MB-Kritik

Following the Sound 2023

Drama

Takenori Kaneko
Hidekazu Mashima
Yuko Nakamura
An Ogawa

Inhalt

Haru (Mitte 20) arbeitet in einer Buchhandlung und begegnet eines Tages Tsuyoshi (Mitte 40), den sie einst vor dem Selbstmord bewahrt hat. Kurz darauf sieht sie Yukiko (40) und spricht sie an, weil sie sich Sorgen um sie macht. Von da an suchen die beiden gemeinsam nach den Quellen der Klänge, die Harus verstorbene Mutter auf Tonband aufgezeichnet hat. (IFFMH)

Kritik

gesehen im Rahmen des Internationalen Filmfest Mannheim-Heidelberg 2023 

Unverhoffte Begegnungen, zurückhaltende Beobachtungen von Gesprächen beim Essen und Spazieren, beiläufige Verknüpfungen mit dem Filmemachen selbst und eine unverkrampfte wie ruhevolle Inszenierungs- und Erzählweise: mehr als einmal nähert sich  mit seinem aktuellsten Festivalbeitrag Regisseuren wie Hong Sang-soo oder  an. In Following the Sound entwirft er seine eigenen, niemals aus der Ruhe zu bringenden Alltagsaufnahmen, in denen sich drei Menschen, deren Lebenswege nur lose miteinander verknüpft sind, begegnen, die gemeinsam einen Film drehen und sich auf eine Suche begeben.

Wie es bereits der Titel nahelegt, sind es Geräusche, die nicht nur die Nachforschungen der jungen Haru, die tagsüber in einem kleinen Buchgeschäft arbeitet, anstoßen, sondern sich wiederholt als wandelbare (Haupt-)Akteure zu der Dreierkonstellation gesellen. Sie füllen die Stille oder ergänzen die dezent zum Ausdruck gebrachten Gefühle der Figuren dort, wo die Vergangenheit der Figuren, deren Persönlichkeit und Gedanken, die sie im Moment beschäftigen, unausgesprochen bleiben. Je zurückhaltender die Musik, desto präsenter wird die Umwelt, welche die Geschichten und Emotionen der Hauptfigur unverfälscht einrahmt. Ohne dramatische Konflikte auszureizen, genügen dem Film dabei leise Gefühlsausbrüche und kleine emotionale Gesten, um wirkungsvolle Akzente in die lethargischen und oft distanzierten Bilder zu setzen. 

Vergangenheitsverarbeitung und der Umgang mit der Sterblichkeit sind sicherlich schon mitreißender in Szene gesetzt worden, fügen sich in Following the Sound jedoch unaufdringlich ins Alltagsgeschehen der Figuren ein. Die Komplexität seiner Figuren und ihrer Situationen selten mit Worten vertiefend, verharren die ungekünstelten Begegnungen allen voran in besänftigende Momentaufnahmen, welche sowohl die Charaktere als auch das Publikum öfter Suchen als Antworten auf ihre Fragen oder konventionelle Spannungsbögen finden lassen. Leicht aufgewühlt wird das Drama höchstens von kurzen Erinnerungsschwellen, wirklich aus der Ruhe gebracht aber nie. Von der durchaus eindringlichen Wirkung wie Hong Sang-soo sie in seinen ähnlich geruhsamen Filmen wie The Woman Who Ran oder Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall entfaltete, ist Following the Sound jedoch noch einige unaufgeregte Gespräche und Gedankenspiele entfernt.

Fazit

Ein Film wie der Besuch in einer kleinen, unscheinbaren Buchhandlung. Ungezwungenes Umherstreifen, zaghafte Begegnungen mit anderen Menschen, seichte Anregungen: „Following the Sound“ ist langsam erzählt, wiederholt nur im Ansatz ausgearbeitet und dabei so akzentuiert in seiner Musik wie in den emotionalen Gesten seiner Figuren.

Autor: Paul Seidel
Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.