MB-Kritik

In the Belly of a Tiger 2024

Horror, Drama

Sorabh Jaiswar
Francis Lawrence
Pooja Pallavi
Rosely Raj
Poonam Tiwari

Inhalt

Ein älteres Paar, Bhagole und Prabhata, eben erst mit dem Sohn und den beiden Enkelinnen in das Dorf zurückgekehrt, besitzt nur noch Haus und Bullen; das Land haben sie verkauft, um ihr Glück in der Stadt zu versuchen. Das einzige Tauschobjekt bleibt ihre Arbeitskraft, was sie wie alle anderen im Dorf erpressbar macht.

Kritik

Der Titel steht emblematisch für die ostentative Symbolsprache, mit der Jatla Siddarthas zweiter Spielfilm den aussichtslosen Existenzkampf Indiens verarmter Landbevölkerung vermittelt. Für mittellose Menschen wie Bhagole (Sorabh Jaiswar) und eine Frau Prabhata (Poonam Tiwari), die mit ihrem erwachsenen Sohn und dessen Familie in der Hoffnung auf Arbeit in einem Ziegelwerk ihr Land verlassen haben, geht es längst nicht mehr um fressen oder gefressen werden. Sie sind schon Fabrik-Futter und werden verdaut.

Wenn die verzweifelte Lage der sechsköpfigen Gemeinschaft mit dem dritten Kind auf dem Weg das noch nicht deutlich genug vor Augen führt, tut es der dramatische Ausbau der augenfällige Allegorie vom Raubtier-Kapitalismus. Ein menschenfressender Tiger bedroht die Arbeitenden, die von früh bis spät für den mitleidlosen Produktionsleiter schuften. Doch als heiliges Nationalsymbol wiegt das Wohlergehen des Tieres höher als das der Menschen, die von einem solchen Schutz nur träumen können.

Der Schornstein des Werks, das Angestellten unerreichbare Quota stellt, raucht; ein Leben nach dem anderen wird verbrannt. Um seine Enkelinnen vor diesem Schicksal zu retten, fasst Bhagole schließlich einen verzweifelten Entschluss. Den nimmt allerdings die Spoiler-Synopsis vorweg; als hätten die plakativen Dialoge und vorhersehbare Story die existenzialistische Spannung nicht genug geschwächt. Der imaginativ inszenierte Handlungsrahmen einer Theateraufführung verschenkt die inhärente Religionskritik für ein mystisches Menetekel im Widerspruch zur sozialrealistischen Struktur. 

Fazit

Nachdem sein Debütwerk sich mit der romantischen Repression der traditionsverankerten Mittelschicht befasste, widmet sich Jatla Siddartha in seiner ebenso exemplarischen wie engagierten Arbeitertragödie den brutaleren Problemen der unteren Schichten. Deren Schicksal gerät jedoch zur Lehrfolie eines moralischen Message-Movies. Dessen bühnenhafte Kulisse spiegelt unabsichtlich das di Handlung rahmende Setting einer belehrenden Kostümaufführung, deren metaphorische Möglichkeiten indes vertan werden. Was bleibt, ist solides Schauspielkino, das seine Ambitionen zu deutlich vor sich herträgt.

Autor: Lida Bach
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