Inhalt
Der Revolverheld Tom Corbett reagiert auf einen Hilferuf aus seinem Heimatort. Dort haben der Großgrundbesitzer Mr. Scott und seine Männer die Bevölkerung unterjocht und regieren mit grausamer Hand. Besonders hervor tut sich dabei Jason, der Sohn des Oberhauptes, dessen Sadismus keine Grenzen kennt. Daheim angekommen dauert es nicht lange, bis Tom und sein immer noch dort lebende Bruder Jeffrey mit der Scott-Bande aneinandergeraten.
Kritik
„Django, du bist doch sonst so vernünftig…“
Ja, so kennen wir ihn, den alten Diplomaten Django. Stets einen kühlen Kopf bewahrend und immer um den gesunden Dialog bemüht, bevor kleine Meinungsverschiedenheiten noch in echten Konflikten münden. Nachher weint noch einer. Aber sogar die Selbstbeherrschung auf zwei Beinen muss irgendwann mal einsehen, dass man nicht immer mit „Der Klügere gibt nach“, der anderen Wange hinhalten und Friede, Freude, Eierkuchen weiter kommt. Da bedarf es gelegentlich handfesterer Maßnahmen, auch wenn das ja gänzlich seinem friedliebenden, harmoniebedürftigen Naturell wiederspricht.
Ist natürlich genauso Blödsinn wie Django – Sein Gesangbuch war der Colt ein echtes Sequel zu Sergio Corbucci’s Meilenstein Django aus dem Jahr 1966. Wie fast 50 (!!!) andere Western zwischen 1966 und 1973 wurden der Titel und meist auch die Hauptfigur in der Synchronisation für den deutschen Markt mit dem markanten Namen des legendären Vollstreckers versehen, um daraus Kapital zu schlagen. Lediglich der über 20 Jahre später gedrehte Djangos Rückkehr ist eine echte Fortsetzung. Das vorliegende Werk ist sogar das einzige, das zwar im selben Jahr, tatsächlich aber schon vor dem wahren Django (in Italien) veröffentlicht wurde und dem rückwirkend diese sonderbare Ehre zuteilwurde. Immerhin spielt hier wenigstens auch Franco Nero (Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert) die Hauptrolle und seine Figur sowie die Handlung weisen durchaus Parallelen zu dem unfreiwilligen „Vorbild“ auf. Im Umkehrschluss wäre es somit sogar möglich, dass sich Corbucci hier etwas inspirieren ließ? Hätte ja was.
Bei allem berechtigten Lob und dem immensen Stellenwert des „echten“ Django, dieser ungefragte „Franchise“-Halbwaise müsste eigentlich ebenso als wichtiger, stilprägender Mosaikstein der ersten Genreration des Spaghetti-Western bezeichnet werden. Stattdessen ist er heutzutage offenbar nur einer von vielen, wenn da nicht sein Regisseur wäre. Der später als Horror-, Giallo- und Gore-Spezialist legendär gewordene Lucio Fulci (Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies) drehte hier einen seiner ersten Western und kennt dabei, wie so oft in seiner ergiebigen Karriere, nur wenige Tabus was konsequente, schonungslose Gewaltdarstellung angeht. Django – Sein Gesangbuch war der Colt schlägt in eine vergleichbare Kerbe wie sein großer Namensvetter. Beginnend mit einer sadistischen Menschenjagd behält der Film seinen ungemein räudigen Tonfall die gesamte Zeit aufrecht, was ganz seltene, aber deshalb so auffällig-alberne Prügel-Slapstick-Anflüge wie einen deplatzierten, irritierenden Fremdkörper wirken lassen. Die Story um einen bevorzugt in schwarz gekleideten, von Franco Nero abermals wahnsinnig charismatisch ausgefüllten Racheengel und den bösen Clan hundsgemeiner Schurken erfüllt ordnungsgemäß seinen Zweck, lediglich das Wie statt das Was fällt dabei ab und an etwas negativer ins Gewicht.
Wenn Fulci etwas konnte, dann Stimmung erzeugen und sich auf rustikal-konfrontationslustige Weise nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Der im Original mit dem etwas umständlichen Titel Le colt cantarono la morte e fu... tempo di massacro versehene Film ist immer dann beeindruckend und selbst heute noch recht heftig, wenn er Taten sprechen lässt…was er dankenswerter Weise relativ häufig tut. Dass es da in der Narration teilweise holpert und rumpelt und angesprochene Humor-Versuche wie eine sehr sonderbare Akrobatik-Einlage mit eingesprungener, dreifacher Schraube im Schlussspurt unpassend wirken wird zur Kenntnis genommen, aber aufgrund seiner Stärken mühelos verziehen. Dafür sind diese bei Fulci und im Genre allgemein nicht unbekannten Problemchen zu irrelevant und mit Blick auf das Gesamtbild kaum der Rede wert. Zudem bekommt unser „Django“ (da kommt selbst die deutsche Synchro durcheinander: Ganz am Anfang wird er noch mit dem korrekten Namen Tom angesprochen, danach nur noch mit Django. Putzig.) mit dem alten Giallo-Haudegen George Hilton (Die Farben der Nacht) in der Rolle seines versoffenen Bruders noch einen akkuraten Sidekick gestellt.
Fazit
Oftmals stilsicherer, teilweise sehr intensiver und enorm boshafter Italo-Western, dessen ruppige Gangart das Genre zu seinen besten Zeiten auszeichnete. Wenn dann noch ein fähiger, speziell in der Inszenierung versierter Regisseur und ein markanter Hauptdarsteller mit an Bord sind, kann da schon fast nichts mehr großartig schief gehen. „Django – Sein Gesangbuch war der Colt“ ist klar einer der besten Pseudo-Ableger eines Meisterwerks, der selbst in einem recht frühen Stadiums dieses Sub-Genres es – wenn auch etwas unter Ausschluss der Öffentlichkeit – zum Teil mitgeprägt haben dürfte.
Autor: Jacko Kunze