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Paramount Pictures plant 1971 Albert Speers Welt-Bestseller „Erinnerungen“ zu verfilmen, und Speer wirkt selbst am Drehbuch mit. Monatelange Gespräche, die von Drehbuchautor Andrew Birkin aufgezeichnet wurden, zeigen Speers skrupellosen Versuch, seine Vergangenheit mit dem geplanten Film reinzuwaschen.
Kritik
Wenn Hitler Freunde gehabt hätte, wäre er einer davon gewesen, kommentiere Albert Speer (Die letzten Tage) mit der charakteristischen Ambiguität eines Profiteurs, dessen Selbsterhaltungs- und Selbstdarstellungsdrang beständig konkurrieren. Ähnlich zwiespältig reflektiert Vanessa Lapas emblematische Momentaufnahme einer 1971 von Paramount erwogenen Memoiren-Verfilmung den Titelcharakter. Speers Tendenz zu Geschichtsklitterung erfährt eine bizarre Doppelung in ihrer quasi-dokumentarischen Mischung aus Zeitaufnahmen und Reenactment. Darin ist die lukrative Selbstvermarktung des einstigen NS-Architekten und Rüstungsministers im naziverseuchten Nachkriegsdeutschland nicht die einzige Leerstelle.
Ebenso unbeleuchtet bleibt die Interpretation der zentralen 40 Stunden Drehbuch-Diskussionen Speers mit Andrew Birkin (Der Zementgarten). Statt eines untertitelten Zusammenschnitts der Original-Tonbandaufnahmen präsentiert die israelische Regisseurin nie klar als solche ausgewiesene Synchronstimmen. Daraus entsteht ein von bisher ungesehenen Film- und Fotoaufnahmen illustriertes Kammerspiel, das den britischen Regisseur (Jeremy Portnoi) als verführbares Pendant des aalglatten Altnazis (Anno Koehler, Die Wolke) hinstellt. Unbeabsichtigt relativiert die vermeintliche Parallele eines ambitionierten, jungmännlichen Opportunismus die Gewissenlosigkeit, Gier und Grausamkeit des Führer-Favoriten.
Sein nachträglich implementiertes architektonisches Leitbild des „Ruinenwert“ umschreibt gleichsam seine Schönfärberei: So wie eines Gebäudes Ruine dessen Wertmaßstab sei, wird der Maßstab einer Person deren Darstellung in fiktionalisierten und authentischen Zeugnissen. Beider Vermischung wird zur irritierenden Analoge pseudobiografischer „Erinnerungen“ und deren filmischen Korrektivs. Zweites erzielt durch überflüssige Dramatisierung statt mehr Ausdruckskraft weniger Glaubhaftigkeit. Die unzureichende Abgrenzung spielt Geschichtsleugnern in die Hand während die Ausblendung des gesellschaftlichen Kontexts das unverändert präsente kollektive Bedürfnis nach Vergangenheitsbeschönigung ignoriert.
Fazit
Nur indirekt vermittelt Vanessa Lapas suggestive Kompilation der anlässlich eines unrealisierten Spielfilmprojekts aufgezeichneten Privatgespräche die verstörende Perfidie eines der engsten Vertrauten Hitlers. Dessen monströse Baupläne katalysierten Albert Speers eigenen Größenwahn, der in perverser Prahlerei über das Ausmaß seiner Verbrechen aufblitzt. Die Speers taktische Reuebekundungen demaskierenden Momente filtert die schleppende Doku mittels Synchronisierung und theatralischer Stilmittel. Mangel an Transparenz düpiert das Publikum und steigert bereits in Lapas vorheriger filmischer Auseinandersetzung mit einem berüchtigten Nationalsozialisten präsente Schwächen.
Autor: Lida Bach