MB-Kritik

The Properties of Metals 2023

David Pasquesi
Martina Zaccaro
Antonio Buíl
Edoardo Marcuzzi

Inhalt

Vor Pietro liegen allerlei Eisenwaren auf dem Küchentisch. Er schließt die Augen und streckt vorsichtig seine Hand nach den Metallen aus. Weit über die Grenzen des italienischen Dorfes hinaus munkelt man über die psychokinetischen Fähigkeiten des Jungen, der damit nicht nur Löffel verbiegt. Regelmäßig besucht ihn ein Universitätsprofessor, dessen Experimente eine willkommene Abwechslung sind.

Kritik

Kalt, hart und unnachgiebig wie das titelgebende Material ist auch die soziale Hierarchie, mit deren Unbeugsamkeit die verarmten Figuren in Antonio Bignis parapsychologischer Parabel ringen. Es bräuchte schon übermenschliche Fähigkeiten, um den ökonomischen und sozialen Beschränkungen des trügerisch harmonischen Schauplatzes im ländlichen Italien der 70er zu entkommen. Doch was, wenn ein Kind wie der junge Pietro (Martino Zaccara) diese magisch anmutenden Kräfte besitzt und mit schierer Gedankenkraft den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Gesetzen trotzen kann?

Die gesellschaftskritischen Gleichnisse des mit neo-realistischem Naturalismus gespielten und inszenierten Kinderfilms, der zu den besseren der diesjährigen Auswahl der Berlinale Generation gehört, sind so offensichtlich, dass sie dem Regisseur geradezu vor die Füße fallen. Doch sein selbstverfasstes Skript stolpert mehr über die mystischen Metaphern der von Tatsachen inspirierten Story. Darin scheint der Glaube an übersinnliche Phänomene wie Pietros scheinbares Vermögen, Metall wie bei einem Uri-Geller-Trick zu verformen, nicht abstruser als Hoffnung in die nächste Generation. 

Das Vertrauen in seine Fähigkeiten, das Pietro bei dem auf eine offizielle Dokumentation und Vermarktung erpichten Professor Moretti (David Pasquesi, Last Looks) findet, scheint essenziell für den Erfolg auf magischer und materieller Ebene. Diese Mär von der Überwindung struktureller Benachteiligung mittels Zuversicht und Entschlossenheit ist indes ebenfalls ein Mythos - weit hartnäckigerer als der moderner Magier - und steht im Widerspruch zum realistischen Anspruch des Szenarios. Darin ist der Gaube an Übermenschliches bedeutender als die Frage nach dessen Realität.

Fazit

Neo-realistische Nostalgie liegt wie ein sanfter Schleier über den blassfarbigen Bildern, die der Kindheit in provinzieller Armut eine idealisierte Einträchtigkeit zusprechen. Dieses subtile Sentiment verstärkt die Aura des Unwirklichen in Antonio Bignis Kinodebüt, das im Paranormalen Parallelen zur wirtschaftlichen Misere der Kindercharaktere findet. Während die Existenz telekinetischer Phänomene, wie sie in den 70ern kindliche Nachahmer des Illusionisten Uri Geller behaupteten, unbestätigt bleibt, bestärkt das überzeugende gespielte Jugenddrama seine eigenen Phantasmen von kindlicher Unbefangenheit und Ausbruchschancen.

Autor: Lida Bach
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