Inhalt
Zwei junge Paare reisen durch das amerikanische Hinterland und begegnen in einem abgelegenen Gut der Hölle auf Erden.
Kritik
Das Horror-Kino der Gegenwart ist im Vergleich zu den großen Klassikern aus der künstlerischen Hochphase des Genres kaum mehr der Rede wert. Zu dieser Feststellung kommen viele eingefleischte Horror-Liebhaber, denen moderne Trends wie plumpe Jumpscares, überzogene Gewaltdarstellung und vor allem das sträfliche Missachten einer durchwegs angsterzeugenden Atmosphäre jegliche Lust auf Horrorfilme jenseits der 00er Jahre verdorben hat. Einige wenige Regisseure gibt es aber noch, denen das Genre ebenso am Herzen liegt wie den Fans und einer von ihnen ist Rob Zombie (The Lords of Salem). Während Zombie vorher in erster Linie als Musiker in der Öffentlichkeit bekannt war, lebte er seine Vorliebe für das Abseitige, Schaurige und Makabere bereits in seinen Songtexten sowie selbstgedrehten Musikvideos aus.
In Haus der 1000 Leichen huldigt er den Terror-Streifen aus den 70ern. Eine Ära, in der Zombie aufgewachsen ist und von dessen wilder, unangepasster Atmosphäre er sein Leben lang bis heute verfolgt wird, was sich in seinem außergewöhnlichen Langfilmdebüt zweifelsohne bemerkbar macht. Mit seiner rauschartigen, albtraumhaften Inszenierung, bei der es den Anschein hat, man steckt in einem LSD-getriebenen Fiebertraum, hat der Regisseur einen der verstörendsten, rohsten Horrorfilme der Neuzeit geschaffen. Die experimentierfreudige Mischung aus wilden Schnitten, rohen Bild- und Farbfiltern, der Einsatz von teilweise äußerst konträren Musikstücken, heftigste Gewalteinlagen, Schockmomente und unzählige absurde, groteske Einfälle sorgen für einen Trip, der selbst eingefleischte Horror-Fans nur schwer kalt lassen dürfte.
Für gewöhnliche Zuschauer gestaltet sich dieses Werk bereits nach kürzester Zeit als befremdliche Zumutung. Stattdessen strömt die detailverliebte Versessenheit eines wahren Genre-Liebhabers aus jeder Pore, wodurch sich Haus der 1000 Leichen als Liebeserklärung von Zombie entpuppt und gleichzeitig ein Geschenk an wahre Fans darstellt. Konsequent auf Retro getrimmt und oftmals an Klassiker wie Blutgericht in Texas erinnernd, entfacht Zombie ein nihilistisches Fegefeuer, bei dem sich Stilsicherheit, wüste Videoclip-Ästhetik und purer Trash zu einem Cocktail der speziellsten Sorte vermengen. Dabei ist der Film keineswegs eine uninspirierte Kopie bekannter Zutaten und Elemente, sondern etabliert mit der Firefly-Familie einen eigenständigen, originellen Mythos, den Zombie im darauffolgenden Film The Devil's Rejects endgültig ausbauen und untermauern sollte.
Man wünscht sie sich in einigen Szenen sehnlichst herbei, doch die Ironie bleibt aus und so landet eine Gruppe jüngerer Leute in einem schwer fassbaren Redneck-Albtraum und mit ihnen auch der Zuschauer, dessen Nervenkostüm durch das inszenatorische Inferno regelrecht pulverisiert wird. Zombie scheint seine Fantasien und Ideen lange angestaut zu haben, setzt immer noch einen drauf und scheint in den letzten knapp 15 Minuten jegliche irdische Grenzen der rationalen Logik zu verlassen. Im Finale verwandelt sich Haus der 1000 Leichen endgültig in einen entfesselten Abstieg direkt in die Hölle, aus der es kein Entrinnen mehr zu geben scheint.
Fazit
"Haus der 1000 Leichen" ist ein intensives Debüt von einem der besten Horror-Regisseure der heutigen Zeit. Ein wüster Trip, der mit seiner wilden Inszenierung, erbarmungslosen Atmosphäre, absurden Einlagen und unerbittlichen Konsequenz von Rob Zombie für eine ganz spezielle Seherfahrung sorgen wird, ob bei Genre-Fans oder noch viel mehr bei gewöhnlichen Zuschauern.
Autor: Patrick Reinbott