Inhalt
Having the time of your life? Nun ja, in Minas Fall nicht ganz: Für die nerdige Teenagerin beginnt ein neues Schuljahr, und sie möchte unbedingt dazugehören – vor allem möchte sie E. D. Win beeindrucken, den gleichaltrigen Hip-Hop-Tänzer, dessen Instagram-Fanclub weitaus größer ist als sein Einfühlungsvermögen. Trotz ihrer Befangenheit ringt Mina sich zur Teilnahme an einem Tanzwettbewerb durch.
Kritik
So eingängig, optimistisch und mitreißend sein wie der titelgebende ABBA-Song will auch Aurora Gossés Kinodebüt. Doch das Musical-Märchen eines jener begüterten, behüteten Kinder-Charaktere, deren dramatisches Dilemma ist, dass sie (noch) nicht ganz oben auf dem Siegertreppchen stehen, ist tatsächlich nur genauso mainstreamig, wirklichkeitsfern und abgenutzt. Ein paar Takte davon anzuspielen genügt und man weiß, wie es weitergeht. Wenn darin Probleme überhaupt erwähnt werden, dann nur um sie umgehend zu leugnen.
Diese Banalisierung sämtlichen Konfliktstoffs beginnt mit der vermeintlichen Underdog-Rolle der 12-jährigen Heldin. Mina (mitreißend: Liv Elvira Kippersund Larsson) ist leicht übergewichtig und trägt Brille (keine Sorge: ihre Eltern können Kontaktlinsen bezahlen). Trotzdem kommt die Musterschülerin so gut an, dass der prominente neue Mitschüler E.D. Win (Viljar Knutsen Bjaadal) sie als Partnerin für einen Tanzwettbewerb auswählt, Minas bester Freund Markus (Sturla Harbitz) eifersüchtig wird und die coole Klassenkameradin sie beneidet.
Geschichten ist nicht gemacht, um sich mit der Realität auseinanderzusetzen, sondern ihr zu entfliehen. Mama und Oma (Anne Marit Jacobsen, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel), die früher selbst Profitänzerin war und ihre Enkelin mit Rat, Tat und Training im reihenhauseigenen Studio unterstützt, wollen nur das Beste für Mina. Deren Kreislauf macht schlapp, als sie auf E.D. Wins Anraten abnehmen will. Aber selbstverständlich kennt das Showbusiness kein Body Shaming! Hier zählen „Liebe, Mitgefühl“ und „Talent“.
Fazit
Aurora Gossé erster Kinospielfilm ließe sich selbst dann schwerlich als Mutmacher-Musical über ein molliges Mädchen mit Starambitionen interpretieren, wenn die euphemistische Inszenierung ihre Hauptfigur und Handlung lebensnaher angelegt wäre. Zu offenkundig lugt hinter der vorhersehbaren Sieger-Story die spielerische Verklärung von Wettbewerbsgesellschaft und Meritokratie. Der oberflächliche Beitrag der Berlinale Generation suggeriert bevorzugten Kids, sie wären benachteiligt und der Spitzenplatz, den materielle, familiäre und strukturelle Privilegien ihnen zusichern, sei ihr wohlverdienter Gewinn.
Autor: Lida Bach