MB-Kritik

Queens of Joy 2025

Documentary

Inhalt

Inmitten des Kriegssturms in der Ukraine weigern sich drei Dragqueens – Diva Monroe, Marlene und Aura –, ihre Heimat zu verlassen. Statt zu fliehen, entscheiden sie sich für den Kampf: für die Freiheit, die LGBTQ+-Community und ihre Existenz.

Kritik

Olga Gibelindas dokumentarisches Dreifach-Porträt positioniert sich an der Schnittstelle von Kriegsdokumentation, Sozialstudie und Kulturfilm. Begleitet von unausgegorenem Aktivismus-Gestus beobachtet Gibelinda mit dramaturgischer Distanz, wie sich eine queere Subkultur inmitten des russischen Angriffskriegs behauptet. Halb Feier des Überlebenswillens, halb Untersuchung einer performativen Strategie, zeigt die intime Inszenierung Strategien der Selbstbehauptung zwischen Showlicht und Luftalarm. Bei der Drag-Show im Keller-Club in Kiew wird für die Brigaden gesammelt und in den Überschwang mischt sich stets die Furcht vor dem Kollaps der äußerlichen Akzeptanz.

Der Spendenaufruf bei einer Aufführung einer der drei queeren Persönlichkeiten, denen die Kamera durch ihren unglamourösen Alltag folgt, zeigt exemplarisch wie Performance auch ohne unmittelbare inhaltliche Verknüpfung politisch wird. Russlands Hetze gegen LGBTQIA+ Menschen macht queere Sichtbarkeit selbst zu einer Form des Protests gegen ein repressives Regime. Dabei bringt jede der vorgestellten Persönlichkeiten eine andere Haltung zum Krieg und zur eigenen Identität mit. Monroe erinnert sich an die Zeit der Maidan-Proteste, aus der sie ihr Verständnis privaten und politischen Empowerments bezieht.

Aura, die einst auf pro-russischer Seite stand, dient inzwischen in der ukrainischen Armee unter Selenskyj. Trans Frau Marlen wiederum versucht ihre Erfahrungen mit Gewalt auf der Bühne zu verarbeiten. Die illustrativen Biografien sollen zugleich gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln, doch der soziale Rahmen und sozialpolitische Hintergrund bleiben weitgehend unsichtbar. Das Bild einer lange Zeit verdrängten Community, die sich im Ausnahmezustand neu definiert, bleibt schemenhafte Projektion. Die Montage stellt performative und persönliche Momente unkommentiert nebeneinander. Der schillernde Schein ist nur flüchtige Ablenkung vom Existenzkampf. 

Fazit

Auftritte in Neonfarben stehen in Olga Gibelinda Trio dokumentarischer Lebens-Skizzen neben nüchternen Bildern von zerstörten Stadtvierteln. Das Schminken und Stylen vor dem Auftritt im Drag Club wird zu einer Art Rüstung in einer Welt, in der staatliche Verfolgung nur eine militärische Niederlage entfernt scheint. Doch die existenziellen Ängste, die wirtschaftliche Instabilität und die psychische Belastung der angespannten Situation kann das unebene Gruppenbild nur unscharf einfangen. Eine Studie über Sichtbarkeit, Zugehörigkeit und institutionelle Ungleichheit in einer Gesellschaft im Wandel braucht mehr Substanz. 

Autor: Lida Bach
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