Inhalt
Tadas (Dainius Gavenonis) und Laura (Julia Maria Köhler) sind verheiratet und arbeiten für eine Versicherung - mehr haben sie nicht gemein. Auch die Renovierung einer neuen Wohnung kann ihre Entfremdung nicht überbrücken. Dann trifft Tadas auf seinen alten Schulkollegen Linas (Jonas Antanèlis). Nach anfänglicher Skepsis lässt er sich auf dessen Vorschlag ein, die Nacht am Steuer zu verbringen. Seine gleichgültige Frau bleibt vor dem Fernseher zurück.
Kritik
Tadas (Dainius Gavenonis) ist Versicherungsangestellter, verheiratet mit der erfolgreichen Laura (Julia Maria Köhler) und in eine neue Wohnung gezogen. Doch irgendwas fehlt ihm und das sind nicht nur die von betrügerischen Handwerkern nie gelieferten Küchenfliesen. Aber was genau fehlt, wird in dem bedeutsam daher kommenden Road Movie des litauischen Regisseurs Ignas Miskinis nie klar. So wie die Figuren unbestimmt durch die Gegend fahren, läuft der Plot träge vor sich hin. Mal sehen, was kommt. Das ist sein alter Schulfreund Linas (Jonas Antanelis), der eine nächtliche Rundfahrt vorschlägt. Beide fahren los, offen für alles, was die Nacht ihnen bringen mag. Tadas und Linas fahren nachts Auto. “Und das Ziel?”, fragt Tadas seinen Kumpel, der antwortet: “Gibt es nicht.” Das ist keine Untertreibung. Einen Zielpunkt, eine Erkenntnis oder einen Mehrwert gibt es wirklich nicht. Gerade darin soll das besondere der filmischen Fahrt ins Dunkle der Nacht liegen. “Du wirst den Unterschied schon merken”, meint Linas lapidar. Etwas Großes spiele sich beim nächtlichen Autofahren ab, soll das suggerieren.
Wer das nicht mitkriegt, dem fehlt der metaphysische Tiefgang. Gemessen an der kunstsinnigen Gewichtigkeit, die der Regisseur seinem öden Selbstfindungstrip gibt, müsste das Ungeheuerliches sein. Eine mythische Wandlung vollzieht sich angeblich mit den Autoinsassen. Sie sind keine Verkehrsteilnehmer mehr, sondern “Reisende”, wie Linas verrät. Weil die Protagonisten mit einer Wagenladung voller Klischees auf der Reise sind, begegnen sie unterwegs einer mysteriösen Fremden. Spätestens hier drängt sich die Frage auf, wer hier nachtblind durch die Gegend gurkt: die Typen am Steuer oder der Regisseur? Die rätselhafte Fremde ist nämlich Laura, aber weil sie sich umgestylt hat und sich Vita nennt, erkennt sie keiner. “Ich wurde vergessen”, erzählt sie. Männer sitzen hinterm Steuer und geben auf dem Highway ans Ende der Nacht ihrem Dasein eine neue Richtung. Frauen sind so was wie lebende Gepäckstücke, die verlassen rum stehen und hoffen, dass jemand sie mitnimmt. Machen die Jungs natürlich. Laura starrt meist schweigend mit vagem Lächeln andere an.
Interessanter wirkt sie dadurch nicht, eher leicht behämmert. Darum steigt sie ohne größere Bedenken zu drei Fremden ins Auto. Weil die Drei vermutlich wie Tadas und Linas aus rituellen Gründen stets nur zwei Liter tanken, bleibt das Mackerauto stehen. Laura nimmt ein Taxi und trifft Tadas und Linas wieder. Handlungshöhepunkte sind das Waschen des Autos, zum Kaffee trinken an Tankstellen anhalten und Tanken ("Immer nur zwei Liter"). Nur die Autos brausen dahin, die Filmhandlung kommt nie in Fahrt. “Weiter warten oder fahren?”, fragt Laura in einer Szene, nachdem die Drei sinnlos auf dem Flughafen herumstanden. Weiterfahren. Solange, bis auch der hartnäckigste Zuschauer abgeschaltete hat, technisch oder geistig. Der Film wirkt so einschläfernd wie eine überlange nächtliche Autofahrt, nur das vorm Bildschirm nicht die Gefahr eines Unfalls besteht.
Fazit
Eine lange Nacht fahren zwei Typen mit dem Auto herum. Der Inhalt könnte einen passablen Kurzfilm abgeben, doch das aufgeblasene Resultat ist von abendfüllender Länge. Interessante Dialoge gibt es ebenso wenig wie charakterliche Wandlungen.
Autor: Lida Bach