Inhalt
The Ladykillers von den Coen-Brüdern ist ein Remake des gleichnamigen Films aus dem Jahre 1955 mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Die Handlung ist aus der englischen Nachkriegszeit in die amerikanischen Südstaaten versetzt worden.
Kritik
Schon die romantische Komödie„Ein (un)möglicher Härtefall“ war eine Auftragsarbeit, bei der die Coen-Brüder Joelund Ethan eigentlich nur das Drehbuch verfassen beziehungsweise überarbeiten sollten. Was dem geneigten Fan der beiden (genrebasierten) Alleskönner aber schwer auf den Magen schlug, war der absehbare und doch irgendwie irritierende Hang zur unbedingten Massenkompatibilität. „Ein (un)möglicher Härtefall“ war sozusagen der erste Coen-Film, der wirklich nur ganz marginal etwas mit dem bisherigen Output der Gebrüder am Hut hatte, stattdessen mussten Studioerwartungen erfüllt und ein möglichst ansehnlicher Erfolg an den Kinokassen erzielt werden, der dank Starpower in den Hauptrollen (George Clooneyund Catherine Zeta-Jones) schließlich auch eintraf. Ähnliches gilt für „Ladykillers“, der nur ein Jahr später nach „Ein (un)möglicher Härtefall in die Kinos kam. Erst nur als Drehbuch-Auftrag herangetragen (von Barry Sonnenfeld, der ursprünglich auch die Regie übernehmen sollte), nahmen die Coen-Brüder das Projekt schlussendlich erneut unter ihre kompetente Ägide.
„Ladykillers“ assoziieren wir selbstverständlich mit dem gleichnamigen Klassikerder Ealing-Studios, in dem eine Gaunertruppe um Alec Guinness im Haus einer rüstigen Dame den großen Coup planen. Dass sich die Coens aber letzten Endes auch zu schade dafür sind, ein 1-zu-1-Remake auf die Beine zu stellen, sollte bei ihrem Genie keine Überraschung sein. Und doch muss man erneut feststellen, dass Auftragsarbeiten den beiden Koryphäen der modernen Kinolandschaft nicht stehen, schließlich sind Joel und Ethan Coen Künstler, die die Freiheit als einen bedingungslosen Gegenstand benötigen, um ihre Virtuosität komplett entfalten zu können. Von daher wäre es falsch, Erwartungen der Dimension eines „Fargo“ an „Ladykillers“ zu stellen, dafür sind die produktiven Vorzeichen einfach zu verschieden. Stattdessen sollte man „Ladykillers“ als einen netten Schulterschluss klassifizieren, der immerhin dafür sorgte, dass Joel und Ethan ihrem künstlerischen Prozess wieder mehr Platz einräumten, was sodann zum formidablen Neo-Noir-Western „No Country for Old Men“ führte.
Das Drehbuch behält die Grundstruktur des Originals bei, verschiebt das Setting aber aus dem englischen Städtchen und siedelt es in den Südstaaten an. Es ist daher auch keine gebrechliche Omi wie noch Katie Johnson im Klassiker, die dem verbrecherischen Trupp so manches Mal in die Quere kommt, sondern eine gläubige Afroamerikanerin, die vonIrma P. Hallwirklich toll verkörpert wird. Es mag an dieser Stelle aber vielleicht die interessantere Frage sein: Wer beerbt denn den großen Alec Guinness? Die Antwort kann auf den ersten Moment befremdlich erscheinen, doch die Besetzung mit Tom Hanks geht voll auf. Dass der Superstar einen Faible für Komödien besitzt, hat er vielfach bewiesen, in dieser herrlich affektierten Spielfreude wie in der Rolle des Professor Dorr hat man Hanks in jenen Tagen lange nicht mehr gesehen. Die Geschichte selbst vermisst offenkundig jedes britische Understatement und die räumliche Begrenzung, der im Original eine ungemeine inszenatorische Dichte folgte, wird ebenso gesprengt, um der sachten Reflexion über Leben und Tod einen bereiten Rahmen zu ermöglichen.
Dennoch ist „Ladykillers“ kein misslungener Film, auch wenn ihm die beachtliche Trefferquote der Vorlage abhandenkommt und die Handschrift der Coen-Brüder größtenteils dem Mainstream-Gestus weichen musste (bis auf einen ganz bestimmten Treppensturz, das ist die Sequenz, in der die Coens geradezu Augenkontakt zum Zuschauer suchen und finden), ist dieses Remake eine doch recht heitere Angelegenheit und in seinen warmen Herbstfarben vor allem angenehm zu verfolgen (über diie Kameraarbeit von Roger Deakins müssen ohnehin keine Worte mehr verloren werden). Dass die weitere Besetzung neben J.K. Simmons, Tzi Ma und Ryan Hurst nur durch Marlon Wayans, der – wie alle – für noch heftigere Kontraste im Ensemble sorgen soll, negativ auffällt, ist am Ende des Tages nur ein kleiner Faktor, warum die Coen-Version der „Ladykillers“ letztlich vor allem die Fanherzen nicht in Höhenflüge versetzen wird.
Fazit
Ein nettes Remake, welches dem Original selbstredend zur keiner Zeit das Wasser reichen kann, von Roger Deakins aber wunderbar gefilmt und vor allem von einem herrlich bornierten Tom Hanks in der Hauptrolle mühelos in das Mittelfeld gerückt wird. Kann man sich mal anschauen.
Autor: Pascal Reis