Inhalt
Der Erste Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Zwei Armeeärzte und Freunde aus Kindertagen arbeiten im selben Militärkrankenhaus, in dem täglich Schwerverletzte von der Front eingeliefert werden. Viele von ihnen haben jedoch selbst zugefügte Wunden – Betrüger, die alles tun würden, um nicht auf das Schlachtfeld zurückzukehren.
Kritik
„Zermürbt von Defätismus, erniedrigt von der Politik, ignoriert bei den Italienern, denen dieser Krieg nicht gleichgültiger sein könnte. Gibt es irgendjemanden, der sie willkommen heißt?“, sinniert der greise Vater Stefanos (Gabriel Montesi, El Paraiso), eines der beiden Hauptcharaktere Gianni Amelios (Il signore delle formiche) wuchtigen Weltkriegsdramas im ersten zahlreicher Dialog-Vorträge, die nicht dem Gegenüber gelten, sondern dem Publikum. Dem präsentiert der zu den Dauergästen der Biennale zählende Regisseur ein Hochglanz-Historienstück, das sich nicht nur in der Eröffnungsszene an gelobten Genregenossen orientiert.
Nicht nur dieses kommerzielle Kalkül untergräbt den moralistischen Duktus, der wiederum die Spannung und psychologische Dynamik ausbremst. Das mit sterilen Stereotypen bevölkerte Kompendium narrativer Genre-Generika gibt sich als konstruktive Kritik an inhumaner Ideologie, belehrt die Zuschauenden aber selbst mittels lebensferner Lektions-Dialoge. Dieser pädagogische Paternalismus passt zu dem überkonstruierten Geschehen vor einem ungleich originellen Handlungshintergrund. Jenes titelgebende Schachtfeld ist nicht die Front, sondern das Krankenhaus, in dem Stefano und sein Kindheitsfreund Giulio (Alessandro Borghi, Supersex) arbeiten.
Die pathologischen Fixierungen der zu tragischen Helden stilisierten Gegenpole wirken ebenso vorhersehbar wie die sich anbahnende Dreiecksbeziehung zu beider ehemaliger Kommilitonin Anna (Federica Rosellini, Il Legame), die als Rot-Kreuz-Schwester arbeitet, weil ihr das sexistische System das Doktor-Diplom verwehrt. Das marginalisierte Momentum ist indes die Kollision zweier ursächlich verschiedener, doch in der Auswirkung grausam ähnlicher Katastrophen: der Weltkrieg und die Influenza-Pandemie von 1918-1920. Die komplexe Korrelation der Ereignisse dient der glatten Inszenierung jedoch lediglich als morbider Zeitkolorit prätentiöser Populär-Historie.
Fazit
Gerahmt in die arrivierte Ästhetik des gediegenen Geschichtsdramas zeichnet Gianni Amelios ein psycho-pathologisches Panorama der letzten Kriegsjahre, als militaristische Menschenverachtung direkt in pandemische Paranoia überging. Die künstlichen Kulissen, pflichtschuldige Verweise auf die menschenverachtende Kriegsmaschinerie und die formelhafte Figuren-Konstellation geben der Mischung aus Kriegsdrama und Krankenhaus-Soap den Anschein einer gestauchten Mini-Serie. Deren solide Schauwerte und patentes Ensemble genügen für konformes Kostümkino, das seine motivischen Möglichkeiten genauso ignoriert wie die soziologischen und politischen Parallelen zur jüngsten Vergangenheit.
Autor: Lida Bach