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Millionen kennen ihre Stimmen, aber niemand ihre Namen: Im Oscar®-prämierten Film "20 Feet From Stardom" von Morgan Neville stehen Backgroundsängerinnen wie Lisa Fischer, Merry Clayton, Darlene Love, Tata Vega oder Judith Hill im Rampenlicht und erzählen von ihren Träumen und was es heißt, ein Leben mit Superstars zu verbringen. Bruce Springsteen, Stevie Wonder, Mick Jagger, Sting und zahlreiche weitere Legenden der Musikgeschichte offenbaren in intimen Interviews ihre Sicht auf die Welt des Showbusiness. Sie sitzen in diesem Film auf der Rückbank und räumen die Bühne für die faszinierenden Lebensgeschichten ihrer Backgroundsängerinnen. Weitere Highlights des Films sind rares, spektakuläres Archivmaterial und natürlich ein unvergleichlich mitreißender Soundrack.
Kritik
Wenn bei der Oscar-Verleihung eine Dokumentation die begehrenswerte Trophäe erhält, haben wir in den seltensten Fälle zuvor etwas von ihr gehört. So geschehen auch 2014: Die Musik-Doku „20 Feet from Stardom“ - genauer: Regisseur Morgan Neville - wird mit dem Academy Award ausgezeichnet. Ein Zeugnis, von dem wir uns nun auch zu Hause ein Bild machen können.
Dokumentationen leben von ihrer Grundlage und von ihrer Glaubwürdigkeit. Ein Beispiel: Michael Moore inszeniert herrliche Abbilder der US-amerikanischen Gesellschaft, die wir auf der ein oder anderen Ebene in unser Verständnis vom Leben im Großstaat USA einbauen. Er vermag es, geschickt die richtigen Bilder aneinanderzureihen, um die bösen Buben auch böse dastehen zu lassen. Dennoch verweist Moore nur auf eine Kehrseite der Medaille, ohne andere Personen zu Wort kommen zu lassen. Eine 100-prozentige Glaubwürdigkeit können wir Moore somit nicht unterstellen. „20 Feet from Stardom“ verhält sich da anders.
Gleich die ersten Wörter sorgen dafür, dass der Film über jeden Zweifel erhaben ist: Die Musiklegende Bruce Springsteen rückt in den Bildfokus und stimmt mit seinen Worten auf das Thema des Films ein - die Background-Sängerinnen. Und nicht nur Springsteen kommt zu Wort: Auch Musikschaffende wie Bette Midler, Mick Jagger, Stevie Wonder, Sheryl Crow und Sting wurden von Regisseur Morgan Neville interviewt. Sie alle verschaffen dem Film nicht nur eine beeindruckende Stellung als Musik-Doku an sich, sondern geben dem Thema des Films auch eine enorme Wichtigkeit.
Und so kommen natürlich auch einige Koryphäen von Background-Sängerinnen zu Wort, die über ihr Business, über ihre Karriere und ihre Musik sprechen. „20 Feet from Stardom“ engt die Damen dabei nicht mit Fragenkatalogen ein, sondern lässt ihnen einen enormen Raum: Und so begleitet die Kamera die Sängerinnen, wie z.B. Darlene Love und Táta Vega, auf ihren Wegen. Dabei ist „20 Feet from Stardom“ keine Dokumentation über das glorreiche Leben im Musik-Business. Nein, vielmehr porträtiert der Film ein Auf und Ab, zeigte Erfolge, aber ebenso klar auch die Misserfolge und verpasst es nicht, eine gewisse Emotionalität zum Zuschauer aufzubauen.
Wenn die Rede vom nie ausgelebten Traum ist, von der Angst zu scheitern und doch vom plötzlichen Erfolg, dabei Tränen laufen und Mimik und Gestik der Befragten im Fokus stehen, dann nimmt das mit, dann sorgt das für Gänsehaut, dann nimmt man den Sängerinnen jedes Wort ab. Mit einer beeindruckenden Leidenschaft zelebrieren die Damen ihre Lebensaufgabe: das Singen. Spontane Improvisationen sind dabei nicht ausgeschlossen. Und auch der Rest des Soundtracks stimmt: Mit den passenden Liedern zeigt Regisseur Morgan Neville, um wen es sich im Bild gerade handelt und woher wir die Sängerin zumindest stimmlich kennen und sorgt damit des Öfteren für Aha-Effekte. Musik hört man dann, mit ganz anderen… Ohren.
Fazit
„20 Feet from Stardom“ ist eine beeindruckende Dokumentation über das Business im zweiten Rampenlicht: Begleitsängerinnen, die ihren Job lieben, um ihre Karriere kämpfen, ihren Erfolg zelebrieren und über ihren Misserfolg weinen. Damit schafft Regisseur Morgan Neville ein bewegendes Geschichtsstück, das nicht nur jeder Musikliebhaber einmal gesehen haben sollte. Wer Springsteen, Sting und die Rolling Stones hört, kann um „20 Feet from Stardom“ keinen Bogen machen.
Autor: Philipp Schleinig