Inhalt
Von ihren ersten Erfolgen als Queen des Rhythm & Blues bis zu den alle Rekorde brechenden Tourneen der 1980er-Jahre, bei denen sie in den ausverkauften Arenen dieser Welt auftrat – Tina Turner schildert ihre ganz persönliche Sicht der Dinge und eröffnet uns tiefere Einblicke in ihre private Welt als jemals zuvor.
Kritik
Für eine so dynamische Persönlichkeit wie die ikonische Künstlerin im Mittelpunkt fällt die biografische Hommage des oscargekrönten Regie-Duos T.J. Martin (The Donner Party) und Dan Lindsay (Undefeated) eindeutig zu formalistisch aus. Die konventionelle Struktur und Inszenierung hindern zum einen die dramatische Wirkung der von jahrelanger Unterdrückung und beeindruckender Selbstbehauptung gekennzeichneten Biografie, die den Rahmen der zweistündigen Doku sprengt. Zum anderen reduziert der Mangel zeit- und musikhistorischen Kontexts von Turners Jahrzehnte umspannender Karriere ihren Sonderstatus und vielseitigen Einfluss.
Der Fokus des Portraits, dessen sicheres Fundament Tina Turners (Mad Max III) persönliche Gespräche über ihre Erfolge und Kämpfe ist, liegt auf ihrer Charakterstärke. Zu der musste die in der Anfangszeit ihrer Karriere in der Beziehung zu ihrem gewalttätigen Gatten und musikalischen Partner Ike (20 Feet from Stardom) gefangene Sängerin erst finden. Die Trennung des nach außen als glücklich präsentierten Paares, besonders Turners Berichte über die Misshandlungen und totale Kontrolle ihres Partners auf privater und professioneller Ebene, prägten die öffentliche Wahrnehmung Turners.
Die Ambivalenz dieser Perspektive überwindet die Inszenierung nie, trotz ihres direkten Zugangs zu zahlreichen Weggefärt*innen, dem Familien- und Freundeskreis. Wie so viele Biografien weiblicher Prominenter überschatten Liebesdramen und Beziehungen neben beruflichen Errungenschaften andere relevante Ereignisse. Die traurige Kindheit der als Anna Mae Bullock geborenen Protagonistin bleibt schemenhaft. Diskriminierung und Rassismus erscheinen lediglich gefiltert durch die Empörung unterstützender Weißer und niemand hinterfragt die Rolle der Musikindustrie, die gewalttätige und ausbeuterische Beziehungen duldet oder gar unterstützt.
Fazit
Die Auftritte Tina Turners, sei es als jugendliche Sängerin auf schneeigen TV-Aufnahmen, in 80er-Kostümen während Live-Shows oder im aktuellen Interview mit den Regisseuren als differenzierte Autobiografien, sind die entscheidende Stärke des auf musikalischer Ebene hervorragenden Dokumentarfilms. Dessen schablonenhafter Aufbau verschenkt viel des Potenzials, das der Reichtum an Originalmaterial sowie Kontakt zu bedeutenden Weggenossen offenbart. Turners Stimme und Ausstrahlung überwinden den starren Grundriss eines Lebensberichts, zwischen dessen Kapitel psychologische und historische Leerstellen bleiben.
Autor: Lida Bach