Inhalt
Eine Gruppe von maskierten Klimaaktivist*innen greift Holzfäller an, die tief im Wald arbeiten. Kurz überwältigt die Jugend das Kapital, doch der Staat schlägt unweigerlich zurück. Eine Aktivistin kann entkommen. Sie trägt eine Angela-Merkel-Maske und wird von der Polizei durch den Wald gejagt, bis sie eine steile Schlucht hinunterstürzt und in einem Brombeerdickicht landet, wo sie bewusstlos liegen bleibt. Die Realität, in der Merkel wieder aufwacht, ist zugleich fremder und konkreter, als wäre sie in eine Parallelwelt geraten.
Kritik
Mit seinen vorherigen beiden Spielfilmen teilt Omer Fasts (Remainder) jüngstes Werk nicht nur den Einwort-Titel, sondern auch die selbstgenügsame Symbolik. Die ist auch in der pop-psychologischen Parabel wichtiger als die nur in Ansätzen vorhandene Handlung und maskenhaften Charaktere. Zweites ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn Masken wie sie die Protagonistin „Angela“ (Stephanie Amarell, Abgeschnitten) als Kanzlerinnen-Konterfei auf dem Poster trägt, sind zentrales Element der Inszenierung. Deren handwerkliche Schlichtheit steht im Kontrast zur experimentellen Exaltiertheit der surrealen Story.
Jene beginnt im Wald mit einer Aktion gegen die Abholzung eines Baumes, den die Forstarbeiter wegen Schädlingsbefall fällen wollen. Wer im Recht ist, die sich vergeblich um einen Dialog bemühenden Arbeiter oder die siegreichen Demonstranten, könnte kaum gleichgültiger sein. Der plakativen Parabel geht es nicht um aktivistische Ambivalenz oder politische Polarisierung, sondern einen maximalen Interpretationsspielraum. Das gilt für jede der folgenden Szenen um Angela, die auf der Flucht vor der anrückenden Polizei die Orientierung verliert.
Verwundet trifft sie erst auf den animalisch agierenden „Aladin“ (Amon Wendel, Henri 4), der ebenfalls ständig eine Maske trägt. So auch die Mitglieder einer Aussteiger-Kommune, die Angela erst freundlich aufnimmt. Doch die utilitaristische Utopie entpuppt sich wenig überraschend schnell als repressiver Radikalismus. Der gemeinschaftliche Gegenentwurf zum imperialistischen Individualismus ist der totale Selbstverlust bis zur buchstäblichen Austauschbarkeit der eigenen Persönlichkeit. Dieses in seinem Absolutismus regelrecht infantile Ideologie-Verständnis ist ebenso entnervend wie der prätentiöse Paternalismus der wichtigtuerischen Waldwanderung.
Fazit
Auch in seinem dritten Spielfilm verliert sich Omer Fast in symbollastiger Stagnation. Das pseudophilosophische Plot-Gerüst genügt bestenfalls für einen Kurzfilm, aber versandet hoffnungslos in der aufgedunsenen Allegorie. Die zitiert teils metaphorisch, teils buchstäblich in vortragshaften Mono- und Dialogen überalterte Konfliktthemen und politische Phrasen, irgendetwas davon überzeugend auszuarbeiten. Kulissen, Kostüme und Körpersprache des jungen Ensembles wirken so bemüht, belehrend und belanglos wie Laientheater an der Waldorfschule. Dazu passt auch die krude Message zwischen privilegiertem Protest und Kollektiv-Kult.
Autor: Lida Bach