MB-Kritik

The Good Daughter 2026

Drama

Inhalt

Carmelas Vater ist gewalttätig, und es wurde eine einstweilige Verfügung gegen ihn erlassen, die den Kontakt zur Mutter des Mädchens untersagt. Trotzdem hängt Carmela sehr an ihrem Vater. Sie darf ihn treffen, allerdings unter Auflagen und unter Aufsicht einer Sozialarbeiterin.

Kritik

Schon die Synopsis Júlia de Paz Solvas Langfilm-Adaption ihres 2021 veröffentlichten Kurzfilms Harta lässt ahnen, welchen Verlauf die zentrale Beziehung der jugendlichen Protagonistin und ihres Vaters nehmen wird. Genau diesen dramatischen Kurs nimmt denn auch die spanische Regisseurin und Co-Drehbuchautorin, deren belehrende Union von Familiendrama und Coming-of-Age-Story sich mehr wie ein Lehrfilm anfühlt als wie eine organische Story. Im Mittelpunkt dieser filmischen Lektion steht die selbstbewusste Carmela (Kiara Arancibia Pinto), deren Idealbild von ihrem Vater rabiate Risse bekommt. 

In Carmela gärt spürbare Wut auf ihre Mutter (Janet Novás), die nach der Trennung mit ihr und der Großmutter in einem beengten Apartment lebt. Ihr Vater (Julián Villagrán), ein aufsteigender Künstler, verbringt die behördlich reglementierte Zeit mit ihr in seinem idyllischen Landhaus. Seine scheinbar entspannte Kameradschaft mit Carmela liefern ihr einen Ausgleich zur räumlich und emotional bedrückenden Stimmung bei ihrer Mutter. Dass deren Trennung die Flucht vor häuslicher Gewalt war, sickert sukzessive in das paradigmatische Szenario. 

Als die jugendliche Protagonistin einen taktischen Angriff ihres Vaters gegen ihre Mutter nicht unterstützt, zeigt sich seine aggressive Seite. Demonstrative Abweisung und subtile psychische Verletzungen sind nur die harmlosen Zeichen seines brutalen Besitzanspruchs gegenüber den weiblichen Personen in seinem Umfeld. Die systemischen, legislativen und ökonomischen Faktoren, die das Machtverhältnis bei häuslicher Gewalt zugunsten der Täter verschieben, deutet der simpel strukturierte Plot nur vage an. Im Fokus steht Carmelas späte Erkenntnis eines Zustands, den sie zu lange verdrängt hat. 

Fazit

Überzeugende Darstellungen, insbesondere von Kiara Arancibia Pinto als die Titelheldin, die ihre selbstgeschaffene Scheinwelt einer harschen Realität anpassen muss, verleihen Júlia de Paz Solvas ambitionierten Jugendfilm trotz der konventionellen Story emotionale Resonanz. Warme Ausleuchtung und lichte Szenenbilder werden zu Sinnbildern der harmonischen Fassade, die häusliche Gewalt meist versteckt. Der psychologische Reifeprozess der Hauptfigur bleibt dennoch nur bedingt nachvollziehbar. Die traumatischen Auswirkungen miterlebter familiärer Gewalt für Kinder werden dramaturgisch ebenso vernachlässigt wie die soziale Stigmatisierung und die systemischen Hürden einer Trennung.

Autor: Lida Bach
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