gar nicht groß aufgeregt.
JT: Das wird auf der DVD sein, das passt schon.
JK: Es ist interessant, dass es sogar legal ist. Man darf eine Leiche im Garten vergraben, wenn die Todesursache natürlich ist. Es ist trotzdem zwielichtig, also wenn mich jemand fragen würde…
Q: In Deutschland darf man nicht einmal seinen Hund im Garten begraben.
JK: Wirklich? In meinem Zuhause in Tennessee hatten wir den ganzen Garten voll mit toten Hunden und dann noch ein Pony (lacht).
Q: Du hast ein Pony im Garten begraben?
JK: Nicht persönlich. Es hieß Bo Diddley und ist 38 Jahre alt geworden.
Q: Wurdest du eigentlich mal während der Dreharbeiten erkannt?
JK: Nein. Manchmal wurde Irving erkannt. Wir haben aber aufgepasst und wenn wir in einem Lokal oder so gedreht haben hatten wir immer die Erlaubnis des Betreibers, aber die Mitarbeiter wussten nichts, die hätten das sonst versaut. Wir haben immer abgeklärt, was da für Leute normalerweise vorbeikommen.
JT: Wenn da ein Typ mit einem Skateboard kam, haben wir nichts versucht, weil solche Leute uns vielleicht erkannt hätten. Wir haben versucht darauf zu achten, wer uns zu sehen bekommt und verarscht wird. Wir wollten nichts vor Jackass-Fans machen, die hätten vermutlich sogar seine Stimme erkannt.
Q: Wenn ihr im Film mit dem Auto die Bikes von der Motorrad-Gang über den Haufen fahrt, ich meine, habt ihr das wirklich gemacht?
JK: Das mit den „Guardians of the children“ war echt verrückt. Wir haben fast den Schauspieler verloren, der Chuck spielt. Man kann jedenfalls nicht fremde Motorräder umfahren. Wir haben einfach selbst welche vor der Kneipe abgestellt. Als wir die umgefahren haben, haben die Biker gedacht es wären welche von ihnen gewesen.
JT: Die waren zu dem Zeitpunkt auch noch alle drinnen und waren sich also nicht sicher was passiert. Sie dachten sicher es wären die Bikes ihrer Freunde oder so. Wir haben die Bikes bevor die Biker gekommen sind platziert und dann später umgefahren. Die wussten echt nicht wie ihnen geschieht.
Q: Ist jemand richtig sauer geworden, weil er verarscht wurde?
JK: Ja!
JT: Die zwei Frauen aus dem Minimarkt wo Irving Zeug klaut waren richtig sauer, die haben beide danach gekündigt. Zum Glück wusste der Besitzer Bescheid.
JK: Eine hat für ihren Onkel gearbeitet. Sie hat ihm trotzdem gesagt, dass er sich verpissen kann.
JT: Da war auch noch ein Vater beim Schönheitswettbewerb…
JK: Der ist immer noch sauer!
JT: …der war in einer unfassbar lustigen Szene, aber das wird es nie zu sehen geben, weil er nicht im Film sein will.
JK: Der hasst uns wirklich!
Q: Hattet ihr manchmal Mitleid mit den Leuten?
JK: Ich bin nie so auf die Leute losgegangen, so dass es mir am Ende leidtun müsste. Wir waren nicht richtig gemein.
JT: Wir haben verrückte Dinge vor Leuten getan, aber nicht mit ihnen. Wir haben lediglich erwartet, dass sie sich normal verhalten.
JK: Sie konnten sauer werden oder verwirrt reagieren oder so. Manchmal habe ich mir echt Sorgen gemacht, wie bei der Frau beim Hausrat-Verkauf. Ich dachte, die bekommt eine Herzattacke. Jeff hat mir immer ins Ohr geflüstert, dass ich sie beruhigen soll. Das habe ich dann auch gemacht. Bei der Beerdigungs-Szene haben wir uns am meisten Sorgen gemacht. Wie werden die das wohl aufnehmen? Wir haben die Szene zweimal gedreht, tolle Reaktionen bekommen und wir wollten es eigentlich noch ein drittes Mal machen, aber das war unnötig und wir wollten es den Leuten ersparen. Da habe ich mir wirklich gedacht, wie werden es die Leute bloß aufnehmen, weil sie gerade etwas echt Schreckliches gesehen haben. Sie waren aber so erleichtert, dass das alles nicht real war, so dass sie alles unterschrieben haben.
Q: Jetzt wo ihr in Berlin seid, was sind eure Pläne, was wollt ihr euch anschauen?
JK: Ich werde so viele Berliner-Biere wie möglich trinken und wir haben noch eine Vorführung heute Abend. Ich liebe die Stadt, freue mich hier zu sein und nach dem ganzen Bier kann ich echt nicht sagen, was passieren wird.
Q: Danke für das Interview.
JK & JT: Nichts zu danken.
Beim Rausgehen fällt Johnny Knoxville erst der Tiefschutz auf, den ich während des Interviews getragen habe. Lachend schüttelt er mir die Hand und wünscht mir alles Gute.
"Jackass: Bad Grandpa" - Ab dem 24.10. im Kino.