Inhalt
Kurz vor dem Untergang des Planeten Krypton gerät der weitsichtige Jor-El (Russell Crowe) in die intriganten Hände des fanatischen Generals Zod (Michael Shannon). Dem eigenen Ende ins Auge blickend, verhilft er seinem Sohn Kal-El zur Flucht auf die Erde. An Bord des Raumschiffs befindet sich neben dem Baby allerdings auch der Genpool seiner gesamten Rasse. Nach Jahrzehnten gelingt es Zod schließlich den Flüchtling aufzuspüren und ihn auf der Erde zu stellen. Ist der mittlerweile als Clark Kent unter den Menschen lebende Kal-El (Henry Cavill) in der Lage die Bedrohung durch den geschassten General abzuwenden?
Kritik
Die erneute Auflage des stählernen Helden Superman erscheint angesichts der überragenden Zuschauerzahlen im Genre der Comicverfilmungen nahezu zwangsläufig. Die Comicschmiede DC möchte seinen Konkurrenten aus dem Hause Marvel (Avengers) auch nach dem Ende der erfolgreichen „The Dark Knight“-Trilogie nicht den ganzen Kuchen überlassen. Green Lantern und der 2006 gedrehte Superman Returns waren schlichtweg furchtbar, also muss die bekannteste Marke des Hauses erneut an die Front: Der Mann aus Stahl. Batman-Neuerfinder Christopher Nolan (Inception) wurde so kurzerhand für das Projekt Superman wieder cool machen verpflichtet und mit Zack Snyder (300″) ein zumindest im Actionsegment zuverlässiger Regisseur ins Boot geholt.
Der Titel deutet mit Blick auf die The Dark Knight-Reihe bereits an, dass sich Man of Steel ebenso geerdet geben möchte, wie die letzten Abenteuer um den düsteren Batman. Die inhaltliche Zielsetzung zeigt eine weitere wichtige Parallele: Sollte Batman in drei Akten zum Symbol der Hoffnung und Furchtlosigkeit für die Stadt Gotham werden, muss Clark Kent/Superman nun als Symbol für die ganze Welt herhalten. So sieht das zumindest sein außerirdischer Vater Jor-El, der seinen Sohn mit dem Zeichen eben jener Hoffnung auf der Brust zur Erde schickt. Doch auch auf dem blauen Planeten übt der von Russell Crowe mit stets bedeutungsschwangerer Miene gespielte Übervater so viel Einfluss aus, dass Man of Steel weniger Superhelden- sondern vielmehr Science Fiction Film ist. All die Raumschiffe, Laserwaffen und Erklärungen zum Planeten Krypton, beleuchten zwar die Herkunft des Helden, verkommen aber spätestens im Finale zu reinem Selbstzweck.
Die mühsam erklärte Ausrüstung und Kultur fliegt Zod (angenehm irre: Michael Shannon) am Ende krachend um die Ohren – was wirklich opulent und unterhaltsam ist. Regisseur Snyder kann seinen Explosions-Fetisch so kostspielig ausleben wie nie zuvor. Smallville und Metropolis werden zu Schlachtfeldern auf denen der Stählerne immer wieder Limits überwinden und obendrein die Überreste seiner Heimat vernichten muss. Darin steckt eine offensichtliche Tragik, welcher bis auf einen frustrierten Schrei des Helden aber keinerlei Aufmerksamkeit gewidmet wird. Lieber in den letzten Minuten noch etwas zum Lachen anbieten – Marvel macht das ja schließlich auch so. Dass die Action grob, sexy und monströs ausschlagen würde, stand ja bereits vor Produktion fest und wird Man of Steel auch zum zuverlässigen Kassenmagnet machen. In dieser Hinsicht zum Glück keine Überraschungen.
Nach dem etwas zu ausdauernden Showdown wird Man of Steel gut und gerne als der epische Blockbuster durchgewunken, der er unterm Strich sein möchte. Primärziel erfüllt. Was ist aber aus der versprochenen Modernisierung der Figur, den neuen Facetten seines Charakters geworden? Die erste Stunde des Films liefert die unbefriedigende Antwort: Nicht viel. Wie in einem Tagtraum reiht Snyder Szenen aus Clarks Kindheit und den Recherchen der Journalistin Lois Lane (blass: Amy Adams) aneinander. Dabei wirken Rückblenden aus dem neuen Elternhaus in Kansas wie ein Klotz am Bein der Erzählung. Kevin Kostner (Robin Hood) kommt gefühlt nicht im Film vor und hat faktisch nur Floskeln vorzutragen. Während Clarks irdischer Vater dem Sohn nahelegt, sich möglichst nicht der Öffentlichkeit zu zeigen, möchte Jor-El seinen Sohn als Vorbild für die Menschheit profilieren (mit einigen Auftritten via Krypton-Zündschlüssel). Superman schwankt also zwischen Versteck oder Verantwortung – und gibt damit das Thema in der ersten Hälfte des Films vor. Dumm nur: Da Zod unserem Helden die Entscheidung abnimmt, waren viele Aussagen und Gedankenspiele ebenso unnütz wie der begleitende 3D-Effekt. Am Ende ist Superman halt wieder Superman. Seine Vorgeschichte hat kaum mehr als den einmaligen Schurken hervorgebracht und ein korrekter Typ war er auch vor den virtuellen Begegnungen mit seinem Vater. Dies Belegen zumindest die vielen kurzen Eindrücke aus seinem Leben, welche Clark als Retter, kontrollierten Kraftprotz und nochmal als Retter zeigen.
Ob Henry Cavill nun ein guter Superman ist, lässt sich nicht eindeutig beurteilen. Der Anzug und das Siegerlächeln stehen ihm gut, allerdings gibt es in Man of Steel nur zwei darstellerische Fixpunkte: Wortkarge Einsamkeit und Action. Beides meistert Cavill souverän, ein wenig mehr Interaktion mit anderen Charakteren hätte mehr Aufschluss über die Besetzung gegeben. Im nächsten Teil dann bestimmt, schließlich werden neue Bösewichte und eventuelle Crossover bereits vorbereitet. Vielleicht finden sich dann auch ruhige Momente, in denen Charaktere ohne Rückblenden, Gewalt oder Effekthascherei entwickelt werden können. Vielleicht gedeihen dann auch glaubwürdige Emotionen oder nachhaltige Fragen nach Supermans Zukunft auf der Erde. Im CGI-Prunk Man of Steel war dafür anscheinend kein Platz mehr.
Fazit
"Man of Steel" ist im Resultat genau der Film geworden, den der Name Zack Snyder verspricht: Spektakel trifft auf "Naja"-Charaktere. Wer in der sehr Sci-Fi geprägten Neuerzählung eine wirkliche Modernisierung der Ikone "Superman" sieht, verwechselt Henry Cavill vielleicht mit den überragenden Spezialeffekten. Trotz konstruierter Handlung und vernachlässigten Figuren kann "Man of Steel" als gelungener Neustart der Reihe gelten – weil er im Kern nur Abriss-Kino sein möchte und dieses Ziel mühelos erreicht.