Die Erwartungshaltung war enorm: Nachdem das Bond-Franchise mit dem katastrophalen "Die Another Day" seinen Tiefpunkt erreichte und einige Jahre später mit "Casino Royale" triumphal wiederbelebt wurde, lastete viel Druck auf den Schultern von "Quantum of Solace", dem ersten Film der ganzen Reihe, der eine direkte Fortsetzung zu seinem Vorgänger darstellt. Und was hat er nicht alles an Dresche einstecken müssen, an wie vielen Erwartungen ist er nicht zersplittert, dieser vielleicht beste aller Bond-Filme. Ja, dieser zweite Craig-Bond ist tatsächlich sträflichst unterschätzt, von einem Publikum, das trotz aller Modernisierungsmaßnahmen anscheinend immer noch nicht bereit war (und ist), sich vom Charmeur und Frauenhelden James Bond zu lösen. "Quantum of Solace" ist die bisher radikalste Auslegung des Mythos 007 und bestätigt einmal mehr das Paradoxon der Reihe: Bond ist immer dann (am) interessant(esten), wenn er am wenigsten Bond ist. Oder zumindest am wenigstens der Bond ist, zu dem ihn die Zeit- und damit Filmgeschichte gemacht hat. Die Gadgets, die Gags und den Galgenhumor (und damit die komplette Roger-Moore-Ära) in allen Ehren, aber wer immer noch nicht bereit ist, die Vergangenheit ruhen zu lassen, dem soll auch kein befriedigender neuer Film vergönnt sein. Daniel Craig verankert sich endgültig an der Spitze aller Bond-Darsteller und liefert eine nicht gänzlich humorlose, aber vor allem ungeheuer biestige Performance ab. Sein 007 wütet unaufhaltsam durch den Film: blutend, mordend, nach Rache gierend. Ein zynischer Killer, mit einem Herz so kalt wie seine eisblauen Augen, und einer Seele so schwarz wie seine maßgeschneiderten Anzüge. Und damit ein Gemütszustand so finster und aufgewühlt, dass er den hektisch geschnittenen Actionszenen tatsächlich so etwas wie Ausdruck verleiht. Sowieso wurden Schnitt und Kamera zu Unrecht so viel gescholten; erinnern die satten, unkonzentrierten Bilder doch mehr als einmal an den visuellen Stil eines Michael Mann. Vor allem aber ist "Quantum of Solace" die perfekte Weiterführung von "Casino Royale", ein in Form und Stil gänzlich anderer Film, der dessen Geschichte aber logisch und konsequent erweitert - schneller und weniger komplex, ja, in seinen leisen Momenten aber auch nicht weniger nachdenklich. Ein grimmiger Bastard, ein wütender Schlag ins Gesicht, ein Film mit Schaum vorm Mund.
von Nikolas Friedrich