Inhalt
Die fünfzehnjährigen Zwillinge Heiko und Roman sind auf YouTube schon Stars. Nun wollen sie richtig durchstarten und ihr erstes Konzert geben. Die unscheinbare Bella ist ihr größter Fan und heimlich in Roman verliebt. Ihre aufgedonnerte Schwester Jessy dagegen liebt nur eines: Fame! Um berühmt zu werden, würde sie alles tun. Als Jessy eines Tages mitbekommt, wie berühmt DieLochis sind, schmiedet sie einen hinterlistigen Plan: Um sich von all den anderen Fame Bitches zu unterscheiden, verkleidet sie sich als braves Mauerblümchen und spielt das schüchterne Unschuldslamm - prompt verliebt sich Heiko in das so wunderbar "normale" und bescheidene Mädchen. Sehr zum Ärger von Roman, denn jetzt vernachlässigt Heiko nicht nur YouTube, sondern auch das erste große Live Konzert! Um die gewohnte Ordnung wieder herzustellen, sieht Roman nur eine Chance: Er sabotiert Heikos und Jessys Dates. Doch irgendwie wird dadurch alles nur noch schlimmer, es kommt schließlich zum Bruch zwischen den Brüdern und Jessy wähnt sich bereits am Ziel ihrer Fame-Wünsche. Doch da hat sie offenbar die Rechnung ohne ihre Schwester Bella gemacht...
Kritik
Ja, man muss sich schon zurücknehmen, um nicht im Taumel der Emotionen auf Bruder vor Luder einzudreschen. Um sich ein Stück weit abzureagieren, ist es nur von Vorteil, sich noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, dass wir es hier mit einem Film zu tun bekommen, der für ein dezidiert ausgeschriebenes Zielpublikum angefertigt wurde: Nämlich Teenager. Oder noch konkreter: Für die adoleszenten Fans von Heiko und Roman Lochmann, die nun schon seit Jahren als „DieLochis“ auf YouTube Millionen von Aufrufen einfahren, in ihren Videos über Gott und die Welt palavern, mit Liedern wie „Durchgehend online“ oder „Ich bin blank“ durch die Charts tingeln und sich nun mit Bruder vor Luder eben auch einen eigenen Kinofilm in der Vita vermerken können. Und da zeichnet sich womöglich ein Trend ab, denn im Juli des letzten Jahres ist bereits mit Kartoffelsalat – Nicht fragen! ein (Un-)Werk entstanden, welches sich über das üppiges Ensemble an YouTube-Stars vermarktet hat.
Wie eingangs schon verlauten lassen wurde, ist Bruder vor Luder nicht sonderlich gelungen. Nein, Bruder vor Luder ist ein regelrechtes Desaster. Dabei hat es an dieser Stelle auch nicht sonderlich viel damit zu tun, dass man im Prinzip nicht zu der Zuschauerschaft zählt, die von den Lochis hier eigentlich zufriedengestellt werden möchte, sondern damit, dass sich 'Kunstfertigkeit' ein Fremdwort für Bruder vor Luder darstellt. Halb-fiktional werden wir aus dem YouTube-Video-Fenster in das Leben von Roman und Heiko geschubst, die nicht mehr nur auf dem prominenten Portal Klicks und Abonnenten verbuchen wollen, sondern durch ihr erstes Konzert auch in der analogen Welt durchstarten. Wäre da doch nur nicht die hinterlistig-laszive Jessy (Milena Tscharntke, Dschungelkinder), die sich als waschechte Fame-Bitch erweist und die Zwillinge in ihren Zukunftsplänen so richtig ins Rotieren bringt. Auf welche moralischen Werte der grenzdebile Gross-Out-Rohrkrepierer hier baut, lässt sich indes dem Titel des Films exakt entnehmen.
Energieraubender Pennälerhumor steht an der Tagesordnung, während die quietschige Digitaloptik die neusten Instagram-Filter ausstellt, 'Stereotypisch' gar noch wie ein Kompliment für die hier involvierten Reißbrettvisagen erscheinen lässt und die Geduld des Ü-13-Rezipienten auf eine regelrechte Zerreißprobe gestellt wird. Sicherlich, im Kern rührt Bruder vor Luder an Themen, die dem altmodischen Teenie-Film entsprechen: Versagensangst, Eifersucht, Loyalität. Doch es fällt äußerst schwer, sich Bruder vor Luder aufrichtig anzunehmen, ja, ihm vielleicht sogar eine (selbst-)ironische Dimension zuzugestehen, wenn DieLochis auf sämtlichen Online-Dienst-Kanälen genau die Weltfremdheit verifizieren, mit der sie auch in ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm hausieren gehen. Frauen sind da eben verlogene Zimtzicken, die nur Intrigen schmieden, um ihrer Geltungssucht zu frönen, während der brüderliche Zusammenhalt (natürlich nur, um die Fanbase auszubauen) das höchste Gut in einem Welt voll fehlgeleiterter Ideale bedeutet. Tja, jeder Generation die Idole, die sie verdient.
Fazit
Dass Bruder vor Luder zielgruppenorientierte (Kommerz-)Ware ist, sollte jedem Zuschauer von vornherein klar sein: Es ist ein Film von Pubertären für Pubertierende. Und doch ist es unfassbar enervierend dabei zuzusehen, wie Roman und Heiko Lochmann sich durch die untersten Schichten des Pennälerhumor dödeln, um sich sich selbst bar jeder Menschenkenntnis innerhalb ihres weltfremdes Paralleluniversum zu profilieren. Nunja, sie sind ja noch jung...
Autor: Pascal Reis