MB-Kritik

The Exalted 2024

Drama

Katariina Unt
Johanna Wokalek
Pekka Strang
Hanna Hilsdorf
Juris Zagars
Giorgos Pyrpassopoulos
Dainis Grube
Gerda Embure
Judith Hofmann
Egons Dombrovskis
Erika Eglija

Inhalt

Als Annas geliebter Partner, ein erfolgreicher CEO, von einem bahnbrechenden Auftritt in Deutschland zurückkehrt, wird er im Zuge eines Korruptionsskandals verhaftet. Die Handlung entfaltet sich, als sie beschließt, ihre aufwendige private Geburtstagsfeier nicht abzusagen, bei der sich Familie und Freunde versammeln, um in einer örtlichen Kirche eine restaurierte 110 Jahre alte „Königin der Instrumente“ zu sehen.

Kritik

„Das ist mein Problem“, erklärt der in einen Korruptionsskandal verwickelte CEO Andris (Juris Zagars, Die kleinen Bankräuber) in einer frühen Szene Juris Kursietis‘ (Modris) hintergründigen Beziehungsdramas seiner Gattin Anna (Johanna Wokalek, Sisi & Ich), die entgegnet: „Nein, es ist unser Problem“ Für den Regisseur und seine Co-Drehbuchautorin Līga Celma-Kursiete (Olegs) ziehen sich die Kreise der Verwicklungen noch deutlich weiter. Über Estlands und Deutschlands Bevölkerung, die durch den einflussreichen Geschäftsmann und die gefeierte Organistin repräsentiert wird, und im weiteren Sinn über Mitteleuropa und Baltikum.

Zwischen beiden verläuft aus dramaturgischer Perspektive eine kulturelle Kluft, die für das Ehepaar während eines gemeinsamen Wochenendes in ihrem estnischen Landhaus mit geladenen und ungeladenen Gästen schmerzlich spürbar wird. Die filmische Figurenlandschaft, zu der unter anderem Annas jüngere Schwester (Judith Hoffmann, Neumatt), Andris Tochter aus erster Ehe Elza (Gerda Embure) und ein Priester (Egons Dombrovskis, Sisi) zählen, dient einer Art charakterlicher Kartographie jenes gesellschaftlichen Grabens. Unter dieser plakativen Personifikation leidet neben die Charakterisierung auch die Handlung. 

Insbesondere deren auf das Wochenendtreffen anlässlich Annas Geburtstags konzentrierter Hauptteil wirkt überkonstruiert und überfordert durch den Versuch, die entscheidenden Ecksteine von Diskriminierung und Differenzen abzuarbeiten. Religion, Gender-Bilder, Rechtsverständnis, Nationalismus und Traditionalismus werden willkürlich in die Dialoge eingebracht und so abrupt wieder fallengelassen. Weder wird zwischen Klischees, gefühlten und tatsächlichen Unterschieden differenziert, noch die praktische Auswirkung dieser Zuschreibungen abseits eines Faux pas beim Tischgespräch gezeigt. Die dramatische Debatte zerfällt in thematische Stichpunkte, die mehr behaupten als aussagen.

Fazit

Wartet die Hauptfigur nach einem wortwörtlichen Schusskonzert auf Applaus, wirkt das wie eine demonstrativer Appell an das Kinopublikum Juris Kursietis‘ holprigen Hypothesen-Dramas. Das bemüht eine Unmenge zwischenmenschlicher Konflikte - Kontrollverlust einer Kontrollfanatikerin, professionelle und private Integrität, karrieristischer Kollateralschaden - und unausgegorene sozialkulturelle Symbolik. Die reißt noch mehr Themen an, ohne sie überzeugend auszuarbeiten: Kultur und Kommerz, regionale Ressentiments und eurozentrischer Elitarismus. Umso deutlicher sind in der darstellerisch und dramaturgisch gleichsam brüchigen Kino-Konstrukt die soziologischen und psychologischen Leerstellen.

Autor: Lida Bach
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