MB-Kritik

The Lady 2025

Biography

Inhalt

Aus einem kleinen Dorf im ägyptischen Nildelta stammend, erhob sich Umm Kulthum gegen die Zwänge einer konservativen Gesellschaft, die Frauen zum Schweigen brachte. Schon als Kind sang sie, als Junge verkleidet, und erfuhr Ablehnung für ein Talent, das Generationen prägen sollte. Ihr Leben war von Entbehrungen geprägt – sie verzichtete auf Liebe und Mutterschaft, um ihre Stimme zu ihrer einzigen Botschaft und die Bühne zu ihrem wahren Zuhause zu machen. Selbst in Krankheit blieb sie stark, ihre Stimme erhob sich über den Schmerz. El Sett fängt den Moment ein, als sie mehr als nur eine Sängerin wurde: eine nationale Ikone, ein Symbol der Einheit in schweren Zeiten und eine zeitlose Stimme, die die Seele einer Nation formte.

Kritik

Endlose Staus verstopfen die abendlichen Straßen von Paris, wo Marwan Hameds bombastisches Biopic im Jahr 1967 beginnt. Menschenmassen drängen sich vor dem Eingang des L’Olympia Theaters, wo Staatspersonen, Stars und einfache Leute aus aller Welt von ihrem Idol schwärmen. Der Saal dröhnt zwischen Ekstase und Eskalation, als schließlich die Titelheldin die Bühne betritt: Umm Kulthum (Mona Zaki) wurde in arabischsprachigen Ländern mit ihrer emotionalen Interpretation traditioneller Lieder zur kulturellen Ikone. Doch der ägyptische Regisseur und sein Drehbuchautor Ahmed Mourad stilisiert die von Sängerin und Schauspielerin zur fast gottgleichen Idealgestalt.

Charakterschwächen, kreative Krisen und Kontroversen werden der von Fans und Familie Souma genannten Protagonistin nicht zugestanden. Die künstlerischen Höhen und Tiefen, Krankheit und Konflikte ihres bewegten Lebens, das die fast dreistündige Story in vollem Umfang ausbreiten will, lassen „den Stern des Orients“ nur heller strahlen. Entsprechend eindimensional bleibt die schillernde Persönlichkeit. Ihr Werdegang von Familienfesten in Ägyptens Provinz zu internationalen Bühnen umreißt die ikonographische Inszenierung mit monumentaler Melodramatik. Jede Facette ihres Lebens wird überhöht und übertrieben, was wiederholt zu inhaltlichen Widersprüchen und Unklarheiten führt. 

Mal gilt ihre Familie als bettelarm, dann wieder als adelig. Sie cancelt ein Konzert in letzter Minute, steht aber im nächsten Moment auf der Bühne. Trotz des erdrückenden Umfangs des mit prächtigen Kostümen, historischen Studio-Kulissen und energetischen Set-Pieces protzenden Szenarios wirkt die Handlung fragmentarisch. Eine Menge Material landete anscheinend im Schnittabfall und was übrig bleibt, ist sichtlich lückenhaft. Die Dutzenden teils prominenten Charaktere, die oft nur für einen Kurzauftritt erscheinen, zuzuordnen, erfordert umfassende biografische Vorkenntnisse. Die gravierendste Auslassung ist Umm Kulthums Stimme, ohne die ihre Faszination ungreifbar bleibt.

Fazit

Mit seiner sprunghaften Struktur, hitzigen Erzählform und ausuferndem Prunk wirkt Marwan Hameds pompöse Hommage wie ein überlanger Trailer. Wer die Heldin nicht kennt, kommt ihrem Charakter genauso wenig nahe wie ihrem Talent. Umm Kulthums Gesang und Musik erklingen kaum und Mona Zakis unsichere Darstellung kann die psychologische Skizzenhaftigkeit des Drehbuchs nicht ausgleichen. Ziel der Prestige-Produktion scheint nicht biografische Wahrhaftigkeit, sondern die Konstruktion eines nationalen Idols. Die epische Opulenz im Stil Hollywoods Goldener Ära liefert mit Glamour und opernhafter Theatralik flüchtige Unterhaltung, aber nie die behauptete Intensität.

Autor: Lida Bach
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