Inhalt
US-amerikanischer Psychothriller von John Dahl über den Studenten Lewis (Paul Walker), der sich zusammen mit seinem Bruder Fuller (Steve Zahn) auf den Weg nach Colorado, wo er seine Jugendliebe Venna (Leelee Sobieski) wiedertreffen will. Leider macht Fuller auf dem Weg einen Scherz mit einem Truckerfahrer, der zum gefährlichen Stalker wird und die drei verfolgt.
Kritik
-„…your really got to get that fixed.“
-„Get what fixed?“
-„Your tail light!“
Um seine seit Jahren angehimmelte und nun endlich greifbare Jugendfreundin Venna (Leelee Sobieski, Das Glashaus) zu erobern, erwirbt Student Lewis (Paul Walker, The Fast and the Furious) spontan eine gebrauchte Rostlaube, damit er seine Freundin in spe nach Hause fahren kann. Auf dem Weg dahin muss er allerdings seinen nichtsnutzigen Knastvogel-Bruder Fuller (Steve Zahn, Planet der Affen: Survival) auflesen. Die entfremdeten Brüder entwickeln auf der Tour schnell ein wieder harmonisches Verhältnis, was nach der Aufrüstung mit einem CB-Funkgerät zu einem infantilen Jux führt, der fatale Folgen hat. Sie erlauben sich einen geschmacklosen Spaß mit dem Trucker „Rusty Nail“ (als Stimme im Original: Ted Levine, Das Schweigen der Lämmer), was in einer grausamen Gewalttat an einem Unbeteiligten mündet. Mund abputzen, Stillschweigen bewahren, das schlechte Gewissen runterschlucken. Wieder on the road müssen die Geschwister jedoch feststellen, das Rusty Nail erstens überhaupt keinen Spaß versteht (der auf seine Kosten geht) und zweitens ihre Fährte wie ein Bluthund aufgenommen hat.
Der kurzzeitig fast vergötterte J.J. Abrams (Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht) war als Co-Autor und Co-Produzent tätig und bestätigt dabei seinen guten Riecher für zeitgemäße, aber deshalb nicht nur zeitgebundene Inhalte. So stellt Joy Ride eine durchaus gelungene Verknüpfung zwischen der damals eigentlich schon gebrochenen Teenie-Horror-Welle der späten 90er und einigen Klassikern der Road-Terror-Filme dar. Ohne falsche Lippenbekenntnisse bezieht sich der Film vom erprobten und vernünftigen B-Movie-Handwerker John Dahl (Red Rock West) unverkennbar auf Steven Spielberg’s bemerkenswerten Debüt-Film Duell von 1971, vermengt mit Motiven aus dem Genre-Klassiker Hitcher, der Highway Killer von 1986. Ein Wahnsinniger verfolgt aus mehr oder weniger nichtigen Gründen (hier im Vergleich noch am ehesten nachvollziehbar, in der Schwere natürlich nicht gerechtfertigt) die anfangs sehr unbedarften Protagonisten, für die die Highways der USA zum Tunnel ohne Licht am Ende werden. Die Weite und Einsamkeit wirkt schier endlos, obwohl nur wenigen Meilen zwischen den oftmals als rettend angesehenen Oasen liegen. Sie werden aber praktisch zur Fata Morgana, denn am Flimmern der Rettung wartet wieder nur dieses Monstrum.
Ein pechschwarzer Truck wird zum wutschnaubenden Ungetüm. Kontinuierlich sowohl von Spannung wie Intensität ansteigend macht Joy Ride für sich genommen verdammt viel richtig, obwohl er eigentlich nur die Ideen anderer etwas feist recycelt. Was aber genauer betrachtet viele Genrefilme betreiben, dieser aber wenigstens ohne Scheu. Man könnte und sollte es ruhig mit gutem Gewissen als Hommage bezeichnen. Was diesem sehr kurzweiligen Streifen lediglich abgeht, ist eine richtig mutige Konsequenz. Entfachten besonders die erwähnten Vorbilder aus ähnlich einfachen, sogar noch schlichteren Prämissen ein wahres Terror-Manifest, ist Joy Ride noch sehr darum bemüht, sich nicht zu sehr vom breitgefächerten Massengeschmack zu entfernen. Oder wenigstens ein nicht volljähriges Publikum noch abgreifen zu können. Da wird einiges an perfiden und radikalen Möglichkeiten zwar nicht ignoriert, sondern bewusst etwas abgeschwächt. Gott sei Dank wurde das wohl auch wenigstens erkannt und die ursprünglich Fassung noch durch ein wesentlich besseres Schlussdrittel ersetzt, das mit Fug und Recht als Highlight bezeichnet werden kann. Temporeich, bissig und im Gegensatz zu den sonst nur (ordentlich) wiederbelebten Versatzstücken sogar etwas prophetisch-vorgreifend: Drei Jahre bevor Saw als doppel-moralischer Fallensteller zum Mega-Franchise wurde, bedient das Joy Ride in dieser Variante schon. Mit Erfolg.
Fazit
Gut geklaut ist halb gewonnen. Die Bezüge zu den unverkennbaren Idolen werden kaum verheimlicht, dafür wird mit sehr ordentlicher Unterhaltung zurückgezahlt. Letzten Endes dürfte „Joy Ride“ ruhig noch etwas einfallsreicher, überraschender, selbstbewusster und/oder bösartiger ausfallen, obwohl er alles eigentlich schon ziemlich anständig präsentiert. Zwischen erwachsenem Teenie-Horror und waschechtem Terror-Film wie zwischen Milch- und Vollbart, die Tendenz ist aber richtig. Passt insgesamt.
Autor: Jacko Kunze