Inhalt
Freiwillig hält sich kaum jemand in dem staubigen und verfallenen Nest Jericho auf. Doch Auftragskiller John Smith muss dringend verduften und verkriecht sich deshalb in dem texanischen Städtchen, wo es während der Prohibition zu einem brutalen Bandenkrieg kommt, den Smith als Chance für ein Heimspiel nutzt. Bruce Willis legt als Smith die Kanonen nie aus der Hand und sorgt für reichlich Nachschub an Munition, weil er schnell begreift, dass er vom ständigen Seitenwechsel in der blutigen Auseinandersetzung nur profitieren kann.
Kritik
„Ich hatte für Sünder schon immer mehr übrig als für Heilige.“
Der Geschmack von getrocknetem Blut haftet auf der Zunge. Die sengende Hitze lässt die Haut aufplatzen. Einige gebrochene Rippen, ein blaues Auge, die ein oder andere Schusswunde. Es ist in jedem Fall eine unwirtliche Gegend, in die uns Walter Hill (Die letzten Amerikaner) mit Last Man Standing einlädt: Nicht nur, dass die Witterungsumstände den wenigen Bewohnern des texanischen Wüstenkaffs Jericho ordentlich zu schaffen machen, die Gewalt selbst wurde hier zum einzig akzeptablen Instrument der Kommunikation erhoben. Seine Blessuren trägt man deswegen offen aus, um klarzumachen, dass man gerne ins Gespräch kommen möchte – Und Gespräch bedeutet in diesem Fall Duell. Wenn der abgebrühte Gunfighter John Smith (Bruce Willis, Stirb langsam – Jetzt erst recht) in dem toten Fleck auf der Landkarte eintrifft, wird ihm angeraten, das Weite zu suchen.
John Smith aber ist niemand, der davonläuft, stattdessen erklärt er das Schießeisen von nun an zu seinem treuen Weggefährten und gerät zwischen die Fronten eines Bandenkrieges, um beide Seiten nach und nach gegeneinander auszuspielen. Das kommt bekannt vor? Ja, das ist es auch, formuliert sich Last Man Standing doch ganz explizit als Adaption des Sergio Leone Klassikers Für eine Handvoll Dollar, der sich ebenfalls auf Akira Kurosawas stilprägendes Meisterwerk Yojimbo – Der Leibwächter bezieht. Seinen rustikalen Charme destilliert der kernige Neo-Western dabei aus der Hybridisierung diverser (film-)kultureller Ästhetizismen: Der Italo-Western stand hier freilich Pate, genauso wie das Hard-Boiled-Kino und der Film Noir. Walter Hill macht keinen Hehl daraus, seine referenziellen Inspirationsquellen anzumerken, beweist sich darüber hinaus auf dem Regiestuhl indes mal wieder als Meister der grundlagenbasierenden Erzählökonomie.
Last Man Standing trägt keinen Gramm zu viel auf den Rippen, diese Paraphrase klassischer Westernmotive ist ein knochentrockener Cocktail, der sich für klare Worte, klare Wege und letztlich auch klares Scheitern ausspricht. Harte Gitarrenriffs rhythmisieren das Geschehen dabei akkurat, während John Smith nicht nur im diegetischen Raum als Hauptakteur agiert, sondern auch als Moderator auf den Plan tritt, um den Verlauf der Handlung aus dem Off zu kommentieren. Die Welt, von der Last Man Standing berichtet, ist aus der Zeit gefallen, der aufgewirbelte Staub bildet eine Nebelwand, die den von Zynismus und Brutalität infizierten Landstrich quasi hermetisch von der Außenwelt abriegelt. Wenn die bleihaltigen Feuergefechte regelrecht in den Moment hineinplatzen, dann bersten Schüsse wie Donnerschläge und Walter Hills Verständnis für das hiesige Stilisieren der brotlosen Kunst des Töten offenbart sich so eruptiv wie spektakulär.
Fazit
Schweiß, Blut und Staub scheinen die Patina zu ergeben, in die "Last Man Standing" sein Geschehen kanalisiert. Walter Hills referenzieller Neo-Western ist dreckig-kerniges (Männer-)Kino, in dem die Gewalt zum einzig akzeptablen Kommunikationsmittel erhoben wird und Worte kaum noch Gewicht genießen. Spektakuläre Schusswechsel und ein charismatischer Bruce Willis als gewissenloser Aasgeier an vorderster Front sorgen letztlich dafür, dass "Last Man Standing" es nach seinem enttäuschenden Kinostart geschafft hat, zum kleineren Genre-Kult zu avancieren.
Autor: Pascal Reis