Wer liebt hier wen?
William Shakespeare steckt in einer schweren Schaffenskrise, doch aus der rettet ihn die Liebe zu einem jungen Schauspieler, eben jenem geheimnisvollen Mann, dem er seine berühmten Sonette widmet. Aber Moment! Dass ein Mann, noch dazu Englands berühmtester Barde, einen anderen liebt und diese Gefühle obendrein in seitenweise Liebesversen und Bühnenstücken voller queerer Rollenwechsel und Romanzen verewiget, das kann ja gar nicht sein! Darum haben John Madden und Harvey Weinstein das für die Nachwelt korrigiert. Der junge Mann ist eine hübsche Dame in Verkleidung, die sie natürlich nur anlegt, um ihrem lieben Produzenten und Regisseur eine Muse zu sein. Eine Sekunde denkt sie, ihr Liebster sei tot, aber zum Glück war das nur ein anderer Dichter, nämlich John Marlowe und der war wirklich (also wirklich wirklich, sogar im Kino) schwul. Also alles gut und nicht weiter schlimm. All problems straightened out und der Literaturkanon wurde entschwulisiert.
Warum Lida Shakespeare in Love empfiehlt:
Ganz ehrlich? Weil er vorführt, welche fast schon aberwitzige Art von Queerparanoia in den 90ern und Zeros nicht nur normal war, sondern bejubelt und honoriert wurde. Die ganzen Oscars, die auf diese bizarre "Berichtigung" einer nicht genehmen Beziehung und indirekt die groteske Gendernormierung von Shakespeares genderqueeren Stücken regneten, gingen tatsächlich an die Heterosexualität. Immer mal wieder gibt es Unkenrufe, dass dieser oder jener Preis nur an eine Person oder ein Werk ginge, um eine bestimmte Gruppe zu repräsentieren oder Toleranz zu demonstrieren. Aber es kann auf Filme mit konservativen Botschaften buchstäblich Gold regnen, ohne dass es jemandem aufstößt. Wie zum Beweis dafür gab es einige Jahre später den nächsten Shakespeare-Film, der die durchaus prominente These propagierte, Shakespeares Werke wären von einem Adeligen verfasst worden, da ein Mensch aus wenig begüterten Verhältnissen niemals solche brillanten Stücke hätte verfassen können.
Wertung:
Funfaktor:😹😹😹 3/5
Die Vorstellung, dass Zuschauende das romantisch fanden oder gar feministisch ist schon amüsant. Noch lustiger der Gedanke, dass viele tatsächlich glauben, dass dies die einzig plausible Erkältung für Shakespeares Sonette sei. Da freu ich mich doch gleich auf Filme wie "Oscar Wilde: Womanizer" und "The Many Men of Gertrud Stein".
HerzSchmerz-Ometer: 💔💔💔 💔💔 5/5
Ein ehemaliger Kollege kommentierte eine bestimmte Art straighter Filme immer mit dem Spruch "Heterosexualität kann so weh tun". Das ist die Art Film, nach der man weiß, warum es "straight to hell" heißt und nicht "queer to hell". Und darum gilt Shakespeare in Love hurts.
Da-bleibe-ich-lieber-Single-Rating: 🥴🥴🥴🥴🥴 5/5
Sogar Gwyneth Paltrows Viola bleibt solo und Queen Elizabeth war es die ganze Zeit. Das Leben ist doch kein Kochgeschirr-Set, wo jeder Topf einen Deckel braucht. Und falls doch, dann seid einfach die Kasserolle. Oder die Bratpfanne.