6.9

MB-Kritik

Pom Poko 1994

Comedy, Drama, Fantasy, Animation, Family – Japan

6.9

Shinchou Kokontei
Makoto Nonomura
Yuriko Ishida
Norihei Miki
Nijiko Kiyokawa
Shigeru Izumiya
Gannosuke Ashiya
Takehiro Murata
Beichô Katsura
Bunshi Katsura Vi
Kosan Yanagiya
Akira Kamiya
Rei Sakuma
Tomokazu Seki
Minoru Yada
Yorie Yamashita

Inhalt

In den Wäldern unweit von Tokio leben seit Jahrhunderten die waschbärartigen Tanuki. Mit zunehmender Ausbreitung der Großstadt wird ihr Lebensraum immer knapper, weshalb sie sich auf ihre Fähigkeit besinnen, jede nur erdenkliche Gestalt anzunehmen. Als Menschen, Geister und Objekte wie Bulldozer versuchen sie, die Bauarbeiten zu sabotieren und die echten Menschen zu vertreiben. Doch ihr Kampf ist aussichtslos, und so müssen sich die Tanuki für ihr Überleben andere Lösungen einfallen lassen.

Kritik

Der Name Isao Takahata ist in westlichen Filmfankreisen kein Begriff. Obwohl er zu den Urgesteinen des Studio Ghibli gehört, fristet er – im Vergleich zu Studiokollege Hayao Miyazaki(„Chihiros Reise ins Zauberland“) – ein Schattendasein. Mit seinem letzten Film „Die Legende der Prinzessin Kaguya“ heimste der Regisseur  sogar eine Oscarnominierung ein. Betrachtet man seine Filme genauer, wird der Grund für seine Unbekanntheit offensichtlich: Sie alle sind tief in der japanischen Kultur, deren Traditionen und Folklore, verwurzelt. Ein westlicher Zuschauer, der sich nur hin und wieder mit dem Thema Anime (und Japan) beschäftigt, wird schnell überfordert. So wundert es nicht, dass „Pom Poko“ aus dem Jahr 1994 ähnlich unbekannt ist, wie der Meister selbst.

Das ewig wiederkehrende Thema in Takahatas Werken ist der Mensch im Umgang mit der Natur. Schon in „Tränen der Erinnerung“ beschrieb er ausladend die japanische Land- und Forstwirtschaft, den biodynamischen Anbau als auch die Folgen der Landflucht. Takahata liebt sein Land – das wird zu jeder Sekunde deutlich. Deshalb sind Umweltzerstörungen durch den Menschen für ihn stets Ursache für großes Leid. Ein ehrgeiziges Bauvorhaben in „Pom Poko“ beraubt Waschbären ihrem angestammten Lebensraum, drängt sie an den Rand der Auslöschung. Gemäß japanischer Folklore sind die Tiere den Menschen in Sachen Intellekt und sozialem Verhalten sehr ähnlich. Sie sind Gestaltwandler, die ähnlich wie der Fuchs in asiatischen Sagen, ihr Aussehen verändern können. Um ihre Kultur, ja sogar ihr Leben zu retten, nutzen die Waschbären jede Möglichkeit, um die Bauarbeiten zu behindern.

Das geht mitunter sehr chaotisch und klamaukig von statten. Takahata verweigert sich westlichen Sehgewohnheiten (warum auch nicht?), ruft zahlreiche Geister und Sagengestalten auf den Plan. Die quirligen Tiere werden zum Sprachrohr seiner Wut über die Dekadenz des Menschen, der auf der Erde schaltet und waltet, wie er möchte. Das wir nicht allein die Erde bewohnen, eine gewisse Verantwortung haben, trichtert er dem Zuschauer mit dem Knüppel ein. Von Sekunde eins an ist offensichtlich, worauf Takahata hinaus will. Der Mensch darf die Natur nicht willkürlich verändern. Viel eher muss ein Miteinander angestrebt werden, ein Leben im Einklang mit der Natur und ihren Gesetzen. Diesen Fingerzeig präsentiert Takahata dermaßen aufdringlich, dass es bald stört. Was in „Tränen der Erinnerung“ noch mit einem Gesellschaftsportrait der 60er Jahre und einer zarten Liebesgeschichte verschmolz, wird in „Pom Poko“ zum wörtlich gemeinten Kampf.


Fazit

Wer aber etwas für die japanische Kultur übrig hat und tief in sie eintauchen will, dem ist „Pom Poko“ wärmstens ans Herz zu legen. Denn auch wennTakahata seine Agenda zu offensiv angeht, zeigt der Film die Vielseitigkeit Japans wie kaum ein anderer. Ein Land auf Wachstum erpicht und doch mit einem ausgeprägten Umweltbewusstsein ausgestattet. Eine Kultur, die ständig zwischen Tradition und Moderne wandelt. Eine Gesellschaft, die auf Leistung gepolt ist, sich aber auch in Genügsamkeit und bewusstem – sinnlichem! – Leben übt. Dass die Japaner als auch der Rest der Welt all das nicht vergessen, dafür macht Takahata seine Filme.

Autor: Niklas N.
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