Inhalt
Der EX-C.I.A. Agent Tom Bishop wird in einem chinesischen Gefängnis gefangen genommen, er soll innerhalb von 24 Stunden exekutiert werden, nun soll sein früherer Ausbilder und Geheimdienst Agent Nathan Muir einem Untersuchungsteam der C.I.A. mehr Informationen über Bishop Preisgeben, um ihnen einen Eindruck zu verschaffen, wen sich die Chinesen da geschnappt haben. Schon nach kurzer Zeit wird die Lage immer komplizierter und verzwickter, denn nicht alle haben das gleiche Ziel. In Episoden erinnert sich Muir, wie er Bishop kennengelernt und ausgebildet hat…
Kritik
„Wann baute Noah seine Arche? Vor der Sintflut.“
Egal, was man über die Filme von Tony Scott (Crimson Tide) auch sagen möchte: Bildgewaltig sind sie immer gewesen. Und 'bildgewaltig' ist an dieser Stelle auch der angebrachte Begriff und sollte unbedingt wörtlich genommen werden, denn aus den visionären Bildwelten, die Tony Scott beispielsweise mit True Romance, Der Staatsfeind Nr. 1, Mann unter Feuer und ganz besonders Domino erschaffen hat, strömt eine gar archaische Gewalt empor, die den Zuschauer entweder gnadenlos mitreißt oder vollkommen überrumpelt. Gleiches gilt auch für seinen hochkarätigen Thriller Spy Game – Der finale Countdown, der ebenfalls attestiert, dass man sich der Wucht der Visualität keinesfalls versperren darf, möchte man möchte man Tony Scotts spezielles Kunstverständnis erfahren und schätzen lernen. Man muss sich mit dem Sturm, der sich im Herzen der Bilder entfesselt, treiben lassen.
Einem Vergleich mit Werken wie Mann unter Feuer oder Domino präsentiert sich Spy Game – Der finale Countdown dennoch vollkommen abträglich. Oftmals nämlich wird Tony Scott vorgeworfen, sich zu sehr auf technische Spielereien zu verlassen, anstatt seine Geschichte strukturiert voranzutreiben. Was vielen Kritikern aber abgeht, ist die Erkenntnis, dass Scott seine Geschichte größtenteils ÜBER die audiovisuelle Ebene vermittelt. Im handwerklichen Gemenge aus dominanten Farbfiltern, hektischen Reißschwenks und unvermittelten Gewitterschnitten entfalten sich oftmals Psychogramme und seelische Befinden, die sich rein inhaltlich nicht erschließen werden, weil Tony Scott filmerzählerischen Konventionen schon frühzeitig abgeschworen hat: Die Oberfläche ist sein Tanzboden. In Spy Game – Der finale Countdown allerdings tritt diese expressive Vorgehensweise noch nicht in der einschneidenden Prägnanz späterer Werke ans Tageslicht. Man könnte sogar sagen, dass Scott selten drehbuchbezogener agierte. Allerdings bleibt auch Spy Game – Der finale Countdown pures, von inszenatorischer Rasanz geprägtes Kino.
Es geht um Dynamiken, um Charakterdynamiken, um Bild- und Tondynamiken und informale, perspektivische Dynamiken. Dass sich Tony Scott gleichwohl auf die zuweilen etwas überkonstruierte Story verlassen kann, ist natürlich Ausnahmeschauspieler Robert Redford zu verdanken, der jenes Ränkespiel im Inneren der CIA-Zentrale nicht nur souverän auf dem Boden hält, sondern es auch mit seinem unverkennbaren Charme auskleidet und den Zuschauer vollständig für sich einnimmt. Die Besetzung von Redford allerdings hat Methode: Spy Game – Der finale Countdown nämlich ist eine Reminiszenz an das Agentenkino der 1970er Jahre, bewegt sich dabei aber konsequent vom Martini schlürfenden Spion weg und infiltriert die Lügengebäude, aus denen Nachrichtendienste augenscheinlich bestehen. Der Zweck heiligt die Mittel, die perverse Definition von Erfolg steht im Raum, doch am Ende obsiegt das Schwelgen: Redford im Porsche. Immer weiter in Richtung Unsterblichkeit.
Fazit
Ohne Frage zählt "Spy Game – Der finale Countdown" zu den sehenswerten Filmen von Tony Scott, wenngleich hier keine schöpferischen Quantensprünge erwartet werden dürfen. Stattdessen sollte man dynamisches, stark besetztes, referenzielles Agenten-Kino erwarten, welches nicht nur durch inszenatorische Rasanz glänzt, sondern auch in Sachen Storytelling durchaus funktioniert.
Autor: Pascal Reis