Inhalt
Bogancloch ist das Zuhause von Jake Williams, eingebettet in einem riesigen Hochlandwald Schottlands. Der Film schildert sein Leben im Laufe der Jahreszeiten, wahrend derer nur gelegentlich andere Menschen in seine einsame Welt durchdringen. Die Aufzeichnung eines sich kaum verändernden Leben in einer sich immer schneller verändernden Welt.
Kritik
Eine Krähe landet draußen vor dem Fenster. Die Blätter des dichten Waldes rauschen im Wind. Schneeflocken fallen Lagos auf ein einzelnes Haus in der schottischen Einöde. Der Ort, der Ben Rivers (Trees Down Here) ebenso sehr zum Protagonisten seines enigmatischen Essays macht wie seinen menschlichen Bewohner, ist so winzig und entlegen, dass er sich kaum auf der Landkarte finden lässt. Doch bereits der danach gewählte Titel impliziert seine essenzielle Bedeutung für die semi-dokumentarische Studie und den schweigsamen Hauptcharakter.
Jake Williams, dessen zurückgezogenes Leben der Regisseur bereits In This Land is Mine und Two Years at Sea beobachtete, ist eine reale Figur. Aber die mit einer Bolex Kamera auf 16mm aufgenommenen Bilder, deren nahezu durchgehende Schwarz-Weiß-Optik an einen Stummfilm erinnert, verleihen dem alten Mann mit langem Bart das mystische Air eines Eremiten. Genauso erhalten das mit den Memorabilia einer bewegten Jugend gefüllte Haus und die malerische Landschaft eine Air gedankenvoller Erhabenheit durch die atmosphärischen Aufnahmen.
Jene sind die eigentliche Sprache eines Films nahezu ohne gesprochene Wort. Einmal verraten Williams astrologische Erklärungen vor einer Schulklasse, wie er den Unterhalt für seine karge, aber zufriedene Existenz verdient. Ein andermal wird eine melancholische Ballade von Tod und Vergänglichkeit von einer kleinen Gruppe, zu der auch er gehört, vollständig gesungen. Rivers nimmt sich die Zeit für diese sublimen Momente, die in der ständigen Beschleunigung jenseits der Leinwand verloren scheinen, und erinnert still an deren Wert.
Fazit
Zum dritten Mal kehrt Ben Rivers zurück zu seinem Lieblingssubjekt Jake Williams, der selbst nach drei Filmen über seinen einsiedlerischen Tagesablauf ein Mysterium bleibt. In der Art eines kinematischen Kupferstichs stützt die elegische Inszenierung sich nicht auf Narrative, sondern die kontemplative Überhöhung flüchtiger Details. Porträt und Poem verschmelzen zu einem monochromen Memento, inspiriert von Tarkovsky und Thoreau, dessen organisches Schauspiel und elegische Kamera die radikale Reduktion von Dialog und konventioneller Dramatik kaum merkbar machen.
Autor: Lida Bach