Inhalt
Nach einem Unfall ist Nick Halloway (Chevy Chase) plötzlich unsichtbar. Als wären das nicht schon genug Probleme, wird auch noch der zwielichtige CIA-Agent David Jenkins (Sam Neill) auf Nick aufmerksam.
Kritik
Wenn über das Schaffen des (einst) brillanten Schreckensmeister John Carpenter (Halloween – Die Nacht des Grauens) gesprochen wird, umgeht man gerne Jagd auf einen Unsichtbaren aus dem Jahr 1992, gilt er doch als ein für ihn untypischer und eher misslungener Film. Redet man über Hauptdarsteller Chevy Chase (Die schrillen Vier auf Achse), bezieht es sich in der Regel auf die 80er Jahre und seine Paraderolle als sympathischen Tollpatsch, der ihn zu einem der größten Filmkomiker dieser Dekade machte. Die 90er meinten es mit beiden Künstlern nicht gut, ihre Karrieren versandeten, die von Chase sicherlich noch drastischer und abrupter als die von Carpenter. Vielleicht ahnte Ersterer, dass sein Stern als Klassenclown verglühte und wollte hiermit einen Imagewechsel bewirken. Objektiv muss dies leider als gescheitert betrachtet werden. Aber nur aufgrund der Resonanz. Genauso, wie angeblich der Regisseur sich damit keinen Gefallen getan haben soll. Auch das lässt sich nur mit dem negativen Feedback begründen. Die folgende These behauptet: Jagd auf einen Unsichtbaren ist ein völlig verkannter und durch falsche Erwartungshaltungen von vornherein vorverurteilter Film, der eigentlich exakt das belegt, was die Beteiligten beweisen wollten. Nur sollte es keiner wahrnehmen.
-„Nick. Nick?!“
-„I’m here. Sort of.“
Entgegen seiner bisherigen Rollenmuster wird Chevy Chase in der Figur des arroganten Macho-Yuppies Nick Holloway sofort als unsympathische Arschgeige präsentiert, die sich die Gunst des Publikums erst hart erarbeiten muss. In erster Linie über sein zufälliges Schicksal. Nach einer Sauftour schläft er seinen Rausch ausgerechnet in einer wissenschaftlichen Einrichtung aus, in der ein Experiment höllisch schiefgeht. In der Folge ist Nick unsichtbar. Und wird vor allerhand Probleme gestellt, die damit einhergehen. Dabei ist noch nicht mal sein Größtes berücksichtigt, denn natürlich sind ihm bald weniger gut gesinnte Verfolger auf den Fersen, personifiziert durch den rücksichtlosen Geheimdienst-Bluthund Jenkins (mal wieder wunderbar-diabolisch: Sam Neill, Die Mächte des Wahnsinns). Seine Flucht und das Verstecken ist dabei noch verhältnismäßig simpel, schließlich muss er nur ruhig sein und niemanden auf die Füße treten. Aber wie winkt man sich ein Taxi heran, isst Nudeln ohne die eigenen Hände zu sehen oder umgeht den ungünstigen Umstand, dass man zwar selbst unsichtbar ist, nicht aber das, was man in irgendeiner Form konsumiert? Also während des Prozesses…
„The last thing you want to do is watch me eat!“
Dass Jagd auf einen Unsichtbaren - wohl aufgrund des Hauptdarstellers und ein paar ironischer Ideen – fälschlicherweise als Science-Fiction-Komödie eingestuft wird, ist sein größtes, nicht selbst kreiertes Problem. Der Film ist vieles, aber keine Komödie. Will gerade das nicht sein. Chevy Chase ist als Unschuldiger auf der Flucht der typischer Hitchcock-Guy in einem typischen Hitch-Plot, mit starken Anleihen beim Film Noir (allein die stimmungsvolle Eröffnungssequenz ist eine glasklare Hommage an Opfer der Unterwelt, die das Schicksal des Protagonisten als Aufhänger benutzt, um die Geschehnisse von Hinten aufzurollen) und selbstverständlich eine dicken Verbeugung vor James Whale’s Meisterwerk Der Unsichtbare, wodurch spätestens mit dem Outfit der Hauptfigur im Schlussdrittel kein Hehl gemacht wird. Warum sollte er auch? Jeder Film mit dieser Thematik muss sich an ihm messen und Carpenter ist klug genug, daraus seine eigene Version zu machen. Die stark an das paranoide Science-Fiction-Kino der 50er erinnert, mit Einschlägen einer klassisch-tragischen Romanze und veredelt mit hochmoderner Tricktechnik. George Lucas‘ Industrial Light & Magic-Schmiede liefert ganze Arbeit ab und verhilft den vielen kleinen, kreativen wie cleveren Ideen von Jagd auf einen Unsichtbaren allein optisch ihre volle Wirkung zu entfalten. Daraus entwickelt sich eine flotte, enorm homogene Balance aus Ironie, (An)Spannung und astreiner Unterhaltung, die sowohl Carpenter als auch Chase attestiert, das sie nicht nur in ihre Schublade gehören. Ein Ausbruchsversuch ohne Erfolg.
Fazit
Wunderbarer Film. Nach „Der Unsichtbare“ sicher der Beste mit der entsprechenden Thematik. Auf allen Ebenen hervorragend inszeniert, voller fantasievoller Einfälle, starker Dynamik und einem enorm engagierten Cast. Alle Beteiligten wirken sehr bemüht, „Jagd auf einen Unsichtbaren“ zu dem zu machen, was er nicht sein durfte. Eine Liebeserklärung an die Klassiker des Genre-Kinos in einer eigenen, zeitgemäßen Interpretation. Klasse.
Autor: Jacko Kunze